Luxemburg 2015:
Schwerpunkt: Hinterlassenschaften - Schlacht in den Ardennen 1944 ...
Wie hatten wir geschrieben in unserem Reisebericht zu Luxemburg: "Es geht endlich weiter, die Gedenktafel für die Opfer des Zweiten Weltkriegs an der Kirchenmauer erinnert uns daran, weshalb wir nach Diekirch gekommen sind. Der Besuch des Musée National d'Histoire Militaire wartet. Während des Zweiten Weltkriegs war Diekirch Teil der Ardennenschlacht. Mit viel Liebe zum Detail hat man hier unzählige Relikte deutscher und alliierter Soldaten zusammengetragen und in 1:1-Dioramen ausgestellt. So bekommt man unter anderem einen Eindruck vom Thanksgiving Day der amerikanischen Soldaten, Bewohnern auf der Flucht, dem kombinierten deutschen Funkerstand mit Küche in einem Stall und dem damaligen Winter in den Ardennen überhaupt. Zahlreiche Infotafeln bieten den nötigen Überblick.
Von löslichem Kaffee über Kochgeschirr, Lazarettausrüstung, Fahrzeuge, Waffen bis hin zur Enigma kann man hier viel bestaunen. Allein die unzählige Sammlung von unterschiedlichsten Granaten lässt ahnen, womit sich die Industrie während des Dritten Reichs hauptsächlich beschäftigt hat, wobei die Normung von Geschossen offensichtlich kein Ziel war, das man seinerzeit bei der Entwicklung und Produktion von Bomben und Granaten verfolgte ... In einer Sonderausstellung wird des Koreakrieges gedacht, da ca. 100 Luxemburger als Freiwillige dort dienten ..."
Zweiter Weltkrieg, Herbst 1944, militärische Lage im Dritten Reich: Die Ostfront steht kurz vor dem Zusammenbruch, die deutschen Truppen sind der Roten Armee hoffnungslos unterlegen. Im Südosten sind die deutschen Besatzungstruppen in Gefahr, abgeschnitten zu werden. An der Westfront hat sich der Erfolg der alliierten Invasion durch weitere deutsche Niederlagen gezeigt. Die deutsche Wehrmacht ist insgesamt auf das ehemalige Reichsgebiet zurückgedrängt, auch Teile davon sind bereits besetzt. Alle deutschen Verbände sind erheblich angeschlagen, der Luft- und Seekrieg ist längst entschieden.
In dieser aussichtslosen Lage entsteht in Anbetracht des drohenden militärischen Zusammenbruchs und nach Ausrufung des "totalen Kriegs" der wahnwitzige Plan Hitlers zu einer überraschenden, durchschlagenden Großoffensive im Westen, die das Blatt wieder wenden soll. Die historische Forschung geht davon aus, dass bei diesem Vorhaben der Durchhaltewille der Alliierten zu diesem Zeitpunkt falsch eingeschätzt und die zugrundeliegenden Fakten falsch bewertet wurden.
So kommt es schließlich zum Plan der Ardennenoffensive, die u.a. auch Rundstedt-Offensive genannt wird. Namensgeber ist dabei der Generalfeldmarschall Gerd von Rundstedt, der diese Offensive nach Hitlers Befehl planen und leiten soll, nachdem er in dieser Region bereits 1940 im Rahmen eines "Blitzkriegs" erfolgreich tätig war.
Im November 1944 wird als Ziel dieser Offensive das Vordringen in mehreren Etappen bis zur Hafenstadt Antwerpen festgelegt, die für Alliierte und deren Nachschub von großer Bedeutung ist. Bei der Offensive soll eine Schlechtwetterperiode genutzt werden, um die Luftüberlegenheit der Alliierten auszugleichen und möglichst unangefochten von deren Luftstreitkräften operieren zu können.
Das Unternehmen beginnt am 16. Dezember 1944 und ist zunächst erfolgreich: Die deutschen Truppen greifen in Belgien und Teilen von Luxemburg überraschend die 12. US-Heeresgruppe an, wovon u.a. Gebiete um die belgischen Städte Bastogne und La Roche oder die luxemburgischen Orte Diekirch und Vianden betroffen sind.
Erhebliche Einbrüche in die gegnerische Frontstellung werden erzielt, deutsche Truppen dringen dabei fast bis zur Maas vor.
Da der Angriffszeitpunkt wie geplant in eine eine winterliche Schlechtwetterperiode gelegt wird, geraten die US-Truppen um Weihnachten 1944 vorübergehend in erhebliche Schwierigkeiten.
US-General George S. Patton jr. erhält vom amerikanischen Oberkommando unter General Dwight D. Eisenhower den Befehl, mit seiner 3. US-Heeresgruppe die deutschen Truppen an der südlichen Flanke anzugreifen. Patton bricht schließlich den deutschen Belagerungsring um Bastogne auf und rettet mit Hilfe von US-Luftunterstützung nach erfolgter Wetterbesserung die dortigen stark angeschlagenen Truppen der 101. US-Luftlandedivision.
Nach rund eineinhalb Monaten läuft sich die Ardennenoffensive schließlich fest und der Frontverlauf ist wieder wie vorher, die Deutsche Wehrmacht verliert wichtige Kapazitäten mit dem endgültigen Scheitern der Offensive - ein Wandel von der "Festung Europa" zur "Festung Deutschland" muss eingeräumt werden.
Für die US-Truppen handelt es sich dabei um die größte und blutigste Landschlacht des Zweiten Weltkriegs mit rund 20.000 Toten.
Zeugnis von den US-Problemen rund um Weihnachten 1944 gibt ein überliefertes Gebet des oben erwähnten US-Generals George S. Patton jr. vom Vorabend des Heiligen Abends 1944. Zu diesem Zeitpunkt haben die katastrophalen Wetterbedingungen den US-Truppen erheblich zugesetzt und der General bittet Gott um besseres Wetter. Und das Erwünschte geschieht kurz darauf tatsächlich: Die Wetterbesserung kommt ...
Gebet des Generals George S. Patton, Jr.
Kommandeur, 3. U.S. Army
in der Kapelle der Fondation J.P. Pescatore, Stadt Luxemburg, 23. Dezember 1944
Herr, hier ist Patton, der zu Dir spricht. Diese letzten zwei Wochen waren Schritte auf unserem Weg zur Hölle. Regen, Schnee, noch mehr Regen und immer noch mehr Schnee. Ich frage mich vergebens, was in Deinem Hauptquartier los ist? Auf welcher Seite stehst Du wirklich?
Seit drei Jahren behaupten meine Geistlichen nun, dass dieser Krieg ein Heiliger Krieg sei, ein neuer Kreuzzug ... mit dem einzigen Unterschied, dass die Soldaten dieses Zeitalters in Panzern Schutz suchen. Sie behaupten, dass wir den Atlantik überquert haben, um die Deutschen Armeen und ihren gottlosen Führer eindeutig zu besiegen, um Frieden und Freiheit in Europa wiederherzustellen.
Bis jetzt war ich mit ihren Aussagen einverstanden, weil Du uns Deinen vollständigen Beistand gegeben hast. Eine ruhige See und ein klarer blauer Himmel unterstützten unsere Landung in Afrika und halfen uns, Rommel zu schlagen; auch der Feldzug in Sizilien war nicht zu viel für uns. Das Wetter war angemessen für den Einsatz meiner Panzer. Bei der Vollendung meines wohl größten Sieges (Anm. der Red.: Im Juli 1944 in Frankreich), den Du mir gewährt hast, hast Du mich bei den meisten schwerwiegenden Entscheidungen geführt, ja sogar die Deutschen in Fallen laufen lassen, die meinen Sieg ermöglichten.
Aber nun ... genau auf halber Wegstrecke, setzt Du auf ein anderes Pferd. Es scheint mir, als ob Du all Deine Kräfte in die Hände von Rundstedt legst, und der bereitet uns, wenn wir ehrlich sind, viele Probleme.
Meine Armee ist nicht darauf trainiert und nicht dafür geschaffen, einen Winterfeldzug zu überstehen. Und Du weißt, dass dieses Klima viel mehr für Eskimos geeignet ist, als für die Südstaaten-Kavallerie, die ich kommandiere.
Oh Herr, nachdem ich diese Wettervorhersage gelesen habe, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass entweder ich oder jemand anderes Dich ernsthaft aufgebracht hat, da ich daraus schließen muss, dass ich all Deine Zuneigung verloren habe.
Es ist überflüssig hinzuzufügen, dass unsere Situation verzweifelt ist. Natürlich kann ich damit weitermachen, meinem Stab zu erzählen, dass sich alle Operationen planmäßig entwickeln ... aber es ist klar, dass meine 101. Luftlandedivision in Bastogne gegen die wütenden Elemente kämpft, und dass Gaffey, einer meiner besten Generäle, weit mehr unter den klimatischen Bedingungen leidet als unter den deutschen Angriffen.
Ich habe nicht die Angewohnheit zu jammern, aber meine Soldaten zwischen Echternach und der Maas gehen durch die Hölle. Ich habe einige Lazaretts besucht und fürchterliche Dinge gesehen, aber das Schlimmste von allem ist, dass die vollständig fehlende Sicht meine Flugzeuge auf dem Boden hält.
Somit ist meine fliegende Artillerie, ohne die ich nicht kämpfen kann, nutzlos. Sogar meine Aufklärungsflugzeuge können nicht starten ... und schon seit 15 Tagen bin ich nicht in der Lage herauszufinden, was sich hinter den deutschen Linien tut.
Mein Gott, es ist für mich unmöglich, in dieser gedrückten Stimmung zu kämpfen. Ohne Deine Hilfe wird es mir unmöglich sein, die Taktik des Feindes zu studieren. Vielleicht denkst Du, dass ich unverschämt bin, mit Dir zu sprechen, aber ich habe meine ganze Geduld verloren mit den Geistlichen, die mir weiter erklären, dass die gegenwärtige witterungsbedingte Situation das typische Klima der Ardennen sein soll. Zur Hölle mit Glauben und Geduld ... Du musst Dich nun entscheiden! Du musst mir dabei helfen, dass ich anlässlich des Geburtstages Deines Sohnes Ihm die ganze Deutsche Armee als ein Weihnachtsgeschenk anbieten kann.
Herr, ich bin nicht unverschämt, ich bitte nicht um unmögliche Dinge. Ich möchte kein Wunder verrichten. Alles, worum ich bitte, sind vier Tage "schönes Wetter". Willige ein, mir als Dein Geschenk vier Tage blauen Himmel zu geben, so dass meine Flugzeuge aufsteigen können, jagen, bombardieren, ihre Ziele finden und sie auslöschen können.
Gib mir vier Tage, so dass dieser Matsch fest werden kann, erlaube meinen Trucks, wieder los zu fahren und meine Infanterie mit Proviant und Munition zu versorgen, die sie dringend benötigen. Ich brauche volle vier Tage, um Rundstedt und seine Armee mitten nach Walhalla zu schicken. Es ist eine zu große Last für mich, ohnmächtig bei einem unnötigen Holocaust unserer amerikanischen Jugend zuzusehen. AMEN!
Geschenk des
Botschafters
der Vereinigten Staaten
und Mrs. John E. Dolibois
November
1982
(Übersetzung: Explorer Magazin)
Das obige Gebet mag manch einen schlichtweg sprachlos machen, auch uns ging es anfangs so. Man fragt sich unwillkürlich, was wohl Gott darauf vielleicht antworten könnte und würde ...
Sicher hätte manch einer Anderes erwidert als der Angesprochene, doch der erwies sich offensichtlich als gnädig: Kurz darauf erfolgte eine wesentliche Wetterbesserung und schließlich auch ein für die Amerikaner glücklicher Ausgang des Feldzugs.
Nun, vielleicht hat ja ein Gott, der solche Menschen "nach seinem Ebenbild" schafft, auch die selbe Wellenlänge wie diese ...
In diversen Militärmuseen in Belgien wie z.B. in Bastogne und auch dem in Luxemburgs Diekirch wird nun des oben skizzierten dramatischen Geschehens gedacht. Das von uns besuchte Museum in Diekirch beeindruckt sehr durch seine 1:1 Dioramen, die bei ausschließlich künstlicher Beleuchtung eine Ahnung von den Schrecken des Krieges vermitteln.
Waffen, Munition, Geräte und Fahrzeuge sowie Szenen der Offensive in winterlicher Schreckenslandschaft werden dem Besucher "hautnah" vermittelt. Man bekommt einen tiefen Einblick in die dramatische und tragische Lage, in der sich seinerzeit Soldaten und Zivilisten befanden. Auf einer Ausstellungsfläche von über 2.000 qm auf drei Stockwerken werden eine Vielzahl von Exponaten und Schaubildern gezeigt. Das Museum will damit eine Botschaft gegen das Vergessen liefern und gleichzeitig auch eine Mahnung an künftige Generationen vermitteln ...
© 2015 J. de Haas
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