Wie schon so oft, es geht nach Norden ...
August 2009: Gegen 05:00 Uhr morgens ist Aufbruch angesagt, der Kurs lautet Nordost. Die erste Anreiseetappe führt in die Nähe von Berlin, an den Schwielowsee. Bereits 2004 hatten wir hier schon einen Zwischenhalt eingelegt. Ein kurzer Blick ins Internet zeigt: Einen Campingplatz in Ferch gibt es immer noch - die Koordinaten stehen auch dabei.
Ohne große Behinderungen kommen wir gegen Mittag in Ferch an und landen auf dem Campingplatz aus dem Internet, der doch wohl derjenige von unserer Baltikumreise 2004 sein sollte. Doch: Es ist der "falsche" Campingplatz! Aber die Begrüßung ist so herzlich, dass man einfach da bleiben muss ...
Nur wenige Meter vom Seeufer entfernt, unter den schattigen märkischen Kiefern, kann man sich wirklich von der Anreise erholen. Der Explorer weckt das Interesse der Nachbarn und des Platzwarts, kleine "Führungen" werden erledigt - wieder einmal macht sich die Routine des Standdienstes bei der Abenteuer Allrad bezahlt. Außerhalb vom Platz glüht die Sonne, auf dem Wasser tummeln sich viele Sonntagsausflügler mit eigenen und gemieteten Booten. Vom Ufer aus kann man den begabten und weniger begabten Ruderern bei ihren Anlegemanövern zuschauen ...
Urlaubsgefühle kommen auf am Abend beim Besuch vom nahe gelegenen Landhaus Ferch: Die frischen Fischgerichte sind durchaus zu empfehlen!
Am Morgen wird die Anreise fortgesetzt, es geht weiter nach Norden. Ziel ist diesmal "Jasmund, auf Rügen ganz oben" - wie die Urlaubsmarketingexperten titeln. Der Weg nach Stralsund führt über eine wunderschöne Landstraße mit schattigen Alleebäumen. Die zahlreichen Kreuze am Straßenrand zeigen jedoch, wie gefährlich diese Straße sein kann oder vielmehr deren Befahrer. Eingereiht in die Kolonne der Sonntagsfahrer freut man sich, als endlich das Autobahnstück erreicht wird, das bis nahe Stralsund führt. Noch über die Brücke und schon ist man auf der größten deutschen Insel, die wir später auch einmal in unserem Modellkeller aufbauen werden: Rügen!
Von Ort zu Ort muss man sich vorkämpfen durch die Staus vor nahezu jeder örtlichen Ampel. Wir erreichen schließlich dennoch das Krüger Naturcamp in Nipmerow, wo man unter den bis zu 100 Jahren alten Buchen im Nationalpark Jasmund einen schattigen Platz findet.
Der Nationalpark wurde 1990 gegründet und ist Deutschlands kleinster Nationalpark mit viel Selbstbewusstsein - immerhin fühlt man sich in einer Liga mit Yellowstone, Serengeti und anderen, wie man einer Tafel entnehmen kann:
Der Campingplatz wurde in den 50er Jahren angelegt für die Erholung der Werktätigen des Sozialismus der ehemaligen DDR. Und Ostalgie ist hier Konzept: Die Toiletten, sehr sauber und großzügig mit Seife und Papier ausgestattet, befinden sich in Baracken. Die Platzgaststätte, Spechthöhle genannt, ist ein DDR-Zweckbau nach dem Leporellosystem. Hier gibt es "Sättigungsbeilagen" zur Auswahl und auch die "krummen" Preise wie 2,67 EUR für einen Schnaps oder 8,64 EUR für ein Heringsgericht erinnern sicher nicht zufällig an die pfenniggenaue Kalkulation der sozialistischen Planwirtschaft ...
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Auf dem Platz gibt es zu unserer Freude keine Mücken - obwohl dies hier durchaus zu erwarten wäre - aber über dem Platz hängt ein süßlicher Fischgeruch, der an asiatische Fischsauce erinnert. Auf Nachfrage erzählt der Wirt irgend etwas von Algen in der Ostsee. Aber an der Ostsee selbst riecht es nicht so, wie wir am nächsten Tag feststellen können. Eine andere Erklärung scheint die nahe gelegene Fischräucherei zu sein, aber auch dort vor Ort riecht es nicht wirklich so. Die dritte Erklärung, die man anbietet, lautet "Gülle". In Bayern riecht Gülle eindeutig anders, aber sollte man hier wirklich Fischabfälle "vergüllen", könnte dies durchaus solche Aromen erzeugen. Die vierte mögliche Erklärung wird sich erst viel später bieten, als in einem slowakischen Wald ähnliche Gerüche auftauchen: Könnte vielleicht die Markierung von Füchsen so riechen ..?
Der Abend klingt aus bei Fisch und dem einen oder anderen "Schluckspecht", einem Schnapsgemisch mit Sanddorn, das wegen des hohen Vitamin-C-Gehalts einfach gesund sein muss. Auf der abendlichen Terrasse kommen wir ins Gespräch mit anderen Campinggästen und schon bald kreisen die Gespräche um heute Abend ferne Ziele, die man einst wie der Nachbar am Nebentisch ebenfalls angesteuert hatte. Fast beiläufig erfahren wir, dass Camp 71° N in Gamvik nun nicht mehr von Mr. Hilly betrieben wird - das fast ganze Jahrzehnt seit unserem Besuch dort oben hat seine Spuren auch am Nordkinn hinterlassen ...
© 2009 Text/Bilder Sixta Zerlauth