Die Rückkehr: "Kreuzfahrtschiff" der etwas anderen Art ...
Vom Camp zum nahen Fähren Check-In sollte es kein Problem sein: Einmal die Straße lang und fast da. Der Campingplatz leert sich, auch wir beschließen, loszufahren und sind kurz darauf am Check-In - oder zumindest an der Stelle, die wir für ein übliches Check-In halten. Aber weit gefehlt: Die bärbeißige Gestalt an dieser Sperre, die nun schon eher einer Zonengrenze zu entsprechen scheint, macht uns schnell klar, dass man hier nicht wie üblich ganz einfach Ticket vorlegen und durch kann - man müsse schließlich zuerst zum Check-In Gebäude und dort alles regeln.
Zerknirscht drehen wir um - etwas Zeit ist noch bis zum Boarding-Schluss und so wird der Explorer in der Nähe dieses ominösen Gebäudes geparkt und unsere Abgesandte wird losgeschickt, alles vor Ort zu klären. In der Zwischenzeit passieren einige Fahrzeuge, die man schon auf dem Campingplatz gesehen hat, scheinbar problemlos die Sperre: Offensichtlich sind hier auch deutlich intelligentere Leute unterwegs oder sonst welche, die ganz einfach Bescheid wissen ...
Die Abgesandte kommt fast im Laufschritt zurück vom Check-In Gebäude: Die vorgelegten Papiere haben nicht ausgereicht, nun müssen noch Fahrzeugpapiere her! Ungläubig staunend macht sich nun die ganze Besatzung auf den Weg zur "Abfertigung", wo uns eine resolute Dame erwartet. Auf die unbedachte Äußerung hin, das wäre ja wohl die aufwändigste Boardingprozedur im ganzen Baltikum, folgt umgehend die volle Strafpredigt: Man wäre hier in Latvia und nirgendwo sonst, man wäre hier vor kurzem noch sowjetisch sozialistisch gewesen, man hätte schließlich Riesenprobleme mit Autodiebstählen und müsste deshalb jedes Fahrzeug genau prüfen usw. usw.
Tief beschämt von so viel postsozialistischem Charme legen wir die Fahrzeugpapiere vor und können im Gegenzug schließlich die notwendigen Papiere für das Boarding erhalten. Die Verabschiedung von der Dame erfolgt nach schneller beidseitiger Versöhnung mit freundlichen Grüßen ...
Als Belohnung dürfen wir nun am Bärbeißigen vorbei und stehen jetzt ziemlich weit vorn direkt vor der STENA FLAVIA, unserer Fähre nach Travemünde, die am heutigen Freitag gegen Mittag ablegen wird. Am frühen morgigen Nachmittag, dem vorletzten Augusttag, sollen wir dann dort schließlich ankommen.
Da es hier keine der üblichen Wartereihen gibt, spielen sich vor unseren Augen nun unglaubliche Szenen ab: Unmengen von schweren LKWs mit Anhängern müssen auf dem Platz vor dem Schiff umständlich wenden, um anschließend rückwärts in die Fähre einzufahren. Manchmal schiebt ein mitfühlender Rangier-Einweiser sogar vorn am Fahrerhaus symbolisch mit, wenn es einem Fahrer dabei nicht im ersten Anlauf gelingt, den gesamten Zug rückwärts an die richtige Stelle auf dem Autodeck zu bugsieren - ein wahrhaft herzerweichendes Schauspiel ..!
Irgendwann dürfen auch wir an Bord, da wir nur ein "Klein-Lkw" sind, müssen wir natürlich erst im Schiff wenden, um dann irgendwie rückwärts vor und zwischen die größeren Lkws dirigiert zu werden - die isländische Norröna war ja glatt ein Witz gegen so etwas ..!
Als wir das Fahrzeug schließlich geparkt haben und die Treppen in Richtung Rezeption hinaufsteigen, schwant uns schnell, dass hier vermutlich ein sehr würdiges Ende unserer Fähren-Odyssee vor uns liegt: Nach der bisherigen Abfertigungsprozedur ist es nun eine sehr lange Menschenschlange, die sich hier im Treppenhaus gebildet hat und darauf wartet, dass vorn etwas voran geht ...
Als sich nach 10 Minuten überhaupt nichts bewegt hat, die Schlange nur noch länger und die Rezeption nicht einmal in Sichtweite hinter der nächsten Ecke ist, beschließen wir, es diesmal anders zu machen: Erst einmal an Deck gehen, die Ausfahrt abwarten und später an der Rezeption einchecken.
Wir begeben uns wie üblich Richtung Reling, was wir diesmal allerdings nicht entdecken, ist eine Bar an Deck, die ein "Auslaufbier" verkaufen könnte - so etwas gibt es wie etliches andere ebenfalls nicht an Bord, wie wir bald wissen werden ...
Die Sicht nach hinten wird etwas behindert durch die im Wind flatternde Fahne des Schiffes: Die Stena Line Scandinavia AB hat zwar ihren Sitz in Göteborg, Schweden, das Schiff selbst aber hat den Heimathafen London und fährt unter britischer Flagge, die hier im Wind vor uns teilweise die Sicht versperrt - an der einzigen Lücke, die noch frei von Passagieren ist. Da bisher offenbar noch niemand auf die Idee gekommen ist, diese Flagge - erfreut durch Willkommenskultur, Abfertigungsprocedere sowie Bordservice - anzuzünden, weichen wir nach Backbord aus.
Von hier aus haben wir freien Blick auf die "Sperre", an der wir vorher umkehren mussten: Obwohl die Heckklappe des Schiffes noch geöffnet ist, hat man die Tore unten bereits wieder verschlossen, vor denen nun noch ein Pkw ein zweites Mal vorfährt, den man vorher ebenfalls zurückgeschickt hatte. Vom Bärbeißigen ist nun allerdings nichts mehr zu sehen, der Fahrer des bayrischen Wagens telefoniert verzweifelt vor seinem Fahrzeug, was ihm aber nichts hilft: Niemand wird mehr das Tor für ihn öffnen, um ihn vor Abfahrt durch die immer noch offene Heckklappe doch noch an Bord zu lassen - wer zu spät kommt, den bestraft hier immer noch das Personal ..!
Langsam verlässt die Fähre später den Hafen von Ventspils, auch ohne Abschiedsbier wollen wir die tolle Aussicht auf Stadt, Hafen und das Meer nicht verpassen. Das Schiff passiert die blaue Abschiedskuh an der Hafenausfahrt und schon bald sind wir raus - Adios Ventspils!
Es ist nun Zeit, sich endlich zur Rezeption zu begeben und in der Kabine einzuchecken: Zwar sitzt dort noch eine Dame, aber die reagiert in den nächsten Minuten nicht im Geringsten auf die am Tresen Wartende - ist nun auch hier Bestrafung für Zuspätgekommene angesagt? Irgendwann schließlich überwindet sich die Dame, ihre Schreib- und Zählarbeiten an Unterlagen und Schlüsseln kurz zu unterbrechen, um mit bekanntem "sozialistischen Charme" die Kabinenschlüssel doch noch auszuhändigen - es scheint geschafft, wir sind nun auch "offiziell" an Bord!
Nach so vielen Tagen will man dann auch mal wieder duschen in seiner Kabine, doch kaum steht der Eingeseifte gegen 13:50 Uhr dazu bereit, ertönt eine Lautsprecherdurchsage - wie immer an Bord nur auf russisch und englisch -, die es kaum noch sinnvoll erscheinen lässt, groß abzuspülen: In 10 Minuten müssen sich alle Passagiere im Aufenthaltsraum der Fähre zu einer Seenotrettungsübung versammeln - Erscheinen zwingend!
In rasender Eile versuchen wir nun wieder Alarmbereitschaft herzustellen, stürmen aus der Kabine und können mitansehen, wie bereits neben uns auf dem Gang sämtliche Kabinen vom gelb behelmten Personal von außen geöffnet werden: Bei dieser militärisch anmutenden und überraschend angesetzten Übung vergewissert man sich offenbar genau, dass sich nirgendwo mehr ein Passagier in seiner Kabine versteckt. Gut, wer da nicht mehr vorhatte als nur duschen ..!
Wir lassen die Veranstaltung über uns ergehen, die wir so noch nie an Bord einer Fähre erlebt haben und bei der fast schon sentimentale Gefühle in Erinnerung an den ersten Tag mit Seenotrettungsübung bei einer Kreuzfahrt mit AIDA im Vorjahr aufkommen ...
Hier wird nun durchgezählt, Ausgänge werden bewacht und Listen ausgefüllt, etliche Leute sitzen allerdings einfach weiter vor dem Fernseher des Aufenthaltsraumes. Anleitungen von Schwimmwesten werden vorgelesen, wobei die Vorlesenden nicht unbedingt den Eindruck erwecken, sehr vertraut mit allem zu sein. Es wird auch auf Prozeduren verwiesen, die an Bord ausgehängt sind, von denen wir allerdings glauben, dass sie in der Praxis kaum so funktionieren werden, weil viel zu kompliziert und untereinander mit zu vielen Abhängigkeiten. Ein Schenkelklopfer wird uns allerdings noch präsentiert: Eine der beteiligten Damen verweist ernsthaft darauf, wo man Verpflegungswünsche für den Notfall angeben könnte ...
Eine Stunde nach der "Übung" kann man an Deck plötzlich erkennen, dass die Fähre merkwürdige Drehmanöver beginnt - was ist nun schon wieder los ..? Es wirkt kurzzeitig so, als würden wir umkehren, bis schließlich das Schiff irgendwann wieder eindreht - kurz danach dröhnen die Lautsprecher erneut durch das Schiff und auf Russisch und Englisch wird mitgeteilt, man solle sich keine Gedanken machen, falls man merkwürdige Manöver bemerke, es handele sich nur um technische Tests ...
An der Bierausgabe im Aufenthaltsraum hat sich mittlerweile auch bereits eine beachtliche Schlange gebildet, der Raum ist bevölkert von Mengen an LKW-Fahrern, die sich überwiegend auf russisch oder lettisch unterhalten - passend zum laufenden Fernsehprogramm hier, das ausschließlich russische und lettischsprachige Programme bietet, vor denen sich die LKW-Fahrer drängen und teilweise etwas lautstärker mehr vom einen und weniger vom anderen Programm verlangen.
Als das Abendessen naht, werden die schlimmsten Befürchtungen zur Gewissheit: Diesmal können wir der rund einstündigen Warteschlange vor der Essensausgabe nicht entrinnen, wenn wir heute noch etwas zu uns nehmen wollen an Bord dieser Fähre - launige Kommentare und Rufe einiger fassungsloser Franzosen in der Warteschlange verkürzen allerdings dann doch noch gefühlt irgendwie das Erlebnis ...
Der Abend auf unserem sozialistischen Musterschiff unter britischer Flagge verläuft erwartungsgemäß, allerdings gelingt es immerhin noch irgendwann, ein letztes Bier für heute zu ergattern - dass dieses vermutlich lettische Helle in einem bayrischen Erdinger-Weißbierglas daher kommt, stört heute wirklich nur noch ganz am Rande.
Bei Anbruch der Nacht noch ein ganz erstaunliches Wiedersehen: Aus unserer Kabine können wir hinüber schauen zu einem hell erleuchteten "echten" Kreuzfahrer, den wir bereits bestens kennengelernt haben: Die MSC POESIA begleitet uns heute Nacht noch ein ganzes Stück fast in Parallelfahrt auf ihrem Weg in die Ostsee und man wird fast wehmütig, wenn man an die letzten Begegnungen mit ihr denkt: Sowohl in Marseille als auch in Barcelona hatte dieses Schiff bereits direkt in unserer Nähe gelegen - allerdings war die damalige AIDAmar mit unserer heutigen STENA FLAVIA nicht ganz vergleichbar - zum Glück ..!
Die Frühstücksschlange am nächsten Morgen zeigt wenigstens, dass nun wieder Hoffnung bestehen kann: Der Tag der Ankunft auch mit diesem "Kreuzfahrtschiff" der ganz besonderen Art ist gekommen. Dass der winzige "Souvenirshop" an Bord heute morgen geschlossen ist, wundert nicht besonders. Auch die Einträge in dem Buch erstaunen nicht weiter, das in der wie üblich nicht besetzten Rezeption ausliegt: Selten so gelacht über die "begeisterten" Einträge der Passagiere, die wir natürlich gleich ergänzen, ebenso wie den Kasten mit Bewertungen unserer Passage. Irgendwo liest man dann später (zwar nicht auf russisch, aber wenigstens auf englisch): "Ein Schiff für drei Fahrten gleichzeitig - die erste, die letzte und nie mehr wieder!"
Lustig insgesamt, wenn man nach diesen Erlebnissen später im Web das liest, was die Reederei zu diesem Schiff und dieser Route anpreist:
"Lehnen Sie sich zurück und genießen Sie die Überfahrt von Travemünde nach Ventspils und zurück in vollen Zügen! An Bord finden Sie Übernachtungsmöglichkeiten sowie ein Restaurant und einen Shop. Sie erreichen Ihr Ziel entspannt und ausgeruht! ... Auf der 26-stündigen Überfahrt haben Sie viel Zeit zum Relaxen - so erreichen Sie Ihr Ziel entspannt und ausgeruht. An Bord finden Sie alles, was Sie brauchen. ... Komfort für alle und einen ruhigen Rückzugsort für die ganze Familie. ... An unserer Bar genießen Sie Ihren Kaffee am Nachmittag und Ihren Cocktail am Abend bei schönstem Blick auf die Ostsee. ..."
Wir nähern uns langsam aber sicher Travemünde und treffen erneut auf den Journalisten Michael Gallmeister, der einmal jährlich die Publikation Lett-landweit herausbringt, die sich jeweils mit interessanten wirtschaftlichen wie politischen Themen des Landes auseinandersetzt. Zentrales Thema der Ausgabe 2014, die er uns freundlicherweise überlässt, ist die aktuelle Problematik mit dem Nachbarn Russland und die um sich greifende Angst im Baltikum vor einer Eskalation der derzeitigen Spannungen. Die Interviews und Artikel in der Zeitschrift verschaffen dem Leser einen wesentlich umfassenderen Eindruck von der Realität hierzulande als ihn der Touri normalerweise unterwegs gewinnen kann ...
Wir erreichen die Hafeneinfahrt von Travemünde und passieren dabei den zweiten "Flying P-Liner" unserer Tour: Nach der POMMERN in Mariehamn ist es nun die PASSAT, an der wir vorbei fahren. Auch dieser stattliche Viermaster ist das Wahrzeichen seiner Stadt und bietet aus der Entfernung ein sehr ähnliches Bild wie der von uns besuchte P-Liner auf den Ålands.
Wir verlassen die STENA FLAVIA sehr gern heute Mittag und würden uns beim nächsten Mal ganz sicher um eine andere Transportmöglichkeit bemühen - aber ob und wann das passieren wird, ist derzeit natürlich noch vollkommen ungewiss ...
Die Rückfahrt nach München zieht sich wie üblich und erscheint - wie bei Rückreisen üblich - gerade noch einmal doppelt so lang. Wir beschließen deshalb noch einen Zwischenhalt in der Umgebung von Hannoversch Münden einzulegen.
Da wir nicht die geringste Lust haben, bei nach wie vor unsicherer Wetterlage den Explorer hier in Deutschland auszuladen, soll die letzte Übernachtung im Hotel stattfinden.
Im Historischen Brauhaus von Reinhardshagen werden wir freundlich aufgenommen, bevor wir uns am nächsten Morgen daran machen, die letzte Strecke nach München zurückzulegen.
Dieses letzte Stück wird noch einmal richtig "gemütlich": Starkregen auf dem Weg, ein Auffahrunfall auf der Autobahn in der Spur unmittelbar neben uns.
Ein verunfalltes Taxi liegt schließlich bei München in Flughafennähe am Straßenrand, andere Taxifahrer versuchen zu helfen. Beim letzten Tankstopp schließlich folgt noch einmal ein heftiger Wasserschwall ins Genick - wir sind wieder da, herzlich willkommen zu Hause ..!
1. Nachtrag, April 2015: Fährengeschichten ...
Zusammenfassend noch einmal ein Überblick zu allen Fähren dieser Tour, mit denen wir so reichlich unterwegs waren, dass es nun erst einmal für eine ganze Weile reichen sollte:
Skandinavien / Baltikum 2014: Die Fährenflotte ...
Schiff | Bau | Werft | Länge (m) | Breite (m) | Tiefgang (m) | Tonnage (BRZ) |
---|---|---|---|---|---|---|
COLOR MAGIC | 2007 | Turku | 224 | 35 | max. 6,80 | 75.156 |
SYMPHONY | 1991 | Turku | 203 | 31,50 | max. 7,10 | 58.377 |
VICTORIA I | 2004 | Rauma | 193 | 29 | max. 6,50 | 40.975 |
ROMANTIKA | 2002 | Rauma | 193 | 29 | max. 6,50 | 40.803 |
STENA FLAVIA | 2008 | Porto Viro | 186 | 25,60 | max. 6,85 | 26.904 |
Nur wenige Wochen nach unserer Rückkehr mit diesem Schiff erwischte es dann schließlich auch noch unsere derzeitige "Lieblingsfähre", die STENA FLAVIA: Selbst bei Wikipedia kann man etwas zur vierten Schiffskollision des Jahres 2014 in Travemünde nachlesen:
"Am 11. November 2014 um 10:47 Uhr kollidierte die in den Hafen einlaufende Pulpca im Hafen von Travemünde bei Nebel mit der Stena Flavia, die am Skandinavienkai lag. Der Anlageponton des Anlegers 4 wurde beschädigt. Es wurden keine Personen verletzt. Auf der Stena Flavia wurden eine Wallschiene und ein Rettungsboot beschädigt. Gegen beide Schiffe wurde ein Auslaufverbot verhängt."
2. Nachtrag, Mai / Juni 2024: Wie war das noch gleich mit der "Neuen Leidenschaft" ..?
Es ist mittlerweile 20 Jahre her, als wir begeistert zum ersten Mal aus dem Baltikum zurückkehrten - hatten wir doch 2004 beim Besuch von Estland, Lettland und Litauen tatsächlich den "Beginn einer neuen Leidenschaft" entdeckt! Und auch 10 Jahre später, nach einer Odysee auf der Ostsee 2014, waren wir noch voll des Lobes nach erneutem Aufenthalt im bezaubernden Baltikum.
Auf der Rückfahrt trafen wir seinerzeit dabei an Bord der Fähre STENA FLAVIA wie oben erwähnt auf Michael Gallmeister, der erfreulicherweise auch noch Jahre später als Autor in unserem Magazin aktiv ist. Ansässig in Lettland und als Herausgeber des Magazins Lett-landweit informierte er uns vor kurzem über einige seiner Artikel, die er anlässlich der aktuell erkennbaren Entwicklungen im Land und im Baltikum verfasste. Entwicklungen, die durch den aktuellen Ukraine-Konflikt erheblich befeuert werden.
Doch wie sieht es damit eigentlich insgesamt in Skandinavien aus? Nun, wir kennen die sattsam bekannten üblen "Kriegshexen" in Berlin und Brüssel oder auch in Britannien (letztere ist eine inzwischen zum Glück im Nirvana verschwundene "Tussi", oder wie hieß sie noch gleich ..? ).
Doch leider gibt es auch zahlreiche derartige Kriegstreiber*Innen im Norden. Sie scheinen allesamt offenbar sofort an die russische Front zu streben bzw. eher andere dorthin schicken zu wollen.
In Norwegen ist mit Jonas Gahr Støre derzeit zwar ein Mann am Ruder des Landes, das als Heimat des Kalten NATO-Kriegers Stoltenberg im Verdacht steht, beim Nord Stream-Terroranschlag auf die deutsche Erdgasversorgung beteiligt zu sein und nun als Exporteur davon profitiert. Man macht aber auch dort keinen Hehl aus der kriegerischen Haltung zu Russland, indem man sogar die Grenzen für russische Touristen geschlossen hat.
Doch sowohl in Schweden waren mit Magdalena Andersson beim Ausbruch des aktuellen Ukraine-Konfliktes wie auch in Finnland mit Sanna Marin unverhohlene Kriegstreiber*Innen an der Macht, die u.a. nichts Eiligeres zu tun hatten, als einen NATO-Beitritt ihrer Länder zu forcieren und Spannungen in der Region zu erhöhen.
Noch übler ist die Situation im Baltikum in Sachen Kriegshexen, denn hier gibt es gleich einen ganzen Pulk davon: Estlands Regierungschefin Kaja Kallas, genannt "die neue eiserne Lady", gilt als eine der schärfsten Kritikerinnen Russlands und entschiedene Befürworterin von Waffenlieferungen und Unterstützung der Ukraine. Dass diese Figur im Juni 2024 zur neuen EU-Außenbauftragten ernannt wurde, erscheint in Anbetracht der kriegstreiberischen Politik des EU-Monsters nur folgerichtig.
Auch Lettlands Regierungschefin Evika Silina hält selbstverständlich kompromisslos US-Vasallenkurs: "Euro-atlantischer Kurs und Unterstützung der Ukraine" lautet hier die Devise in Sachen "Agressorland in der Nachbarschaft". Und: Aller "guten" Dinge sind drei? Ingrida Šimonyte ist die Dritte im Bunde, die Premierministerin von Litauen. Dieses Land gefällt sich vor allem in Provokationen von Russland in Sachen Kaliningrad, denn die Grenze zwischen beiden Ländern verläuft hier bei dieser Exklave Russlands. Eine Region, die wir noch bei unserer 7-Länder Tour Nordost 2009 problemlos bereisen konnten ...
Insbesondere Litauen machte sich aktuell bemerkbar durch Drohungen an Russland, den Zugang zu Kaliningrad zu blockieren.
Die strategische Bedeutung Kaliningrads als "unsinkbarer hochgerüsteter Flugzeugträger Russlands" und der nahe "Suwalki-Korridor", die kurze und einzige Landverbindung von Litauen zum nächsten NATO-Land Polen, die durch Russland bedroht werden könnte, macht diese Region nun zum willkommenen Aufmarschgebiet der NATO-Truppen des "Wertewestens".
Dazu soll natürlich auch eine einsetzbare Bundeswehr-Brigade gehören, denn nach dem verlorenen Hindukusch haben wir nun natürlich hier ein ideales Gebiet, wo "unsere Sicherheit verteidigt wird", wie der verstorbene Kriegsminister Struck es wohl auch heute noch formulieren würde ...
Die Art und Weise, wie im Baltikum extrem aggressive Politik gegen Russland gemacht wird, wirft beim unbefangenen Betrachter die Frage auf, ob dies nur der Historie der Länder und ihrer leidvollen Erfahrungen mit Russland in der Vergangenheit geschuldet ist oder ob mehr dahinter steckt. Gerechtigkeitshalber muss man sicher auf mögliche Ursachen der Russenphobie im Baltikum schauen, dann versteht man vielleicht, warum bei vielen so eine Haltung aufkommt ... Sowjetzeit, Deportationen und mehr. Doch kann man das heutige Russland mit dem der Sowjetzeit gleichsetzen? Dies zu machen, könnte ein Fehler sein, der teuer bezahlt werden muss. Und nach Besuch dieser Länder kann man nicht wirklich glauben, dass sie nun wieder Sehnsucht nach russischen Panzern und Atomstationen haben könnten ...
So waren wir nicht ganz verwundert, als wir Berichte von Michael Gallmeister auch zu diesem Themenbereich zu lesen bekamen: Besonders eindrucksvoll für deutsche Touristen die Geschichte vom Reisenden, der aufgrund einer "falschen" Kopfbedeckung in Litauen verhaftet wurde: Das Tragen von "Sowjetsymbolen" wurde ihm zum Verhängnis, auch wenn das Symbol offenbar keines der KPD war, sondern eines der KPU, der Kommunistischen Partei der Ukraine. Aber warum auch sollte der Bildungsstand der dortigen Häscher ein höherer sein als hierzulande ..?
Auch weitere Berichte von Michael zu Trends einer scheinbar kampfbereiten Gesellschaft im Baltikum oder Über freie Meinungsäußerung, Demokratie, Zeitenwende, Propaganda in der Region sowie allgemein stimmen nachdenklich und werfen viele aktuelle Fragen auf.
Eines aber ist sicherlich das Ergebnis aller Veränderungen, die sich heutzutage in Hinblick insbesondere auf das Baltikum ergeben: Fast zeitgleich umgekehrt etwa zu Ungarn, das politisch mittlerweile positiver dasteht als viele andere europäische Staaten und sich vor allem um den Frieden bemüht, hat sich dagegen das Baltikum inzwischen in das glatte Gegenteil verwandelt. Zumindest von dem, was man vor zwei Jahrzehnten noch so empfand und das inzwischen nicht mehr unbedingt feststellbar ist ...
[Zynismus an] In diesem Sinne hat sich die einstige "Leidenschaft" mittlerweile weitgehend verflüchtigt und es sei stattdessen erlaubt zu fragen: "Wenn man so viele Irre im eigenen Land hat, warum sollte man derzeit noch in den Norden fahren, um weitere zu finden?" [Zynismus aus].
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