Sonntag, 16.07.06

(Wegstrecke: 0 km, Zeit unterwegs: 0 h)

Der heutige Tag wird schließlich doch noch zu einem Ruhetag, nachdem wir so gegen 11 Uhr aus den Zelten gekrochen sind und die Büsche nach brauchbarem Brennholz untersucht hatten. Es ist zwar nicht das allerbeste Holz, doch für zwei Mahlzeiten (Nudeln, Grieß) und Tee reicht es dann doch aus. Außer dem Essen ist unsere Hauptbeschäftigung heute vor allem "Ruhen", und insbesondere Chrisie schläft fast den ganzen Tag, ich dagegen gehe auch etwas spazieren, um mir die Gegend anzusehen und vielleicht ein paar Caribous zu sehen. 

Alles was ich unterwegs zu Gesicht bekomme, sind jedoch Erdmännchen und eine ziemlich scheue Maus. Nicht zu vergessen und ständig präsent sind aber natürlich unsere treuen Begleiter: Die Moskitos, die heute wieder einmal besonders lästig sind und von denen ich wohl bereits Hunderte erschlagen habe, obwohl ich mich wirklich nicht viel außerhalb meines Zeltes aufhalte. Die Moskitos sind dann auch neben dem ziemlich kalten Wind der Hauptgrund, warum ich nicht unbedingt mehr Zeit unter dem Tarp verbringen will, das wir gegen Mittag aufgestellt hatten. 

Da wir uns hier auf einer Höhe von fast 1.400 m befinden und der Himmel den Großteil des Tages bedeckt ist, wird leider aus dem geplanten Bad genau so wenig wie aus einer Wäsche: Meine Kleidung und auch ich hätten das schon sehr nötig, allerdings wäre es eine Dummheit, das Zeug hier zu waschen, wenn es nicht sicher ist, dass es auch wieder trocknen kann und man zuletzt dann vielleicht mit nassen Sachen dasteht. 

Da soll das Zeug doch lieber noch eine Weile dreckig sein, spätestens am Angel Lake in etwa vier Tagen wird es dann sicher einmal passen, in den drei Tagen Pause vor der großen Tour, unserer zweiten Etappe. Ich bin schon sehr gespannt, wie es werden wird mit etwa 38 kg auf dem Rücken und wie gut wir dann noch voran kommen werden ... 

Aber das werden wir ohnehin bald feststellen, zuvor heißt es jedoch noch zum Angel Lake zu kommen. Das sollte aber eigentlich nicht allzu schwierig werden, nach unserer Karte müsste das Vorankommen relativ einfach sein und auch die 10 km am Tag erscheinen machbar: Am Anfang werden wir "clear areas" haben und später dann Bachbetten, gefolgt von einer Straße oder einem Weg zum Fluss. Außerdem hatte uns der Pilot erzählt, dass er dort auch Pferdetouren gemacht hat; der Rest der ersten Etappe sollte also eigentlich eine Formsache sein - aber wer weiß, was unterwegs noch alles passieren wird ...

Büsche werden untersucht ... Das Holz reicht für zwei Mahlzeiten ...
Schmecken die Nudeln mit Grieß ..? ;-)) Erdmännchen als Begleiter ...

Montag, 17.07.06

(Wegstrecke: 20 km, Zeit unterwegs: 8 h)

Heute sind wir um 8:30 Uhr aufgestanden und konnten uns nach dem Frühstück so gegen 10 Uhr wieder auf den Weg machen. Das Gehen ist wirklich den ganzen Tag über gut machbar, was sich auch in unserer Geschwindigkeit niederschlägt: Wir brauchen für 20 km nicht einmal 8 Stunden - ein echter "Rekord"!

Was unsere Tierbeobachtungen angeht, ist es leider nicht so ergiebig und so wird auch der "Bear River" seinem Namen nicht im Geringsten gerecht - wieder nur Vögel und Nager. Nach unserer Ankunft in Dawson werden wir im Rausch sicherlich erst einmal zur Visitor Info gehen und uns kräftig beschweren!

Zwei interessante Dinge für das Tagebuch noch, was das "Gehen" betrifft: Erstens ging es mir im Tal diesmal ähnlich wie neulich Chrisie, als der nur noch gerannt ist. Diesmal bin ich einfach nur so dahin gelaufen, das war ganz toll und machte unheimlich viel Spaß, nur geschwitzt habe ich dabei ziemlich. Das zweite bemerkenswerte sind die vielen Seitenarmdurchquerungen, die wir heute im Tal gemacht haben: Es hat mich wirklich gewundert, dass es keinen von uns beiden irgendwo "hingehauen"  hat.

Heute sind wir außerdem an dem Flugfeld vorbei gekommen, zu dem immer die Jäger hingeflogen werden, von denen wir bereits Bilder im Internet gesehen hatten - für uns ein Haufen von Idioten. Jedenfalls herrscht an diesem Flugfeld schon fast mehr Verkehr als am Flughafen von Whitehorse, ständig fliegt ein Hubschrauber ein mit irgendwelchem Zeug. Unser Camp (Camp 7) befindet sich auch noch in Sichtweite von diesem Areal ...

Das Camp selbst ist allerdings sehr fein, wieder einmal haben wir es an einem Bach auf Schotter angelegt. Jedoch ist es recht windig und regnet einmal auch kurz. Da der erste Regen aber nicht vor 20 Uhr einsetzt, erscheint uns das bereits als angenehme Überraschung. Wir backen wieder unser Brot, das ich leider versalze und von dem wir daraufhin einiges dem Bach übergeben müssen - ich bin zwar nicht abergläubisch, aber ich hoffe dennoch nicht, dass uns das morgen schlechtes Wetter beschert: Das würde uns nun gar nicht gefallen ...

Von hier aus sind es nur noch 30 km bis zum Angel Lake und wir sollten eigentlich in der Lage sein, den See übermorgen zu erreichen, wo wir dann die Vorbereitungen für die längere zweite Etappe treffen können und - uns im Floßbau üben werden!

Am "Bear River" ... Camp 7
Wieder einmal Regen ... ... und Brot backen angesagt  ...

Dienstag, 18.07.06

(Wegstrecke: 12 km, Zeit unterwegs: 5 h)

Wieder ist um 08:30 Uhr Aufstehen angesagt, wieder gibt es zum Frühstück Haferflocken. Ich muss gestehen, dass ich mich bereits sehr darauf freue, einmal etwas anderes zu bekommen: Nicht, dass sie nicht gut wären, aber immer das Gleiche zu essen ist dann doch nicht sooo spannend ...

Wir funktionieren fast wie ein Uhrwerk: Erneut brechen wir gegen 10 Uhr in Richtung See auf, unser Ziel bald schon in greifbarer Entfernung. Schon beim Start sind wir in die Regensachen geschlüpft, da es sich in unserer geplanten Marschrichtung bereits stark verfinstert hat. 

Es regnet dann allerdings doch fast nicht und so wird es uns nach kurzer Zeit schon ziemlich warm in den Klamotten und wir machen Halt, um sie wieder auszuziehen. Kurze Zeit später ist dann natürlich so weit: Nun regnet es doch und wir dürfen sie wieder anziehen - ganz so, als wollte uns jemand ärgern!  

Bereits wenig später ist der Regen auch wieder vorbei, aber dafür sind jetzt die Moskitos an der Reihe: Wie durch das Wetter angestachelt stürzen sich die Blutsauger in großen Schwärmen auf uns - derart aggressiv habe ich sie bisher noch nie erlebt. Nach einem kurzen und erfolglosen Zwischenspurt, bei dem wir versuchen, sie los zu werden, bleibt uns wieder mal nur unser letztes Mittel: die Sprühflasche. 

Wir verbinden unseren Aufenthalt mit einer Rast, bei der wir die zurückgelegte Strecke prüfen: Wir kommen auf 8 km, was bei zwei Stunden einen Schnitt von 4 km/h Schnitt bedeutet: so etwas nennt man wohl "wahnsinnige Geschwindigkeit" ..!

Auch der restliche Tag erweist sich gut zum Gehen und so machen wir dann schon gegen 15:00 Uhr nach etwa 12 km und einer weiteren Flussdurchquerung Schluss (Camp 8). Den Rest des Tages verbringen wir mit Faulenzen, Feuer machen bei starkem Wind und mit Nudeln kochen ...

Wieder Landschaft pur ... Feuer machen bei starkem Wind ..?
Endlich mal ein großes Feuer ... Noch 16 km zum See ...

Nach dem Essen machen wir dann mal ein richtig großes Feuer und schmieden dabei Pläne, was wir am See so alles machen wollen. Chrisie will sogar irgend eine Statue bauen, falls wir kein Floss brauchen sollten, um über den Fluss zu kommen, ansonsten werden wir aber wohl die meiste Zeit dafür verwenden müssen. Ich werde versuchen, ein Feuer ohne Feuerzeug zu machen: Anfangs mit Hilfe eines Messers und - sollte mir das gelingen - schließlich ganz ohne Hilfsmittel.

 Falls sich das als zu schwierig herausstellen sollte, möchte ich etwas schnitzen, allerdings weiß ich noch nicht so genau was. Auf jeden Fall sind wir beide schon sehr gespannt darauf, wie der See aussieht, wie es um unsere Sachen bestellt ist, die da hoffentlich auf uns warten und natürlich, ob der Fluss ohne ein Floss zu überqueren ist. Aber all das werden wir hoffentlich morgen sehen, da es zum See nur mehr rund 16 km sind ... 

Mittwoch, 19.07.06

(Wegstrecke: 17 km, Zeit unterwegs: 7 h)

Nach dem nun schon gewohnten morgendlichen Ritual mit Aufstehen um 08:30 Uhr, Haferflocken essen, packen und Aufbruch um 10 Uhr sind wir nun ganz "heiß" auf den See: Eigentlich wollten wir am Fluss entlang gehen, da es aber in der Höhe auch gut aussieht, entscheiden wir es weiter oben zu versuchen, um den Weg abzukürzen. 

Oben geht es in der Tat sehr gut voran und man kann auch einiges von der Umgebung sehen, wie etwa das große Tal, das an der Verbindungsstelle von Bear River und Wind River gelegen ist. Da sich der Weg aber ziemlich lang hinzieht und der Angel Lake selbst auch hinter einem bewaldeten Hügel liegt, dauert es noch recht lange, bis wir ihn endlich zu Gesicht bekommen.

Die Moskitos auf dem Weg zum See scheinen uns vorher noch den Spaß verderben zu wollen: Sie sind erneut extrem aggressiv und so müssen wir an diesem Tag gleich zwei Mal unser zur Neige gehendes Spray verwenden. Vor allem beim zweiten Angriff der Mückenschwärme hätte ich fast alles weggeworfen und wäre lieber davon gerannt - so schlimm ist es diesmal wieder. Sehr ärgerlich insgesamt, denn vor allem das Wetter war eigentlich den ganzen Tag über schön und es hatte nur einmal ein paar Tropfen Regen gegeben, als wir unterwegs waren.

Als wir den See dann schließlich vor uns sehen, stellen wir fest, dass wir mehr oder weniger direkt auf ihn zugegangen sind und durch Zufall kommen wir auch noch genau bei der Hütte heraus ...

Endlich: Am Angel Lake ...

Durch Zufall kommen wir genau bei der Hütte heraus ... ... ein sehr desolates Gebilde ...
Die Tonnen sind angekommen ... ... und das erste Bier wartet ...

... und das zweite ...

Diese Hütte, ein dachloses Gebilde, zeigt sich uns allerdings in einem sehr desolaten Zustand und wirkt auf uns so, als könnte sie jeden Moment zusammenbrechen. Unsere Tonnen sind jedoch drin, was für uns in diesem Moment das einzige ist, was zählt. Da genau zu unserer Ankunft wieder ziemlich dunkle Wolken aufziehen, spannen wir an der Rückseite der Hütte unser Tarpsegel auf und wollen den Regen dort abwarten.

Nach einiger Zeit trinken wir schließlich dann auch unser erstes Bier und als das geleert ist und der Regen immer noch andauert, wird das zweite geköpft. Nach dem Regen brechen wir zu einer Erkundungstour in Richtung Fluss auf, den man auf jeden Fall nicht überqueren kann, ohne zu schwimmen. Wieder zurück an unserer Hütte, die offensichtlich über keinerlei Wasserversorgung außer den schleimig wirkenden See verfügt, geht es wie gewohnt ans Essen machen, doch zuvor ist noch unser drittes und letztes Bier fällig ...

Abwechslung: Fertiggericht mit Reis ... Unsere Ankunft wird beobachtet ...

Für das Essen holt Chrisie Wasser aus dem Fluss. Es gibt ein Fertiggericht mit Reis, das eine willkommene Abwechslung zu unserer anderen Kost der letzten Tage darstellt. Nach dem Essen geht dann wie immer nicht viel, da wir erneut beide ziemlich fertig sind: Es heißt wie so oft das Zelt aufzubauen und schon bald darauf darin zu verschwinden, um zu schlafen - aber heute schon mit einem guten Gefühl, denn wir haben die erste Etappe geschafft. Und wie die längere und schwierigere Etappe wird, das werden wir noch früh genug erfahren ...


© 2007 Richard Schuster