Abzocke in Szentendre ...

Wir verlassen den gastlichen Ort, nicht ohne vorher noch den Strafzettel für die "Ordnungswidrigkeitstat" zu bezahlen - in einer kleinen Poststelle tun wir für rund 4,50 EUR Buße ...

Ordnungswidrigkeitstaten wollen bestraft sein ... Weiter über Nebenstrecken ...

Über die geliebten Nebenstrecken geht es weiter, was gibt es schöneres, als ungestört von rasendem anderen Verkehr beschaulich über endlose und abgeschiedene Wege zu rollen, auf denen man sich noch voll dem Genuss der umgebenden Landschaft hingeben kann ..?

Am heutigen Tag müssen wir wieder einmal die Donau in westlicher Richtung überqueren, da dies aber am größeren Ort Vác geschehen soll, erwarten wir keine Schwierigkeiten. Die Fähre hier ist auch in Betrieb, allerdings stehen wir längere Zeit in einer Warteschlange am Rande einer Uferstraße, bis sich am Fluss etwas rührt und das Schiff anlegt. Man langt zu: Ein Fahrzeug bis zu 3,5t Gewicht und zwei Personen kosten rund 12,- Euro - man weiß hier halt genau, dass es weder eine Brücke über den Fluss noch eine andere Alternative gibt, auf die andere Seite zu gelangen ...

Fähre bei Vác ... Kein Platzmangel an Bord ...

Dem Moloch Budapest wollen wir bei dieser Reise möglichst fern bleiben, und so haben wir uns als nächstes Camp den Platz in Leányfalu ausgesucht, der angeblich noch bis zum 10.10.2005 geöffnet sein soll.

Doch weit gefehlt: Zwar ist auf dem verlassenen Platz noch das Einfahrtstor geöffnet, aber als wir uns der Rezeption nähern, werden wir recht schnell eines Besseren belehrt. Von einem Balkon herunter informiert uns ein Mann, der offensichtlich mit anderen Tätigkeiten mehr als beschäftigt ist, dass das Camp geschlossen sei und wir woanders hin fahren sollen. Er reagiert recht unschlüssig auf die Frage, ob denn wenigstens der Platz in Szentendre noch geöffnet sei?

Nun, uns bleibt nichts anderes übrig, als es zu versuchen: Allzu nah ist man dann allerdings schon an Budapest herangerückt, denn die Stadt ist nur weniger als 20 km entfernt und eigentlich hatten wir nicht beabsichtigt, uns in deren Nähe zu begeben. Die Hauptstadt ist zunehmend zu bemerken: Vom Eingangstor des Campingplatzes in Szentendre kann man problemlos öffentlich mit dem Bus direkt in die City fahren, was wir aber sicherlich nicht vorhaben.

Das Pap-Sziget Camping ist ganzjährig geöffnet und liegt auf einer Donauinsel, zu der eine kurze Holzbrücke führt. An der Rezeption hängen irgendwie merkwürdig erscheinende Gestalten herum, ein Mädel dort versucht uns als erstes einen Bungalow mit der Begründung zu vermieten, es wäre schließlich schon viel zu kalt zum Campen. Man ist nicht gerade begeistert, als wir darauf bestehen, mit unserem Explorer ganz normal auf dem Campingplatz zu stehen. Wie deutlich zu bemerken ist, muss das Mädchen wohl anschließend ihrer Chefin ausführlich erklären, warum das mit der Bungalowvermietung nicht geklappt hat und wir nun tatsächlich nur campen wollen - merkwürdige Atmosphäre ..!

Dwer weitläufige Platz ist leer ... Eingerichtet auf Donauhochwasser ...

Auf dem weitläufigen Platz sind wir wieder einmal allein, nicht weit entfernt von einem Jugendhotel auf dem Gelände, das offensichtlich noch in Betrieb ist. Wir verziehen uns in eine abgelegene Ecke, aber nicht so abgelegen, dass wir nicht alles im Blick hätten, was sich am Platz und am Eingang abspielt - aber was sollte man hier denn schon befürchten ..?

Pickup-Freunde auch in Szentendre ...Die Bungalows stehen auf Stelzen - die Donau ist nah und hier hinter dem eingezäunten Rand des Campingplatzes direkt am Ufer ist erkennbar, dass das vergangene Hochwasser auch an diesem Ort schwere Verwüstungen angerichtet hat, gewaltige Lehmberge sind noch überall zu bemerken.

Wir machen uns auf, den Ort Szentendre zu Fuß zu erkunden: Die Stadt der "Künstler und Künste" war in früheren Zeiten einmal Hauptstadt Ungarns und liegt am so genannten Donauknie, und überall ist sie als sehr touristisch eingestuft.

"Nur wer Touristenrummel und Nepp liebt, fühlt sich in der ehemaligen Künstlerkolonie und Handwerkerstadt wirklich wohl" hatte schon Doris Sutter geschrieben, die ein Jahr zuvor auf dem Weg zum Schwarzen Meer durch´s Nadelöhr ging und hier an der Zweigstelle der Wiking-Marina von Budapest mit ihrem Boot Beluga angelegt hatte.

Und Doris´ Eindrücke kann man eigentlich nur bestätigen: Eine Menge von Touristen bewegt sich durch die Innenstadt und will entsprechend abgefertigt werden: Die 1000 Forint, die hier für ein Bier und einen Capuccino an einer Ecke in der Fußgängerzone zu berappen sind, entsprechen dem Vielfachen von dem, was wir bei unserer Rundreise im Land ansonsten zu zahlen hatten ...

Touristenort Szentendre ... Individuelle Rundfahrt möglich ...
Wer´s mag ... ... findet jede Menge Kitsch und Krempel ...
... buntes Ortsbild ... ... und noch bunteres Treiben ...

Wie nahe wir tatsächlich bereits an Budapest und dortige Sitten und Gebräuche heran gerückt sind, erfahren wir noch am selben Abend im Restaurant: Wir sind im Corner Panzio in Donaunähe und gönnen uns einen teuren Wein aus Villany zum Essen.

Der Ober, der uns bedient, ist eine auffallende Erscheinung: Er ist offenbar Kettenraucher, was sich insgesamt wenig mit seinen Tätigkeiten verträgt. Es fällt ihm schwer, regelmäßig die Gäste zu bedienen, da er außer zu rauchen noch ein Bier nach dem anderen trinken muss und somit bereits ausreichend beschäftigt ist. Außerdem muss er noch zusätzlich immer wieder eine Kellnerin abknutschen, die andere Tische bedient - wundert es da, wenn der Mann eigentlich keine Zeit hat, sich auch noch um Gäste zu kümmern?

"Gastlicher" Ort: Am Corner Panzio ...Ebenso wenig verwunderlich ist es schließlich, als wir nach dem Zahlen und Prüfung der Rechnung feststellen, dass eigentlich kein Preis mit dem auf der Karte genannten übereinstimmt, weder bei der Vorspeise, den Hauptgerichten noch dem Wein - die Rechung ist deutlich überhöht. Der Kellner wird auf Rückfrage hin echt stinkig - schließlich hat er ja noch anderes zu tun! - und gibt widerwillig Erklärungen ab: Beim Hauptgericht wären die Pommes Frittes zusätzlich berechnet worden, die wir gehabt hätten.

Auf den Hinweis, dass aber Pommes laut Karte zum Hauptgericht gehören würden, verschwindet er wutentbrannt. Als nächstes versucht es nun die Kellnerin bei uns mit Erläuterungen: Die Aufschläge in der Rechnung wären für Pommes und zusätzliche Zwiebeln. Sie wechselt mit ihren Erläuterungen zum zusätzlichen Brot, als wir wagen darauf hinzuweisen, keine Zwiebeln bekommen zu haben. Auch sie verschwindet, der Kellner verhandelt mit einer zwielichtigen Gestalt, die im Hintergrund mit einer Art Mafia-Verein am Tisch sitzt, der vor kurzem das Lokal betreten hat. Auffälligste Erscheinung dort ein Dennis Hopper-Verschnitt, der sich auch als solcher zu fühlen scheint.

Die Gestalt neben Dennis Hopper erhebt sich und kommt zu unserem Tisch: Offenbar ist er der Chef des Hauses, der sich in Bezug auf Freundlichkeit allerdings in keiner Weise von seinem Mitarbeiter unterscheidet: Wütend knallt er uns 1.500 Forint auf den Tisch und entfernt sich wieder zu seinen Kumpanen - nettes, empfehlenswertes Ambiente ..!

Wir verlassen den "gastlichen" Ort und gehen im Dunkel des Abends zurück zum Campingplatz. Das Tor ist verschlossen, ein Hund schlägt an, als wir uns nähern. Wir werden eingelassen von einem Wachmann - ganz so sympathisch scheint Ungarn um diese Zeit und in dieser Gegend nicht mehr unbedingt zu sein. Unser Fahrzeug steht unberührt in seiner Ecke und wir verbringen eine ungestörte Nacht - na, wer sagt´s denn ..!


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