Part 6 - Out of the Desert and into the Mountains
Ich war in dieser Nacht besonders gut eingeschlafen: Das noch lodernde Feuer erhellte mein Zelt in wohligen Farben und wiegte mich sanft in den Schlaf. Irgendwann in der Nacht kam dann ein Sturm auf, die Luftmassen zischten laut um die nahen Tafelberge, es regnete etwas. Zeitweise war der Wind so stark, dass das Zelt ohne mich als lebenden Ballast weggeweht worden wäre. Da ich eigentlich pieseln musste, war das in dem Moment ein Nachteil. Aber der Sturm legte sich schnell wieder, ich verrichtete meine Notdurft und fiel in einen tiefen Schlaf bis zum Morgen ...
Wir waren auf der Reise Frühaufsteher: Pünktlich um 6:00 Uhr klingelte der Wecker in Form des Handies. Das war einige Minuten vor dem Sonnenaufgang. So konnten wir die Sonnenzeit tagsüber ideal fürs Fahren verwenden, denn spätestens um 17:30 Uhr war Schluss und wir mussten ja vorher immer noch einen Rastplatz finden. Aber heute war unsere letzte Nacht in der Wüste. Noch etwa 35 km und wir würden Foum Zguid erreichen, jene kleine Stadt, die mit ihrer Straße den Schritt zurück in die Zivilisation bedeutete. Wir frühstückten in gewohnter Manier, aßen sogar einen Joghurt mehr als sonst und machten uns auf den Weg. Natürlich nicht, ohne vorher noch etwas in den Dünen zu cruisen. Da zuviel Show auch mal langsam fahren bedeutet, rammelte sich Dr. Grafe erstmal so richtig tief fest: So tief, dass nur ein kinetisches Bergeseil mit Verlängerung ihn befreien mochte. Gut, damit waren wir dann irgendwie auch quit ...
Wir fuhren mit Abkürzung zurück auf die Piste und trafen auf ... ja, auf was wir trafen, erzeugte merkliche Irritationen bei uns: Ein Konvoi aus drei Fahrzeugen. Landrover Defender mit einem Typen auf dem Dach, ein LKW mit Ladung und ganz vorne ein Container-LKW, in dem oben Leute saßen. Aber keine Einheimischen - nein, Europäer! Wir fragten uns, wie man auf die Idee kommt, sich hinten im LKW über solch grausige Schotterpisten schaukeln zu lassen. Ist das die neue Form von Abenteuer-Pauschal-Urlaub?
Irgendwann trafen wir auf die Straße und machten einen technischen Stopp: Wir checkten Radlager, Fahrwerk, Lenkung, Öle. Alles was nötig ist, um nun wieder sicher auf der Straße zu fahren. Dann kamen auch die LKWs an, die wir natürlich irgendwann überholt hatten. Uns war aufgefallen, dass direkt am Ende der Piste ein moderner Hightech Reisebus wartete. Und tatsächlich entlud man die LKW-Touristen direkt in den Reisebus. Ich war mehr als neugierig und spazierte rüber. Ahnend, dass es keine deutschsprachigen Kollegen waren, begann ich ein Gespräch in Englisch: Volltreffer - Es waren Briten, die sich dieser Tortur unterzogen hatten. Und einer meinte auch "You might think - what kind of idiots?" Aber ich meinte nur, wir wären nur irritiert gewesen und hätten das Gesehene nicht so bewertet. Es stellte sich heraus, dass die Gruppe wohl zuerst einen 120 km Fußmarsch durch die Wüste gemacht hatte und der zweite Teil aus dieser Beförderungsvariante bestand. Sie waren nun am Ende und würden luxuriös im 4 Sterne Bus gen Hafen fahren. Man lernt nie aus ...
Wir starteten unsere Maschinen und los ging wiederum unser zweiter Tourteil mit dem Schwerpunkt "Berge beglotzen": Direkt nördlich bis nahe Quarzazate und kurz vorher ab auf eine "Grüne Straße" Grün bedeutet in der Michelin 742 Karte "Sehenswerte Straße" - also eine Route durch optisch spannende Gegenden. Es handelt sich um die "P1506". Diese Strecke fängt lau an und wird dann immer atemberaubender: Man fährt vorbei an mehrere hundert Meter tiefen Tälern an steilen Hängen, bis auf knapp 2.000 m. Die Strecke ist stark verwinkelt und man braucht eine ganze Weile, doch die Aussicht entschädigt für alles. Wir bekamen noch etwas Regen, aber das gehört einfach dazu ...
Direkt im Anschluss folgte wieder auf der Hauptstraße angekommen die Querung des hohen Atlas: 2.200 m ist der Pass hoch und die extrem gut ausgebaute Straße ist sicher ein Augenschmaus für jeden Sportwagenfahrer. Dutzende engster Serpentinen schlängeln sich an berauschenden Abgründen durch das Felsmassiv. Es wurde immer dunkler und die Straße schien kein Ende zu nehmen. Wir erreichten das Ende des Atlas erst nach Einbruch der Dunkelheit. Zwischenzeitlich feilschte Patrick noch mit einem Straßenhändler um gefüllte Steine: Ich wette zwar, dass die alle gefälscht sind, aber sie sehen dennoch sehr schön aus ...
Am späten Abend erreichten wir endlich Marrakech, jene mystische Supermetropole Marokkos. Mit Hilfe der genauen Google Satfotos, in denen viele Dinge eingezeichnet sind, fanden wir schnell ein Ibis Hotel für die Nacht. Wir speisten zum Abendbrot Entrecotè Steak, das von der Qualität her etwa einem Stück Gammelfleisch an "Bienes Bahnhofsimbiss" entsprach. In der Bar ließen wir den Abend ausklingen und gingen bald zu Bett: Morgen würde ein langer Tag werden und etwas Ruhe tanken konnte nicht schaden. Die Autos standen gut bewacht vor der Tür und wir fielen gut "behüttet" ins Bett ...
© 2011 Andreas Pflug
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