Teil 5: Jordaniens Süden (04.05. - 10.05.2010)
Unser heutiges Reiseziel lautet Petra, die Felsenstadt der Nabatäer. Zuvor machen wir uns im Ort Al Tafila auf die Suche nach einem Damenfriseur: Es gibt zwar jede Menge Herrenfriseure, für Damen sieht es jedoch anders aus. Sonny fragt etliche Frauen per Zeichensprache nach einem Friseur, und letztendlich führt uns eine junge verschleierte Frau zu einem Laden und bedeutet mir, dass ich draußen zu warten habe. Nach gut 20 Minuten kommt Sonny reichlich gestutzt mit einer reisetauglichen Frisur wieder zum Vorschein.
Nachmittags erreichen wir Petra und finden uns in einem Tourismuszentrum wieder. Wir ergattern auf einem riesigen Parkplatz einen Stellplatz neben einer Unzahl von Reisebussen sowie einem uralten Range Rover (ehemaliger Krankenwagen, umgebaut zum Reisemobil) aus UK. Er gehört jungen Engländern, die damit auf dem Weg nach Kapstadt sind.
In Anbetracht des zu erwartenden Besucheransturms klingelt um 4:30 Uhr der Wecker und wir stehen bereits um 6:00 Uhr am Ticketschalter. Ausgerechnet heute hat der Meister der Eintrittskarten verschlafen und wir können uns erst 30 Minuten später gegen Hinterlegung unserer Personalausweise Zutritt verschaffen. Mit einigen wenigen ersten Besuchern starten wir den Weg in diese unglaubliche Felsenstadt.
Im 4 Jh. v. Chr. begannen die Nabatäer, den Gewürzhandel aus Arabien und Indien zu kontrollieren und über die uneinnehmbare Stadt Petra zu lenken. Uns erwartet eine Kulisse, die seinerzeit von Steinmetzen komplett aus den Felsen gearbeitet wurde. Petra besteht heute aus ca. 1.000 historischen Stätten und 3.000 in Felsen gehauenen Räumen. Die räumliche Ausdehnung ist erheblich und erstreckt sich über mehrere Kilometer. Petra zählt heute zu einem der 7 neuen Weltwunder und steht auf der Liste des UNESCO Weltkulturerbes ...
Zu Beginn durchqueren wir eine über 1 km lange Schlucht, genannt Siq, die an manchen Stellen nur 3 m breit und über 100 m hoch ist. In den frühen Morgenstunden kommt nur wenig Licht in die Schlucht und sorgt für spannende Lichteffekte, denn schwach über uns ist der dunkelblaue Himmel zu erkennen. Rechts und links sind noch vereinzelt die Gräben der damaligen Wasserversorgung zu sehen. Unvermutet taucht am Ende der Schlucht das so genannte Schatzhaus des Pharao auf, mit dem Namen Khazne Faraun. Das Haus ist 25 m breit und 43 m hoch. Wir stehen davor und es ist kaum zu erfassen, wie diese Fassade quasi aus dem Vollen gearbeitet wurde. Es bleibt nicht nur bei der Fassade, das Gebäude erstreckt sich auch noch 25 m mit verschiedenen Räumen in den Fels hinein.
Wir wandern weiter und stehen bald vor dem halbkreisförmigen, in den Fels gehauenen Theater, welches bis zu 7.000 Sitzplätze gehabt haben soll. Gegenüber dem Theater beginnt die Königswand mit einer Vielzahl von gewaltigen Fassaden, die der Besucher auf einen Blick gar nicht erfassen kann. Beeindruckend ist auch die Innenansicht, insbesondere die Gesteinsmaserungen an der Decke besitzen eine eindrucksvolle Schönheit ...
Am späten Vormittag steigen wir zu dem Kloster Ed Deir hinauf: Es liegt 200 m höher auf einem Felssattel und der Aufstieg erfolgt durch eine schmale Klamm, in die inzwischen die Sonne mit voller Kraft scheint. Es sind viele Besucher auf dem Aufstieg und wir müssen uns den abenteuerlichen Pfad mit einer Vielzahl von Mulis teilen, die Fußkranke, Gehfaule oder Vermögende nach oben schleppen. Ed Deir ist mit 47 m Breite und 49 m Höhe das größte Bauwerk; allein die Urne auf der Spitze ist 9 m hoch.
Wieder im Tal angelangt, erklimmen wir noch einen zweiten Aussichtspunkt, den so genannten großen Opferplatz. Von den Hügeln haben wir noch einen schönen Nachmittagsblick auf die Königswand, voller Eindrücke, müde und mit einer Speicherkarte voller Bilder erreichen wir unser Auto, das direkt neben einem Polizeiposten sicher parkte. Wir wollen uns keine zweite Nacht auf dem Parkplatz zumuten und suchen uns noch auf den umliegenden Bergen einen Stellplatz, von dem aus wir sogar einige der Felsbauten durch das Fernglas erspähen können ...
Am 06.05. fahren wir weiter in das Wadi Rum: Dies ist eines der spektakulärsten Wüstenlandschaften Jordaniens und befindet sich auf einer Hochebene von 1.000 m, während die umliegenden Berge bis zu 1.900 m hoch sind. Das Wadi Rum ist ein Naturschutzgebiet und steht unter der Kontrolle von Beduinen. Touristen werden mit geführten Touren durch die beeindruckenden Täler gefahren, wir werden dies mit unserem Fahrzeug selbst erkunden. Dank GPS können wir in dieser Landschaft die Orientierung behalten und finden auch so manchen interessanten Punkt. Wir kommen dabei bis auf wenige Kilometer an die saudische Grenze (gelbe Linie) heran.
So richtig allein sind wir nicht, immer wieder sehen wir Fahrzeuge,
unsere Übernachtungsplätze können wir dennoch in Ruhe und unter Tausenden
von Sternen am klaren Himmel genießen. Nach zwei Tagen verlassen wir
diese beeindruckende Landschaft, treffen noch zwei radelnde Polizisten
aus Markt Schwaben und Pastetten
mit ihren Mountain Bikes und verlassen
dann das Wadi Rum. Eine Stunde später kommen wir in Aqaba an;
das Thermometer zeigt 45°C im Schatten an ...
© 2010 Hans-Jörg Wiebe