Zu den weißen Karpaten ...

Die wolkenverhangene Strecke hat ihren eigenen Zauber: Immer wieder kann man ins tiefe Land hinabschauen. Der Weg führt uns entlang einer Bahnstrecke, die man eigentlich wegen des wunderschönen Ausblicks befahren müsste, doch das heutige Wetter lädt nicht dazu ein.

An einem Bahnübergang blinkt die Ampel rot. Wir halten an, vor uns warten schon einige andere Autos. Da kommt von hinten ein Wahnsinniger an uns vorbei gerast - und über den Bahnübergang. Man hat sich noch nicht ganz vom Schreck erholt, da kommt schon der nächste, und der nächste und der nächste. Wie sind die denn hier drauf? Rot blinkende Ampeln am Bahnübergang interessieren hier wohl nur wenige ... Zum Glück bleibt der Gegenverkehr stehen, ansonsten gäbe es noch ganz andere Szenen auf dem Gleis.

Wir warten, und warten, und warten: Nun verliert auch unser Vordermann die Nerven und rast über die Gleise. Wir warten weiter, es kommt immer noch kein Zug und so kommen auch wir ins Grübeln: Könnte die Ampelanlage defekt sein? Vorsichtig tasten wir uns vor um zu prüfen, ob man die Gleisstrecke einsehen kann. Das Problem: Wir wissen nicht, aus welcher Richtung der Zug auf der eingleisigen Strecken kommen  müsste. Und mitten im vorsichtigen Herantasten geht tatsächlich die Ampel aus! Na so was, da hat offensichtlich irgend wo einer vergessen, nach Zugdurchfahrt die Ampel abzuschalten, was offensichtlich einige (Harakiri?-)Fahrer geahnt haben. Man sollte diesen Gedanken gar nicht vertiefen, denn könnte es auch sein, dass einer irgend wo vor Zugdurchfahrt vergisst, die Ampel einzuschalten ..?

Auch mit Wolken reizvoll ... Rote Ampeln hindern keine Slowaken ...

Gutes Pilzgelände ...

Die Wälder laden ein zum Pilze suchen: Doch überall stehen schon slowakische Autos. Wir versuchen dennoch unser Glück und stapfen in den Wald. Da wird es richtig lustig: Hinter jedem zweiten Baum kommt ein Slowake hervor, gekleidet im Militärtarnanzug und natürlich mit durchaus großem, gezückten Messer ausgerüstet, zuckt die Schultern und murmelt freundlich irgend etwas wie "Njet" ...

Und es stimmt, überall sieht man die Reste von den abgeschnittenen Pilzen. Da gibt es wohl echte Frühaufsteher, die wenig übrig gelassen haben. Die Ausstattung der Pilzsucher macht schnell klar, dass es sich hierbei um eine ernste Männerangelegenheit handelt. Wir haben dennoch Glück und können das Abendessen mit Steinpilz, Pfifferlingen und Ziegenlippen bereichern.

Das nächste Ziel ist Liptovský Hrádok, dort befindet sich der Campinglatz Borová Sihoť, der an ein Motel angeschlossen ist. Der Platz ist nicht bewacht, liegt sehr nahe am Ort und es führen Radwanderwege durch das Gelände. Den Hinweis an der Rezeption "Take good care of your things" sollte man wohl ernst nehmen, zumal ein öffentlicher Radweg von der nahe gelegenen Stadt direkt durch den Campingplatz führt. Dennoch, der Platz ist schön mit seinen riesigen Tannen, dem nahen rauschenden Fluss und für eine Übernachtung durchaus geeignet. Wir sind wieder fast alleine, nur zwei Zelte befinden sich auf dem Gelände.

Anders ist es im Motel: Ein großer Bus liefert zahlreiche Touristen ab. Obwohl das Motel ein großes Restaurant hat, bevorzugen wir es, unsere Pilze zu braten. Das Restaurant hat noch immer seinen sozialistischen Charme - wenn auch modernisiert, aber zu einem gemütlichen Abendessen zwischen all den Touristen lädt es uns nicht ein.

Später am Abend jedoch findet sich der Weg an die Motel-Bar, wo man dem Treiben zuschauen kann. Gelassenheit kommt auf, wenn man den einen oder anderen Absacker zu sich nimmt: Karpatske Brandy ist dafür sehr zu empfehlen, ein Weinbrand aus den Weinen der Slowakei, der zunächst 5 Jahre in Eichenfässern heranreift, dann untereinander verschnitten wird, um anschließend mindestens noch 3 weitere Jahre im Eichenfass zu liegen ...

Camp Borova, gut versteckt ... Hängebrücke zum Camp ...

Vorbei am Schloss, hoch zum Camp ...

Ohne Deko für die ARB-Stoßstange am Platz angekommen ...

Weiter geht es gen Westen: Wieder ist es an der Zeit, einkaufen zu gehen und diesmal hat man mir wohl den Besitz von Euros zugetraut, ich bekomme, was ich will. Aber so ganz scheint das mit dem Outfit auch nicht hingehauen zu haben, denn diesmal werde ich zu einer Taschenkontrolle gebeten. Vielleicht sollte ich doch mal einen Styling-Experten für "unterwegs" zu Rate ziehen ..?

In Bojnice ist der letzte Halt auf slowakischem Boden nahe der Stadt Prievidza. Bojnice wird beherrscht von einem  mächtigen Schloss. Zum Campingplatz geht eine serpentinenreiche, steile Straße den bewaldeten Berg hoch. Da geraten wir mitten in ein Radrennen eines Duathlons: Uns kommen rasende Radfahrer entgegen, und es scheint unglaubliches Glück zu sein, dass keiner an der ARB-Stoßstange kleben bleibt. Nach und nach kommt dann auch noch der Servicetross. Das Rennen scheint sich über den gesamten Nachmittag zu erstrecken, immer wieder hören wir die Fanfaren zur Ankündigung der Rennfahrer.

Auf dem Campingplatz sind wir diesmal nicht alleine: Hier findet ein Treffen der Pan-European slowakisch/tschechischen Motorradfahrer statt, die es fast schaffen, die Cafeteria trocken zu saufen.

Unser letzter Abend in der Slowakei bricht an, leider müssen wir nun dieses schöne Land verlassen. Hier war auch der Verkehr deutlich ruhiger als in Polen, in den Orten wird oft wirklich exakt 50 km/Std gefahren. Wahnsinnige Überholmanöver kommen zwar auch hier vor, aber häufig sind Polen oder Tschechen daran beteiligt. Die Anzahl an Polizeikontrollen ist erheblich, aber uns hat man immer passieren lassen, auch wenn wir manchmal begierige neugierige Blicke der Polizisten verspürten, die dann aber wohl "leider" gerade mit irgend einem anderen uninteressanten Pkw beschäftig waren ...

Eines ist erscheint sicher heute Abend, als wir die feucht-fröhliche Cafeteria verlassen und wieder zum nächtlichen Explorer zurückkehren: Das wird wahrscheinlich nicht unser letzter Besuch in der Slowakei gewesen sein ...


 © 2010 Text/Bilder Sixta Zerlauth