Die Tour geht weiter: Von Sonne, kalten Nächten und dem Outdoor-Ofen ...

Als ich am nächsten Morgen aus dem Schlafsack kroch, stand die Sonne genau mittig vor unserem Windschutz und es wurde richtig angenehm warm. Egon schwärmte mir was von einem phantastischen Sonnenaufgang vor, den ich glatt verpennt hatte. Er hatte mich nicht wecken wollen, weil ich noch so tief vor mich hin schnurchelte ...  

Die Sonne meint es gut mit uns!

Auch das Einpacken artet zur Kraxelei aus ...

Die Sonne half uns schnell, die kalte Nacht abzuschütteln und der Kaffee, den Egon schon gekocht hatte, munterte uns endgültig auf. Wow, was für ein Morgen! Bis wir gefrühstückt und alles wieder eingepackt hatten, war es dann doch fast 11:00 Uhr geworden. 

Die nächsten 5 Stunden paddelten wir bei schönstem Wetter durch den Irrgarten aus Buchten, Inseln und Landzungen. Als wir auf einer Insel eine kleine Pause machten, kam ein unangenehm kalter Wind auf und trieb uns rasch wieder zurück ins Boot. Mit dem Wind bauten sich auf den freien Seeflächen kurze, kabbelige Wellen auf, und wir mussten richtig reinhauen, um durch diese Wellen, die natürlich quer zu unserem Kurs liefen, hindurch zu kreuzen. Gegen 16:30 Uhr erreichten wir - etwas geschafft - endlich den angepeilten Rastplatz und mussten feststellen, dass wir uns doch tatsächlich verpaddelt hatten. Bei der Menge neuer Buchten ja auch kein Wunder!

So schön es hier auch war, der Wind blies uns zurück ins Boot ...

Es war kein Übernachtungsplatz, sondern ein Badeplatz und der Windschutz war eigentlich nur eine überdachte größere Sitzbank. Hier konnte maximal eine Person schlafen. Zum Weiterpaddeln war es zu spät, und so hatte ich einen guten Grund, mein mitgeführtes Tipi aufzubauen. Ich hatte es ja eigentlich auch so vorgehabt, um es einmal auszuprobieren, aber die nächtlichen Temperaturen ... 

Eine schöne ebene Grasfläche war vorhanden und in gut 5 Minuten stand meine standesgemäße Behausung. Dies war der erste Einsatz meiner neu erworbenen Tipi/Tarpplane, und da es auch heute in der Nacht sehr frisch werden würde, wäre es direkt ein Test unter erschwerten Bedingungen. 

Ein perfekter Standort ... Kleine Flamme, große Wirkung: Die "instant" Tipi-Heizung ...

Ein Vorgänger hatte ein Thermometer im Windschutz liegen lassen und so konnten wir verfolgen, wie die Temperatur in der wieder sternenklaren Nacht bis auf -4° C fiel. Der immer noch anhaltende, leichte, aber stetige Wind machte das nicht gerade gemütlicher. Wir hatten uns die ganze Zeit in der Nähe des Lagerfeuers aufgehalten, und Egon schürte noch mal richtig nach, um wieder einen Glutvorrat anzulegen. Außerdem häufte er noch einen ordentlichen Haufen Holz in Griffweite auf, um das Feuer auch in der Nacht versorgen zu können. 

Ich verzog mich gegen 23:00 Uhr in mein Tipi. Da es winddicht war, schien es im Inneren deutlich wärmer zu sein - auch ich selber diente ja nun als Heizung - und es war eigentlich noch erträglich. Kurz nach 01:00 Uhr aber erwachte ich, weil mich die Kälte ordentlich in Nase und Ohren biss. Warum musste ich auch meine Mütze vergessen - so würde ich nicht wieder vernünftig einschlafen können! 

Ich wollte schon meinen kleinen Outdoor-Ofen ins Tipi holen und ein kleines Feuer entfachen - dafür ist der ja schließlich auch konzipiert - aber mir fiel eine noch einfachere Lösung ein: Ich hatte, um etwas auszuprobieren, vor einiger Zeit einige Dosen mit Brennpaste gekauft, wie sie in Gastronomiebetrieben zum Warmhalten von großen Speisebehältern benutzt werden. Das sind im Prinzip Einwegspiritusbrenner. Sie heizen und brennen etwa mit der gleichen Intensität eines Brenners, wie man ihn vom Fondue kennt. Brenndauer etwa 4-5 Stunden und Kosten so um die 80 Cent. 

Ich hatte einige Dosen dabei, und so holte ich mir die Isolierunterlage vom Ofen und zwei Dosen der Brennpaste ins Tipi. Da das ja keinen Boden hat, war es einfach, die Unterlage in die Mitte zu stellen und darauf eine der Dosen. Nach dem Zünden machte sich schon sehr bald die Wärme bemerkbar. Ich denke mal, dass es sich dann so bei 4-5° C hielt. Gegen -4° C, die draußen herrschten, war das ja schon ganz ordentlich. Ich erwachte noch einmal gegen 05:30 Uhr, als gerade die erste Dose ausbrannte. Schnell war die zweite Dose angezündet und dann problemlos bis 07:30 Uhr geschlafen. Das scheint mir eine praktikable, saubere und vor allem preiswerte Heizmethode zu sein.

Egon, der alte Frühaufsteher, hatte die Nacht mit Hilfe des durchbrennenden Feuers auch gut überstanden und erwartete mich schon mit dampfend heißem Kaffee. So ließ es sich aushalten. Als ich aus dem Tipi kam, konnte man kaum 20 Meter weit sehen, eine dichte Nebelsuppe wallte über dem See ... 

Das sah nach einer kalten und mühsamen Weiterfahrt aus

Das sah doch schon deutlich freundlicher aus

Als die Sonne endlich genug Kraft entwickelt hatte, konnte man aber zusehen, wie sich der Nebel rasch auflöste. Leider hatten wir an diesem Platz die Sonne auf der Rückseite des Windschutzes und so musste wieder das Lagerfeuer herhalten, uns aufzuwärmen.

Inzwischen hatte die Packerei ihren Schrecken verloren und so waren wir schnell abfahrbereit. Zuerst mussten wir nochmals durch neuentstandene Irrgärten aus unzähligen Inselchen und Landzungen hindurch, dann aber folgten mehrere sehr große Buchten, die wir nicht unbedingt am Ufer entlang abpaddeln wollten. Kaum hatte sich der Nebel aufgelöst, lebte auch der leichte, aber gleichmäßig blasende Wind wieder auf und sorgte für zum Teil ganz ordentliche Wellen. 

Egons Schwimmweste im aktuellen Fleckentarnmuster ... Wir hatten uns inzwischen gut aufeinander eingespielt und so machten wir uns daran, zu kreuzen und die Buchten abzuschneiden. Ich will hier mal eine Lanze für den oft geschmähten Bavaria "Orinoko" brechen: Das Boot lag voll geladen ruhig und fast schlingerfrei in den Wellen und wir machten gute Fahrt. Wir hatten noch genügend Freibord und nahmen kein Wasser. Egon sah das wohl etwas anders, die eine oder andere Welle fand dann doch einen Weg, um sich über ihn zu ergießen - das war der Preis für die gute Aussicht im Bug!

Nach zwei Stunden schaufelten wir uns in eine kleine, windgeschützte Bucht, um vor dem Endspurt noch einmal kurz zu verschnaufen. Ein paar Müsliriegel später gingen wir dann die nächste Etappe an, und nach einer weiteren Stunde hatten wir die letzte Strecke ohne Inselschutz geschafft und paddelten nun locker in eine große Bucht. 

Wir schaukelten geradezu gemütlich in Richtung der Stelle, von der wir vor drei Tagen gestartet waren. Na ja, beinahe getroffen! Vom Wasser aus sahen die Uferabschnitte alle doch sehr ähnlich aus, aber im zweiten Anlauf fanden wir dann die gesuchten paar Meter flaches Ufer, und schon bald lagen unsere Tonnen und das andere Gepäck im Sand und warteten darauf, den holperigen Waldweg wieder herauf geschleppt zu werden.

Wir waren eigentlich nicht so erpicht darauf, aber es musste ja sein. Etwa auf halber Strecke lag auch hier ein Rastplatz, und da wir noch nicht genug gefroren hatten, beschlossen wir hier noch eine Nacht zu verbringen, bevor wir wieder ins fest überdachte Leben zurückkehrten. Da es an diesem Platz leider keinen Windschutz gab, schlief Egon in seinem Bus während ich nochmals mein Tipi aufbaute. Auch diese Nacht wurde wieder recht frostig, aber ich hatte vorgesorgt und meine "Heizung" direkt eingesetzt. 

Nachdem wir am nächsten Morgen nochmals gut gefrühstückt hatten, packten wir zusammen und machten dann am "Övre Gla", dem zweiten großen See im Reservat, halt. Wir verbrachten den Tag mit der Umrundung auch dieses Sees, und da es hier so gut wie keinen Inselschutz gibt, und der Wind auch wieder sehr lebhaft war, wurde es eine muntere Schaukelpartie ... 

In einer windgeschützten Bucht des Övre Gla konnten wir etwas verschnaufen

Die Verbindung vom Övre Gla in das Buvattnet und fast das Ende der Tour

Wir hatten ja nur kleines Gepäck an Bord, und der fast leere Kanadier lag deutlich unruhiger im Wasser. Wir aber hatten einen Riesenspaß und genossen die letzten Stunden, bevor es für dieses Mal zu Ende ging. In diesem Jahr hatten wir ja viel Glück mit dem Wetter und so fuhren wir nach vier schönen Tagen äußerst zufrieden zurück zur Basis ...


INFO Schweden Glaskogen Naturreservat:  http://www.glaskogen.se/


© 2002 Bernd van Ooy


Anm. der Red.: Weitere Beiträge von Bernd van Ooy über andere Kanadiertouren finden sich unter Schweden 97: Kanutour auf dem Rogen, Schweden 2001: Auf dem schwarzen Fluss und Schweden 2003 (2): Auf dem "Nittälven". 

Und ebenfalls zu erwähnen ist natürlich auch sein Beitrag über den Outdoor-Ofen, der auf dieser Tour nicht fehlen durfte ...