Siebter und achter Tag: Te Anau, Kingston, Queenstown
Am Abend zuvor in Te Anau trafen wir auf Sal und Lisa in dem Motel, in dem wir uns eigentlich Tage zuvor für die gemeinsame Fahrt zum Milford Sound verabredet hatten. Jedoch hatten sie beschlossen, noch einen weiteren Tag in Queenstown zu verbringen. Dadurch verbrachten wir nur diesen einen Abend gemeinsam in einem recht rustikal anmutendem Restaurant mit entsprechender Bedienung und Speisefolge.
Natürlich hatten sie viel über Queenstown zu berichten! Der geneigte Leser möge sich einmal ins Internet begeben und dort aus dem umfangreichen Angebot die für ihn in Frage kommenden Aktivitäten auswählen ... Unsere Wege trennten sich also ein weiteres Mal. Da wir im Anschluss an Queenstown die Westküste bereisen wollten, vor der wegen ihres Regenreichtums allgemein gewarnt wurde, und Sal und Lisa mit einem Motorrad unterwegs waren, sollten wir uns erst einen Tag vor dem Heimflug wohlbehalten in Christchurch wiedersehen.
Eigentlich überflüssig zu erwähnen, dass die beiden am darauf folgenden Tag die statistisch belegte Regenflut in vollen Zügen genießen durften ... die den Trip eigentlich abschließende Schiffpassage hatten sie sich dann doch lieber erspart ...
Doch davon blieben wir dagegen auf unser Fahrt auf der 94 und nachfolgend der 6 verschont: So ein Gebirge stellt eben auch eine Wetterscheide dar! Der 6 Richtung Norden folgend durchfuhren wir Fairlight, um kurz danach Kingston zu erreichen. Zwischen diesen beiden Orten besteht nach wie vor eine dampfbetriebene Eisenbahnverbindung. Für Fans ein absolutes Muss! Die Straße entlang des Lake Wakatipu Richtung Queenstown ist für den Fahrer eine echte Herausforderung ...
Dort angekommen mieteten wir uns in einem direkt am See gelegen Hotel für die nächsten zwei Nächte ein. Der Ort stellt für mich die direkte Verbindung zur Dekadenz schlechthin dar: Vergleichbar mit Orten wie Zermatt oder Kampen könnten sich die Besucher tagsüber scheinbar zu Tode langweilen, so atemberaubend angenehm ist die Kulisse. Aber dagegen haben die Neuseeländer an diesem Ort die geballte Art der Kurzweil gesetzt: Bungy, Fly by Wire, Jet Boating ... das alles mutete uns mehr als eine Art Flucht vor dem Inselkollaps an, den man normalerweise auf der Nordseeinsel Juist nach nur einer Woche zwangsläufig durchleiden muss.
Da wir fern eines Kollapses waren, entschlossen wir uns, für den nächsten Tag eine Schiffspassage zur Walter Peak Farm zu unternehmen. Die Earnslow, ein durch zwei Dreifachexpansionsmaschinen betriebenes Dampfschiff, vollbrachte diese nostalgische Reise mit der dampftechnisch symptomatischen Ruhe. Auch dieses sei allen Dampfbegeisterten dringend ans Herz gelegt.
Die Farm als solche stellt ein wunderbar gepflegtes, mit Leben erfülltes Museum dar. Sehenswert allemal. Zwei Australian Shepherds treiben eine Gruppe Schafe zielgerichtet dorthin, wo sie zum Scheren erwartet werden. Die anschließend professionell durchgeführte Schur der Schafe war ein weiteres Highlight des gesamten Aufenthaltes dort ...
Zurückgekehrt in Queenstown wollten wir den Abend in einem Restaurant unserer Wahl ausklingen lassen, doch leichter gesagt als durchgeführt an diesem Ort! Wir hätten vorbestellen müssen, sorry ... Aber an Orten wie diesem mit seiner Vielzahl an alternativen Angeboten wurden wir dennoch schnell anderweitig fündig. Queensland pur ...
Neunter Tag: Queenstown, Crown Terrace, Wanaka, Haast Village
Nach zweieinhalb Tagen Queenstown, waren wir wieder froh, dem urbanen Moloch des business as usual entfliehen zu können. Einerseits ein absolutes Muss für all die anders gestrickten unter uns, deren Nachfrage nach dem besonderen Adrenalinschub ihrem bisherigen Leben versagt blieb (dort werden Sie geholfen!), andererseits kann aber die Wahrhaftigkeit des persönlichen Daseins durch derartige Angebote völlig verdrängt werden.
Der Versuchung, aus unserem Euro das Maximum zu machen, konnten wir teilweise widerstehen, obgleich Angebote in ausreichender Anzahl und Variation vorgehalten wurden, um verschiedenste Begierden zu wecken ... Unter anderem deshalb nahmen wir eine unbenannte Main Road Richtung Crown Terrace statt dem State Highway 6 nach Wanaka zu folgen (Bungy jumping stand absolut nicht auf unserem Programm!).
Es sollte ein ruhiger, wenn auch wegen der Unbeschreiblichkeit der wahrgenommenen Landschaft ein von vielen Zwischenstopps unterbrochener, eigentlich unbezahlbarer Reisetag werden.
Auf unserem Weg Richtung Westküste passierten wir den Haast Pass: Mit eine Höhe von 564 m nicht unbedingt besonders erwähnenswert, stellt er jedoch eine Wasser- und Wetterscheide dar! Das eben noch strahlende Blau des Himmels wurde schlagartig grau, dichte Wolken um uns herum, Wolkenfetzen bis hinab in die Täler ...
Natürlich war die weitere Fahrt auf der kurvenreichen National Route 6 niederschlagsreich, aber gegen den getrübten Blick durch die Windschutzscheibe haben die Konstrukteure des Automobils zum Glück den Scheibenwischer gesetzt; allerdings half dieser keinesfalls gegen die nun einsetzende Betrübnis der Fahrzeuginsassen: Schließlich ist die Westküste ähnlich lang wie die gegenüberliegende!
Anzumerken ist an dieser Stelle die sich oftmals wiederholende Begegnung mit entgegenkommenden Fahrradtouristen. Leider war für uns eine Konversation in Richtung "Wie war das Wetter entlang der Westküste?" nicht recht möglich. Im Nachhinein gesehen wäre das in Anbetracht der ausgemergelten, teils schmerzverzerrten Gesichtsausdrücke und unter den wasserundurchlässigen Ganzkörperkondomen sicherlich schweißtriefenden Körpern der sich Peinigenden, auch wohl eher unangebracht gewesen ...
Es dämmerte schon, als wir endlich Haast Village erreichten. Das Dorf besteht eigentlich nur aus einem großen Back Packer Hotel - kann durchaus auch sein, dass dort eine Tankstelle war und vereinzelt stehende Gebäude, beschwören möchte ich das aber nicht - das Hotel jedenfalls war zu unserem Verdruss schon ausgebucht! Aber ein paar Kilometer weiter hatte ein Hirschzüchter (!) sein Farmhaus um ein Motel mit angeschlossenem Restaurant erweitert. Bis dorthin hatte sich bisher niemand außer uns an diesem Abend vorgewagt. Somit hatten wir die freie Auswahl auf der sich im Endstadium befindlichen Baustelle ...
Rotwild beobachten zu können obliegt nur wenigen von uns; Hirsche gucken gilt als ein besonderes Schmankerl für eingeladene, der Jagd zugewandte Mitbürger. Nicht so in Neuseeland: Neben der Schafzucht wird dort auch die Rotwildzucht betrieben (Rindviecher hatten wir allerdings auch ausgemacht.) Nun stelle man sich einmal ein fest mit dem Kopf verwachsenes, üppig ausladendes Geweih vor und den Versuch, sich nach getaner Arbeit damit in sein Bett zu kuscheln! Ein schlafender Hirsch sieht grotesk aus: Aber irgendwie ertragen sie auch diese Ruheposition majestätisch ...
Zehnter Tag: Haast Village, Fox Glacier, Hokitika, Murchison
Dem zum Motel gehörenden Restaurant sei an dieser Stelle ausgesprochener Dank gesagt für die vorzüglichen Speisen am Vorabend und am heutigen Morgen: Der gut gelungene Start einer Reise hilft schließlich über so manch graue Wolke auf Meereshöhe hinweg.
Der National Route 6 nach Nord-West folgend erreichten wir die Bruce Bay: schwarzer Sandstrand, graue Wolken, graues Meer, Nieselregen, kein auszumachender Horizont, dafür aber etliche Wohnmobile vor einem Meeresblick, der einfach einlud zum Verweilen innerhalb der Traurigkeit des Anblicks ...
Andererseits hat es die Farbe des Sandes in sich: Er ist eisenerzhaltig, was die Neuseeländer zu vermarkten wissen. Anders im Umgang als damals z.B. die Römer mit ihrer Insel Elba, wird hier nicht Kahlschlag zwecks Grubenausbau betrieben. Die Landschaft bleibt unversehrt. Das Erz wird mittels Saugbagger im Meer gefördert und nach China exportiert.
Die Straße verlässt die Küstenlinie, um weiter im Landesinneren den Cook River zu passieren. Kurz davor nahmen wir eine kurze Sackgasse zum Fox Glacier: Kaum 40 km von der Küste entfernt endet dort die Gletscherzunge, gespeist vom ewigen Schnee des Mt. Cook. Nach weiteren 164 km durch Regenwald erreichten wir schließlich Hokitika. Ein privat geführter Zoo sollte uns für eine kurze Weile die andauernde Feuchtigkeit um uns herum vergessen lassen: Er warb damit, leibhaftige Kiwis auszustellen!
Nun, dieser etwa hühnergroße, flugunfähige Vogel ist nachtaktiv und damit recht lichtscheu. Der Besuch begann mit der Gewöhnung der Augen an fast völlige Dunkelheit und beinahe hätten wir ihn auch nicht gesehen, wenn da nicht die Einbildung nachgeholfen hätte: Zusammen mit unserem festen Willen entstand dann zum Schluss doch noch der Eindruck, eine ganze Sippschaft der vom Aussterben bedrohten Art wahrgenommen zu haben ... Wegen des absoluten Verbotes mit Blitzlicht zu arbeiten (die Vögel hätte es ganz sicher erschlagen), kann ich nur mit einer daheim nachgestellten Szene dienen.
Nach weiteren 179 km, die letzten davon ohne Regen, erreichten wir Murchison, unser nächstes Etappenziel. Eine kleine Ortschaft, übersichtlich wie die meisten der von uns bisher besuchten, hatte natürlich ebenfalls den Vorzug, sich nicht großartig verfahren zu können. Wir übernachteten in einem familiengeführten Motel, als Restaurant wurde uns eine Speisemöglichkeit in der Ortsmitte empfohlen, die problemlos zu Fuß zu erreichen sei.
Der Gastronomiebetrieb erwies sich als Mittelpunkt des abendlichen Kulturbetriebes der umliegenden Region, wenngleich das Flair einer Fabrikkantine an dieser Stelle nicht verschwiegen werden soll. Eine Majorität ausgeprägter Männlichkeit war nicht zu verleugnen, obwohl auf dem Parkplatz auch nicht ein einziger Truck stand.
Während des Fußmarsches zurück zu unserem Motel (die Bürgerstege waren längst hochgeklappt, die Straßenbeleuchtung erloschen), stocherten wir, den Kiwis gleich, nach einer Erklärung suchend, um dieses Phänomen begründen zu können ...
Elfter Tag: Murchison, Nelson, Kenepuru Sound
Bevor wir uns aus Murchison verabschiedeten, statteten wir dem ortsansässigen Trödler noch einen Besuch ab: Die Einkehr war lohnenswert, wenn auch die angebotenen Gegenstände vergleichbar denen in der Heimat waren (benötigt eigentlich niemand), aber die Waren wurden zu unwiderstehlich günstigen Bedingungen feilgeboten.
Überglücklich wegen der erstandenen Schnäppchen folgten wir der National Route 6 und erreichten in Nelson die Nordküste, um kurz darauf zum Marlborough Sounds Maritime Park zu gelangen. Zwischen Havelock und Picton folgten wir einer kleinen, aber viel versprechenden Straße: Kurvenreich schlängelt sich diese zunächst dem Mahau Sound entlang, um danach der Küstenlinie folgend und den Kenepuru Sound umrundend letztendlich in der Crail Bay als Sackgasse zu enden.
Irgendwo zwischen Portage und Kenepuru Head suchten wir ein recht komfortables Motel auf. Da es noch früher Nachmittag war, konnten wir den Rest des Tages bei spätsommerlichen Temperaturen und ohne Regen die Seele baumeln lassen, in ersten Erinnerungen schwelgen, einen kleinen Spaziergang entlang des Queen Charlotte Walkways unternehmen, die grandiose Kulisse genießen ...
Nun, die ländliche Idylle trog ein wenig in Hinblick auf die tatsächliche dortige Daseinsform: Beim abendlichen Restaurantbesuch in einem empfohlenen Hotel in Kenepuru Head stellte sich unsere Kleidung als ein wenig "underdressed" heraus. Nichtsdestotrotz wurden wir hervorragend beköstigt und bedient! Die Kochkunst an solchen Orten verzaubert den Gaumen genauso wie an anderen, uns bekannten Tempeln des auf den Punkt der Verzückung gebrachten Geschmacks; das Prozedere der Gaumenfreude wird allerdings entspannter als in sonst üblicher Form vollzogen (auf Nachfrage erhielten wir das Rezept vom Küchenchef handschriftlich (!); wer traut sich das im "Coque Hardi" und erwartet tatsächlich eine Antwort?)
Während der nachfolgenden Fahrt in Richtung unseres Motels hatte ich Mühe, den Tieren auszuweichen, die nächtens die Straße kreuzen. Es sind Beutelratten (Opossum), denen die Neuseeländer offensichtlich den Kampf angesagt haben: Allerorten werden deren Felle angeboten, inwändig zumeist mit einer Reifenspur versehen, die deren Todesart dokumentieren soll. Entsprechend viele Kadaver säumten unseren Weg, überrollt von durchaus zielgerichteten, schlicht ihrer landesweit ausgerufenen Pflicht folgenden fahrzeuglenkenden Vollstreckern ...
Zwöfter Tag: Marlborough Sounds, Picton, Kaikoura, Christchurch
Unser letzter Reisetag begann zwar trocken, wenngleich der Abschied von den Marlborough Sounds doch mehr den Eindruck eines lieber gleich als später bei uns hinterließ. Im Verlauf der Fahrt entlang der Küstenstraße wechselte das Wetter sehr oft das Erscheinungsbild, also völlig vergleichbar dem unseren, wenn Sonnenschein mit örtlichen Schauern vorhergesagt ist. In ähnlichen Intervallen verlief unsere Gemütskurve: Aus einem Schauer heraus direkt in strahlenden Sonnensein zu fahren ist eine eher angenehme Sache, umgekehrt, die dunkle Wand vor Augen, eine andere. Es reichte uns, wirklich!
Erwähnenswert erscheint mir, auch im Nachhinein, das Angebot in Kaikoura: "Wale watching" vom sicheren Boot aus vermag nicht wirklich aufregend sein, deshalb wird auch dort der besondere Kick angeboten. Nachdem die Probanden sich in Neopren Anzüge zwängen dürfen, ist dann, weit draußen im offenen Pazifik, gemeinsames Schwimmen mit Delphinen angesagt! Aber eben auch nur Schwimmen - Anfassen verboten!
Irgendwann wurde der Verkehr wieder dichter, die Auswahl der Fahrspuren nahm dramatisch zu, und auch diese verflixten Kreuzungen - wir hatten wieder Christchurch erreicht. Das mit Sal und Lisa als Treffpunkt vereinbarte Motel bedauerte unsere Nachfrage nach einem Zimmer: Howard Carpendale gäbe in der Stadt ein Konzert und daher kämen viele Neuseeländer, auch von der Nordinsel per Flugzeug extra deshalb nach Christchurch; die Stadt sei nahezu ausgebucht! Prost Mahlzeit, könnte man denken. Nicht so dort: Der Empfangschef hatte nach einigen Telefonaten ein freies Zimmer an einem etwas zentraler gelegenen Ort für uns ausfindig gemacht!
Vor dem Motel trafen wir auf die beiden: Sie hatten natürlich vorbestellt, in alter eingeübter Gewohnheit, hätten somit den Komfort der kurzen Anreise zum Flughafen am nächsten Morgen ausnutzen können. Doch Sal musste das Motorrad noch zurück geben, somit waren beide ab dann ohne Fortbewegungsmittel. Wir verabredeten uns für den Abend in unserem Motel in der Innenstadt zum Dinner. Es sollte ein harmonischer Abend im exquisiten Ambiente einer Nobelherberge werden. Leider auch mein für lange Zeit letztes Lammkarree ...
Dreizehnter Tag: Abreise
Nach einem wieder einmal ausgiebigen Frühstück holten wir Sal (nun ohne Motorrad) und Lisa in ihrem Motel ab, um noch gemeinsam Christchurch zu erkunden. Strahlender Sonnenschein empfing uns in der Stadt, aber auch das typisch Urbane seiner 300.000 Einwohner nahm uns in Empfang.
Business as usual gepaart mit Märkten, dichter Großstadtverkehr mit Inseln der Ruhe, Allerweltskitsch neben Galerien mit anspruchsvoller, eigenständiger Kunst. Scheinbar austauschbar mit anderen Metropolen dieser Welt ist dort ein funktionsfähiger Mikrokosmos entstanden, den zu erleben in jedem Fall eine Reise dorthin wert erscheint.
Aber irgendwann ist es Zeit, aufzubrechen um den Flughafen zu erreichen, den Ford Explorer abzugeben, sich von Freunden zu verabschieden und den Rückweg mental vorzubereiten. Nun, auch dabei haben die Neuseeländer für Kurzweil gesorgt: Nach dem Check-In bei der Fluglinie mit dem Känguru auf dem Leitwerk (unser Gepäck, völlig überlastig wie vormals, passierte dieses Mal die Waage kommentarlos), stand die Passkontrolle an: Wo denn bitte unsere Quittung für die zuvor zu entrichtende Ausreisegebühr sei, wollte die Staatsbeauftragte wissen?
Schlagartig fiel mir eine meiner (sehr frühen) Geschäftsideen aus längst vergangener Zeit wieder ein: Wie wäre es, Toiletten nicht nur außen mit Münzautomaten zu versehen? Wer wieder heraus will, zahlt das Mehrfache des Eintritts! Wie ich mittlerweile weiß, wird so etwas bei uns als freiheitsberaubende Maßnahme bezeichnet, nicht so in NZ: Keine Quittung, keine Ausreise!
Hatten wir gekonnt bisher jeden dieser sehr einfallsreichen Kicks umschiffen können, jetzt durchlebten wir einen solchen Adrenalinstoß, wenngleich auch der ungewollten Art (Ich bekomme noch beim Schreiben darüber einen dicken Hals). DDR Grenzer (längst eingemeindet) erschienen dagegen nur als Fragesteller der unangenehmen Art, US-Einreiseheinis mögen irgendwie auch nicht von dieser Welt sein, aber dieser Gipfel der Abzockerei schlägt alles um Lichtjahre!
Fühlte ich mich beim Kauf eines Päckchen Tabaks schon leicht übervorteilt (für echten NZ-$-Mammon bekommt man dort nur 30 Gramm des Unverzichtbaren), waren wir nun in der Zwickmühle. Nun, eine Zweigstelle des Europäischen Gerichtshofes war weit und breit nicht auszumachen, unser Flug sollte in Kürze starten, also günstige Voraussetzungen für einen voreiligen Vertragsabschluss! Freundlich wie die Insulaner empfingen wir nach dem Vorzeigen der Quittungen (ich will ja nicht nachtreten, aber wofür eigentlich genau?) unser "Have a nice trip" ...
Statt pünktlich abzuheben, warteten wir geschlagene zwei Stunden auf den Start! Mit dieser Verspätung im Nacken erreichten wir Sydney; an shopping im Flughafen war überhaupt nicht zu denken, da unser Anschlussflug bereits aufgerufen war. Also rein in den Boarding Room und erneutes Warten war angesagt. Auch hier verbrachten wir zwei Stunden der Beschaulichkeit ...
Der Aufenthalt in Bangkok schließlich bescherte uns ein Wiedersehen mit der für uns unumgänglichen Räucherkammer, gestaltete sich aber kurzweilig (1 Stunde). Vollgetankt mit Kerosin (der Jumbo) und Nikotin (wir), galt es die nächsten 11 Flugstunden zu überstehen. In der Nähe von Neu Dehli (Indien), machte unser Transportmittel unvermittelt eine 90° Kehre, um den Luftraum von Afghanistan weiträumig zu umgehen. Wir überflogen jede Menge anderer 'stans, nur eben nicht den Bereich schultergestützter Boden-Luft-Raketen. Sehr freundlich von der Airline, diesen Umweg kerosintechnisch einkalkuliert zu haben ..!
Dank unserer Verspätung erreichten wir zeitgleich mit vier weiteren Jumbos Heathrow: Das dortige Management des Transportes sah sich außerstande, derartige Menschenmassen zu befördern. Also war wieder einmal mehr Geduld von uns gefordert. Irgend wann wurden auch wir zu unserem Terminal verfrachtet, um im Laufschritt unseren längst aufgerufenen Flug nach Hamburg anzutreten ...
Lächerliche zwei Stunden bis Hamburg saßen wir mittlerweile völlig lethargisch ab. Nur um am Ziel zu erfahren, dass wir bar jeden Gepäcks unsere Zugreise nach Bremen antreten durften - was für ein Service! Man beachte: Menschen können sich beeilen, Gepäckstücke nicht! Ein Bote überbrachte uns noch am gleichen Abend unser vollzähliges, wenngleich arg beschädigtes Eigentum samt Ersatzbehältnis ...
© 2007 Kurt Ohlendorf