Etappe 2: Isfahan, Yazd und die Wüsten in Richtung Mashhad, 25.03. - 04.04.16
Von den Bergen in die Wüste oder von 0°C auf 30°C
Auf dem Weg nach Isfahan passieren wir auf 2.800 m Höhe ein Skigebiet mit mehreren Liften, bevor wir uns langsam der Metropole nähern.
Die schneebedeckten Berge treten langsam in den Hintergrund und die Landschaft und das Klima werden zunehmend wüstenähnlicher. Das von uns bereits im Vorjahr besuchte Isfahan liegt auf 1.600 m Höhe am Rande eines großen Salzsees. Sand- und Steinwüsten sind dann nicht mehr weit entfernt. Wir sagen dem frostigen Wetter "adieu" und freuen uns auf frühsommerliche Temperaturen ...
Bereits im 16. Jahrhundert lebten 600.000 Menschen in Isfahan und es war eine der bevölkerungsreichsten Städte der Welt. Damals entstand der Ausdruck "Esfahan nesf-e Jahan" oder "Isfahan ist die Hälfte der Welt". Sie war wichtigste Handelsstadt Persiens und es entstanden großartige Bauwerke, die heute zum UNESCO-Weltkulturerbe zählen.
Wir haben uns für die
kommenden drei Tage im selben Hotel wie im Jahr zuvor
eingebucht: Es ist angenehm, in eine
vertraute Umgebung
einzutauchen; wir fühlen uns dort sofort gut aufgehoben. Die
wichtigsten Sehenswürdigkeiten sind vom Hotel aus zu Fuß zu
erreichen, wir können somit unser Fahrzeug in einer Garage unter
Verschluss stehen lassen (Zufahrt zum Hotel
).
Am Ufer des Zayanderud, der mitten durch Isfahan fließt, treffen wir uns tags darauf mit der Familie eines Mathematikprofessors zum Picknick: Er hat in München promoviert und spricht fließend Deutsch; mit seiner Frau, einer Ärztin, können wir uns auf Englisch unterhalten.
Wir genießen die iranische Küche (Reis, Gemüse und Fleisch mit Joghurt), erfahren so einiges aus dem Alltag einer iranischen Familie und diskutieren einige aktuelle politische Themen des Landes.
Bei einem
anschließenden gemeinsamen Rundgang über den zentralen Meydan-e Iman
sehen wir, dass ein Teil des Platzes für ein Polospiel abgetrennt
wurde. Polo wurde in Persien schon im 6. Jahrhundert v. Chr.
gespielt, auf diesem Platz bereits vor 500 Jahren. Der Meydan-e
Iman zählt sicher zu den Schönsten seiner Art. Mit seinen
imponierenden Abmessungen von 510 x 170 Metern ist er der
zweitgrößte der Welt. Eingerahmt von zwei Moscheen, einem Palast
und einem Eingangstor in den Basar trefen wir wieder auf eine traumhafte
Kulisse zum Flanieren und Träumen. In diesen Tagen nach dem
iranischen Neujahrsfest Nowruz sind im ganzen Land für zwei Wochen
Ferien und so treffen wir auf viele Iraner aus allen Teilen des
Landes.
Wie im Jahr zuvor werden wir oftmals angesprochen, führen nette Gespräche und werden öfter fotografiert, als uns manchmal recht ist.
Auf unserem Besuchsprogramm steht noch die Lutfullah-Moschee, erbaut in den Jahren 1602 - 1619. Ihr besonderes Merkmal ist die 32 Meter hohe Kuppel, die sowohl innen als auch außen herrlich verziert ist. Im Basar erinnern wir uns an die Empfehlungen eines Iraners aus dem letzten Jahr, wo wir die besten Stoffdrucke und köstliches Gaz (eine örtliche Spezialität aus Pistazien, Kleehonig und Rosenwasser) als Mitbringsel erwerben können.
Viel zu schnell müssen wir wieder dieser
Stadt den Rücken kehren, unser Weg führt uns entlang des Flusses
Zayanderud zu seiner Mündung in einen großen Salzsee. Dieser Fluss
entspringt in den schneebedeckten Bergen gut 200 km westlich von
Isfahan. Insbesondere die historischen Brücken in Isfahan zeugen
von der möglichen Wasserkapazität dieses Flusses, doch der
unermessliche Wasserbedarf der Stadt und die intensive
Landwirtschaf lassen den Fluss bereits in Isfahan zu
einem
traurigen Rinnsal verkümmern, bevor das restliche Wasser im Salzsee
vertrocknet ...
Auf wenig befahrenen Straßen und Pisten fahren wir in Richtung Yazd, ebenfalls ein Ziel aus dem Vorjahr. Auf der Strecke passieren wir eine alte, zum Teil verfallene Karawanserei, die früher als Unterkunft und Raststätte für Durchreisende diente. Die Stadt Yazd liegt inmitten von Wüsten, flankiert von hohen schneebedeckten Bergketten. Die Tagestemperaturen liegen jetzt bereits bei 30°C, in den Sommermonaten wird es bis zu 50°C heiß.
Wir treffen wieder
den jungen Stoffhändler, mit dem wir uns schon im Vorjahr ausgiebig unterhalten hatten: Er offenbart uns, dass er illegal
nach Deutschland kommen möchte, da er im Iran nach seinem
BWL-Studium keine Perspektiven für seine persönliche
Weiterentwicklung sieht. Ausführlich erläutern wir ihm die
Asylproblematik in Deutschland und denken gemeinsam über legale
Alternativen nach. Mal sehen, was er in Zukunft machen wird,
wir wollen auf jedem Fall in
Mailkontakt bleiben ...
So faszinierend sich die Landschaft auch darstellt, so herausfordernd sind die Nächte hier für uns: Wir haben zwar die Kälte des Nordens hinter uns gelassen, dafür stürmt es auf den Hochebenen mehr denn je. In der dritten Nacht in Yazd beträgt die Sichtweite nur wenige Meter, sodass wir erst auf einem Parkplatz inmitten der Altstadt unsere Ruhe finden, bis der Muezzin uns bereits vor Sonnenaufgang weckt.
Der starke Wind bringt Regen und Kaltluft mit sich, danach ist die Luft wieder glasklar und wir sehen die grandiose Bergwelt mit Schneehauben so plastisch wie noch nie zuvor. Dieses Panorama begleitet uns anfangs auf unserem Weg in die im Nordosten gelegene Millionenstadt Mashhad.
Bald jedoch ändert sich die Landschaft und weicht weiten Wüstenebenen und Erosionslandschaften, wo über Hunderte von Kilometern kein Grün mehr zu sehen ist. Inmitten dieser Einöde sehen wir in einem eingezäunten Gelände zwei zerstörte amerikanische Hubschrauber und weitere Flugzeugteile; hier scheiterte im Jahr 1979 die Geiselbefreiungsaktion der Amerikaner im Sandsturm. Im herumfliegenden Sand und aufgrund der weitläufigen Umzäunung ergibt sich hier keine Gelegenheit für Fotos und wir folgen weiter unserem Weg zum nächsten Ziel ...
© 2016 Hans-Jörg Wiebe