Unterwegs auf der Südinsel - Museumstag
Endlich mal wieder ein Ruhetag!
Der beginnt mit einer Überraschung, aber um die zu verstehen, muss man sich an den gestrigen Abend erinnern. Wir waren relativ spät aus dem Ort zum Camp zurückgekehrt und standen erstaunt an unserem Stellplatz: Der daneben war inzwischen von einem der üblichen Miauis, Britzens, Apollos oder man weiß nicht mehr so genau wovon belegt. Das Überraschende dabei: Die Holzbänke unseres Stellplatzes waren weggeschleppt worden und standen nun neben diesem Womo - toll! Offenbar waren die neuen Nachbarn von unseren geplanten Frühstückssitzen so begeistert oder irgendwas anderes hatte ihnen daran besser gefallen als an ihren eigenen. Vielleicht standen unsere aber nur viel schöner in der Sonne oder man hatte einfach nicht verstanden, was vielleicht zu welchem Stellplatz gehören könnte - war ja auch wirklich nicht so einfach das Ganze ...
Egal, die nächtliche Begeisterung war gewaltig und die entsprechenden Kommentare wohl auch im Nachbarwomo nicht zu überhören, denn von dort war außer einer schwachen Beleuchtung nichts mehr zu sehen oder zu bemerken. Auch war wohl die Absicht irgendwie hinüber gelangt, sich um Nachbarn und Bänke nicht mehr heute Nacht im Dunkeln, sondern erst morgen früh zu kümmern. Denn - oh Wunder - am heutigen Morgen steht die Sitzgruppe wieder bei uns und man hört deutsche Laute aus Richtung des Womos - wie schön, Landsleute also! Hatten die etwa die Holzbänke mit Handtüchern am Pool verwechselt ..?
Es kommt zu keiner Kommunikation mehr, da die Nachbarn bereits kurz danach weiterfahren - es bleibt zu hoffen, nicht wegen uns!
Beim Frühstück an diesem sonnigen Morgen wird beschlossen, unseren geplanten Tagesausflug mit dem Taxi zu unternehmen, immerhin muss dann nicht der "Camper" wieder fahrbereit gemacht werden, außerdem soll unser heutiges Ziel, das Omaka Aviation Heritage Center, nicht allzu weit entfernt sein.
Der freundliche Camp-Rezeptionist bestellt für uns das Taxi, das schon bald kommt. Der ebenso freundliche Taxifahrer erkundigt sich genau über unser Woher und Wohin und gibt jede Menge Empfehlungen zur weiteren Reiseroute. Unter anderem weist er uns auf eine Gegend Richtung Süden hin, wo man noch sehr deutlich die Spuren eines letzten Vulkanausbruchs vor wenigen Jahren besichtigen könne. Sehr interessant, allerdings haben wir leider ein Roadbook, das uns dort nicht vorbeiführen wird ...
Der Weg führt durch Blenheim und bis zum Ziel vor dem Hintergrund der malerischen Marlborough Mountains - das Gelände vor diesem Museum hat einen eigenen Flugplatz, der offensichtlich gern von privaten Flugzeugen genutzt wird, die hier geparkt sind.
Wir betreten die Eingangshalle des Museums und man kann sich bereits nur schwer von den hier ausgestellten Flugzeug- und anderen Modellen lösen, die natürlich einen Modellkeller-Besitzer auf der Stelle in Beschlag nehmen und frühzeitig stoppen - aber man kann sich dennoch relativ schnell darauf einigen, dass hier erst nach dem Museumsbesuch weiter gestöbert wird ...
Das Omaka Aviation Center ist ein Museum mit Kampfflugzeugen und Dioramen vor allem aus dem Ersten Weltkrieg, in dem auch viele Neuseeländer kämpften. Begonnen hat das Ganze Ende der Neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts, als eine Gruppe von Enthusiasten anfing, sich mit diesen historischen Flugzeugen zu beschäftigen. Später stieß Sir Peter Jackson hinzu, der Regisseur von "Herr der Ringe", der seine große persönliche Sammlung von Flugzeugen und Artefakten aus dem Ersten Weltkrieg hier einbrachte, was im Jahr 2006 schließlich zur ersten Ausstellung führte.
Fesselnde Szenen zeigen die Flugzeuge im Einsatz und in den vielen 1:1 Dioramen werden Situationen dargestellt, die tatsächlich im Krieg passierten. Es sind seltene Erinnerungsstücke zu sehen, was von hervorragend gearbeiteter "Trench Art" (Grabenkunst) bis hin zu persönlichen Gegenständen des berühmten "Roten Barons" Manfred von Richthofen reicht ...
Neu in Omaka ist die Erweiterung um eine Ausstellung auch zum Zweiten Weltkrieg, die "Dangerous Skies" genannt wird und ebenfalls über eine Mischung aus Original- und Replika-Flugzeugen verfügt, darunter der weltweit einzige fliegende Avro Anson Mk.1 und eine Griffon-angetriebene Mk. XIVe Spitfire.
Das neuseeländische Unternehmen Weta Workshop, Meister von Spezialeffekten in der Filmkunst, hat die Szenerien des Museums mit gruselig lebensechten Schaufensterpuppen derart aufgewertet, dass man sich von diesen Dioramen beim Rundgang kaum lösen kann. Wir staunen über die "Etrich Taube", eine "Breguet 14", das "Curtiss Flying Boat", Fokker Dreidecker sowie viele andere Maschinen, die teileweise mitsamt den Besatzungen hinter ihren Waffen unter der Decke hängen. Nicht nur der Abschuss des Roten Barons wird gruselig echt dargestellt, sondern auch viele andere lebensechte Szenen aus Krieg und Feld samt Unglücken bei der Landung bis hin zu heldenhaften Einzelaktionen, Darunter z.B. auch "Grid´s Great Escape", bei dem der erfahrene Kampfpilot Keith "Grid" Caldwell einst seine Maschine nach einem Abschuss noch auf der Tragfläche stehend lenken und kurz vor der Bruchlandung abspringen konnte ...
Es dauert Stunden, bis wir durch die Ausstellungen des Museums durch sind, wozu auch das äußerst freundliche Personal beiträgt, offenbar erfahrene ältere Mitarbeiter dieses Projekts, die viele der zu sehenden Einzelheiten noch gern persönlich erläutern.
Leider können wir nach unserer Besichtigung keine Fahrt mit der Schmalspur-Museumseisenbahn Blenheim Riverside Railway machen, die gut fünf Kilometer beginnend bei der Omaka Station bis hinein nach Blenheim fährt - sie ist nur am ersten und dritten Sonntag des Monats in Betrieb und der dritte Sonntag ist - natürlich - leider erst übermorgen!
Wieder ist somit Bequemlichkeit angesagt - erneut geht es mit dem Taxi zurück Richtung Blenheim, wobei wir uns diesmal aber bereits an einem großen Warehouse des Ortes absetzen lassen, wo wir noch einiges einkaufen wollen. Der Fußweg von dort zurück zum Camp bietet noch einmal eine ganze Menge von Eindrücken dieser unserer ersten Stadt auf der Südinsel - insgesamt eine Atmosphäre, in der es man es sicher auch länger aushalten könnte - wenn man denn mit "One-Way-Ticket" gekommen wäre ...
Das Ziel am heutigen Abend steht schon den ganzen Tag lang fest: Es ist das unweit vom Camp gelegene deutsche Lokal, das wir uns nach kurzer Stippvisite am Vortag nun näher ansehen wollen und heute - natürlich "fully licensed" - bis 23:00 Uhr geöffnet ist: Der Dodson Street Beer Garden in der gleichnamigen Straße.
Das Lokal ist bei unserem Eintreffen bereits bestens gefüllt, kurz vor uns hat noch eine ganze Gruppe von Ingenieuren, die die Brückenbaustelle besichtigt hatten, ebenfalls den Biergarten aufgesucht und entsprechend hoch her geht hier nun. Zum Glück kann uns der Wirt noch einen schönen kleinen Tisch am Rande geben und auch der Blick in die Karte lässt Gutes hoffen: Nach langer Zeit wird es hier für den Verfasser wohl tatsächlich mal wieder eine Roulade mit Rotkohl und Kartoffelpüree geben, dazu ein ordentliches Bier und angenehme Atmosphäre - dieser Restauranttest muss einfach sein!
Die Roulade ist großartig, der Abend wird lang, nur wenig später ist der Wirt als Deutscher erkennbar und nach deutscher Ansprache an ihn kommen wir auch schnell weiter mit ihm ins Gespräch: Er ist inzwischen über 30 Jahre Gastronom, nach Deutschland und der Schweiz hatte er bereits mehrere Lokale in Neuseeland, seit sieben Jahren ist er mittlerweile in Blenheim. Eines betont er besonders, womit er auf vollstes Verständnis stößt: Eine Rückkehr nach Europa und die Schweiz oder Deutschland käme für ihn nie mehr in Betracht. Und die Köche bei ihm stammen übrigens aus Bayern ...
Obwohl er in seinem Biergarten unübersehbar "Hofbräu München"-Sonnenschirme stehen hat (und man eine schöne Halbe von dort im Moment tatsächlich auch gut vertragen könnte! ) teilt er mit, dass es nun schon seit längerem kein deutsches Bier mehr hier gibt - mit Transport inzwischen viel zu teuer für einen Ausschank bei ihm. Stattdessen will er seine eigene Brauerei demnächst ausbauen, die auf das 19. Jahrhundert zurückgeht und zwischenzeitlich als Eisfabrik fungierte. Die neuen Braukessel kann man bereits aus der Schankstube heraus besichtigen.
Auf die immer noch ungewohnte LKW-Raserei angesprochen hat er auch dazu eine ganz spezielle Meinung und Infos: Die seit 2017 amtierende neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern, bekannt auch durch ihre Kopftuchauftritte nach dem Attentat von Christchurch, hatte eine Überprüfung der Tempo 100-Regelung bei LKWs zugunsten einer teilweisen Reduzierung beabsichtigt. Was in Anbetracht der Erinnerung an verschieden Streckenabschnitte durchaus nachvollziehbar erscheint. Dies wurde jedoch von maßgeblichen Kräften in Wirtschaft und Politik inzwischen gekippt.
Das hält er für gut und richtig, da die gesamte Wirtschaft Neuseelands in großem Umfang von einem funktionierenden Transport und damit LKW-Verkehr abhängt, was auch für sein eigenes Geschäft gilt. Einen besonderen Gimmick in diesem Zusammenhang lässt er auch nicht unerwähnt: Wer hierzulande auf den Hauptverkehrsstraßen länger ohne Grund mit nur 80 km/h unterwegs ist, könne belangt werden, da er/sie/es/etc. ein Verkehrshindernis darstelle und gefährliche Überholmanöver provoziere, da die Überholspuren - wie wir wissen - ja nicht überall im ganzen Land alle paar Minuten erreichbar sind. Nun denn, again what learned ..!
Deutlich beschwingt verlassen wir spät am Abend den deutschen Biergarten garantiert ohne deutsches Bier und treten den Fußweg zum heimischen Camper an. Viele Eindrücke mal wieder heute am ersten "richtigen" Tag auf der Südinsel. Und morgen geht´s weiter ...
© 2020 J. de Haas