Herbst in Alaska: Erster Teil - Dalton Highway, Brooks
Range und Gates of the Arctic National Park
Der Dalton Highway, eine Versorgungsstraße, die bis nach Prudoe Bay am Arktischen Ozean führt, begleitet die Ölpipeline auf seinen 666 Kilometern. Erst seit 1995 ist es auch Privatfahrzeugen erlaubt, diese staubige Schotterstraße zu befahren.
Nachdem wir in Anchorage Proviant eingekauft haben, fahren wir Richtung Fairbanks und Livengood, von wo der Dalton Highway, die nördlichste Straße des amerikanischen Kontinents, beginnt. Wir sind froh, dass uns unser Freund Rick, ein bärtiger Alaskaner, seinen Allrad-Pickup zur Verfügung stellt, denn jetzt im September kann es in der Brooks Range, dem nördlichsten Teil der Rocky Mountains, jeden Tag den ersten Schnee geben. Und mit einem Geländewagen hätten wir es dann sicherlich leichter ...
Doch wir haben Glück und die Sonne erwärmt die Luft bis auf angenehme 12 Grad Celsius. Viele Lastwagen kommen uns hier entgegen - oder überholen mit hoher Geschwindigkeit. "Den Trucks weicht man am besten immer frühzeitig aus", sagt Rick, der hier selber für ein paar Jahre Versorgungsgüter bis Prudoe Bay gefahren hat. "Die bremsen nicht für so einen kleinen Pickup wie unseren".
Also fahren wir so weit wie möglich rechts ran und beobachten, wie kleine Steinchen auf unsere Windschutzscheibe prasseln. Prompt haben wir einen ersten Steinschlag in der Scheibe.
"Das macht nichts", sagt Rick lachend, "da kommen noch mehr dazu." Bis Coldfoot fahren wir an diesem Tag, wo wir uns im Wald ein "Base Camp" einrichten. Von hier aus wollen wir unsere Unternehmungen starten.
Rick hat alles mögliche an Camping-Kram mitgenommen: Ein Riesenzelt, Stühle, einen Campingtisch, Angelausrüstung, einen riesigen, ausklappbaren Gasherd mit drei großen Kochfeldern und viele Boxen mit viel zu viel Essen. Wir werden fett nach Anchorage zurückkehren!
Am nächsten Tag fahren wir bis ca. 270 km über den Polarkreis hinaus, bis die Berge der Brooks Range zu Hügeln werden und die Tundra beginnt. Unter anderem fahren wir am "Last Spruce Tree on the Trans Alaska Pipeline Road" vorbei - Rick holt aus Spaß eine kleine Handsäge aus dem Auto und tut so, als ob er den Baum fällen will ...
Wir kommen durch einige Road Constructions (Baustellen). Der Dalton Highway wird durch die Trucks stark beansprucht und muss deshalb ständig ausgebessert werden. Im Winter wird sogar der Schnee von der Straße geräumt, denn einen anderen Versorgungsweg zu den Ölfeldern im Norden gibt es nicht. Per Flugzeug wäre es zu teuer und mit dem Schiff geht´s auch nicht, weil Prudoe Bay keinen eisfreien Hafen hat. Deshalb ist ja auch die Idee für die Pipeline entstanden. Bis zum Hafen von Valdez wird das Öl durch die Pipeline gepumpt, das sind immerhin ca. 1.280 km! Ein bauliches Wunder, das Steigungen bis ca. 1.400 m und 834 große und kleine Flüsse überwindet.
Fast die ganze Zeit können wir die meistens überirdisch gebaute Pipeline von der Straße aus sehen.
Zu Beginn einer der Bausstellen hielt uns, wie meistens üblich, eine Frau mit Stop-Schild an, die uns mitteilte, dass das "Pilot Car", das uns durch die Baustelle fahren soll, noch 15 Minuten auf sich warten lässt. Damit uns die Zeit des Wartens nicht zu lang werden sollte, gab sie uns ein paar Lollies - hat man sowas an einer deutschen Baustellenampel schon mal erlebt?
Zur Zeit ist Jagdsaison. Deshalb sehen wir leider kein einziges Caribou; die halten sich jetzt lieber in sicherer Entfernung von der Straße auf. Doch beim Atigun Pass, dem steilsten Stück des Dalton Highway, sehen wir eine kleine Gruppe Dall Schafe.
Zurück in unserem Base Camp sitzen wir am Lagerfeuer, genießen Barbeque-Hähnchen und lauschen in die Natur hinein. "Kein Telefon, überhaupt nichts - nur der beste Stereo-Sound, den du kriegen kannst", sagt Rick und lächelt verschmitzt ...
Als wir in unsere Schlafsäcke kriechen, ist die Temperatur schon unter Null Grad Celsius gefallen. Ich bin froh, dass ich mir vor unserer Reise einen Fleece-Innenschlafsack besorgt habe.
Am folgenden Morgen packen wir ein bisschen Proviant in unsere Rucksäcke und folgen einem Bach stromaufwärts, entlang eines schmalen, oftmals zugewachsenen Pfades. Dieses Gebiet gehört einem Goldsucher, der hier in den Sommermonaten seine Freizeit verbringt.
Als der Pfad im Nichts zu enden scheint, folgen wir einem imaginären Weg, immer in Richtung der Spitze eines Berges. Dort wachsen zunächst eine Menge Spruce Trees und Birken, doch je höher wir wandern, auch Büsche und Sträucher mit Blaubeeren. Über die Baumgrenze hinaus ist alles mit Moosen und Flechten bedeckt. Jetzt im Herbst zeigt sich alles in prächtigen Rot- und Gelbtönen ...
Abends im Camp bereitet Rick in seinem Coleman-Camping-Gasofen (ja, wirklich, das gibt´s!) gefüllte Paprika für uns zu. Auch am darauffolgenden Tag haben wir Glück mit dem Wetter. Rick meint, das läge daran, dass er seine "chicken bones" geworfen habe.
Nach einem reichlichen Frühstück wollen wir heute versuchen, ein paar Fische zu fangen. Wir wandern entlang des Jim Creek und werfen unsere Angeln an verschiedenen Stellen ein. Doch wir haben kein Glück; wir sind zu spät dran - die Lachse sind schon durchgezogen. "Macht nichts", sagt Rick, der das Fischen liebt, "ich weiß, wo wir Fische fangen ...".
© Text 2000 Debbie Siebert, Fotos Thorsten Ulonska
- Zweiter Teil: Nabesna Road und Wrangell St. Elias National Park
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