Bilderrausch nach Mitternacht ...
Es ist deutlich nach Mitternacht, als unser Bus bei strahlendem Sonnenschein zu seiner kurzen Tour vom Flughafen nach Longyearbyen aufbricht, wo er uns beim Svalbard Hotell etwa in Ortsmitte absetzen soll (Übersicht (1) und Karte rechts). Wir passieren den Hafen, wo auch um diese Zeit Passagiere abgesetzt werden und sind kurz danach am Ziel: Der Busfahrer sorgt noch für leichte Verwirrung, als er darauf hinweist, dass es neben dem Svalbard Hotell auch eine gleichnamige Lodge gibt und wir etwas unsicher sind, wo wir nun hin müssen.
Das Hotel erweist sich aber als richtig und direkt am Eingang beginnt etwas, auf das sich der Spitzbergen-Reisende unbedingt vorab seelisch einstellen sollte, wenn er nicht während der nächsten Tage sonderlich genervt sein will: In sehr vielen Gebäuden ist es hier historisch bedingt vorgeschrieben, seine Schuhe am Eingang auszuziehen und sich dann irgendwie anders (auf Socken, in Schlappen etc.) dort drin fortzubewegen. Da man hierzulande draußen nicht unbedingt gerade in Flip-Flops herumläuft, sollte man sich also gut vorbereiten: An allen möglichen Ein- und Ausgängen schwere Stiefel oder ähnliches ständig an- und auszuziehen will geplant sein, insbesondere von vielleicht etwas "bequemeren" Zeitgenossen, die eher gewohnt sind, in ihren Stiefeln zu schlafen als diese immer wieder auszuziehen ...
In diesem Fall war deshalb für ein besonders störrisches Mitglied des Explorer Teams sogar ein neues Paar Stiefel vor der Reise angeschafft worden, das in seiner "Pilotenversion" zwar gut geschnürt werden kann, aber trotzdem mit einem Reißverschluss schnell und problemlos geöffnet und geschlossen wird, insbesondere wenn auch noch ein kurzer Schuhlöffel ständig "am Mann" ist.
Im Gegensatz zu einem Gewehr gegen Eisbären, auf das noch
zurückzukommen ist, wird nun also ein Schuhlöffel gegen
spitzbergische Schmutzphobiker zum ständigen Begleiter. Ein anderes
Paar Schuhe wird z.B. dadurch "leichtgängiger"gemacht, dass die
Schnürsenkel nicht mehr bis oben eingezogen werden, um den
blitzschnellen Tausch gegen ein Paar Schlappen zu
gewährleisten, das nun ebenfalls ständig dabei ist. Trotz
allem muss aber ehrlich zugegeben werden, dass fortan nicht mehr
jedes Gebäude unbedingt von allen Mitgliedern des Explorer Teams,
insbesondere den fauleren, betreten werden muss - Ausnahme
natürlich Pub und Einkaufscenter, wo diese Regeln nicht gelten, doch
dazu später mehr ...
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Das Svalbard Hotell erweist sich beim Betreten gleich als ein
Gebäude, das es Gästen mit Schuhwechsel-Aversion nicht leicht macht:
Direkt hinter dem Eingang ist die "Schwelle" für Straßenschuhe und
bereits das kurze Stück bis zur Rezeption muss ohne diese begangen werden
- ein ganzer Schuh-Aufbewahrungsraum am Eingang, in dem man seine
Treter gleich auch trocknen kann, soll diese Prozedur wohl erleichtern.
Warum man die "schuhwechselfreie" Zone allerdings nicht wenigstens
bis vor zur Rezeption ausgedehnt hat, wissen wohl nur die genialen
Innenarchitekten von hiesigen Gebäuden wie dem Svalbard Hotell ...
Irgendwann ist es geschafft, der Check-In erledigt, alle Schuhe ausreichend oft gewechselt und das Zimmer bezogen mit dem riesigen Eisbären an der Wand - es kann endlich rausgehen in die Nach-Mitternacht mit der gleißenden, tiefstehenden Sonne - und dieser Rundgang lohnt sich wirklich.
Man kann es nicht anders beschreiben als in unserem zusätzlichen Fotobeitrag genau zu diesem Rundgang:
"Im Licht der nicht mehr untergehenden Sonne kann man dann durch den inzwischen fast menschenleeren Ort Longyearbyen streifen und seinen Augen nicht mehr trauen bei dem, was hier zu sehen ist ...
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Man erkennt eigenartig beleuchtete Bergketten, bunte Häuschen in Hülle und Fülle, kann auf die sonnige Bucht vor dem Hafen schauen oder Unmengen eingepackter Schneemobile und andere betrachten, die vor den jeweiligen Wohnhäusern oft sorgfältig in Hüllen verpackt "übersommern", bis sie bald wieder gebraucht werden.
Reste alter Bergwerksherrlichkeit erstaunen den Besucher, der hier fast schon Industriedenkmäler vor sich hat und fasziniert die historischen Seilbahnsysteme für den einstigen Kohletransport und ihre Verteiler-"Bahnhöfe" untersuchen kann. Manchmal machen auch auffallend "hochgestellte" bunte Häuser ganz einfach deutlich, dass man hier selbst im Winter bei entsprechender Schneehöhe noch gern problemlos in seine Haustüre kommen möchte.
Und Zeit um ins Bett zu gehen hat man dann bei diesen Aktionen - wie fast die ganzen folgenden Tage - eigentlich keine mehr ..."
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Und so ist es dann auch: Es wird sehr spät bzw. sehr früh an diesem ersten Ankommens-Morgen auf der arktischen Insel, die uns auf der Stelle in ihren Bann geschlagen hat. Am Schluss sind es dann doch noch ein oder zwei Stunden Schlaf, die man findet. Trotz des grellen Sonnenlichts sind es nicht die Probleme, die die Hauptperson des berühmten Films "Insomnia" erleidet, in dem Al Pacino als Ermittler Will Dorner die ständige Helligkeit Alaskas im Sommer aufs Gemüt schlägt und der dort kaum noch schlafen kann.
Aber ein wenig muss man die Jalousien dann doch schließen, um zu verhindern, dass die tiefstehende heftige Morgensonne im Bett nicht allzu sehr blendet - doch es ist kein Problem, die Vorfreude steigt und in wenigen Stunden beginnt das dicht gedrängte Programm auf der Insel ..!
© 2017 J. de Haas