Wärmebilddrohnen in der Landwirtschaft: 

Hilfe bei Rehkitz- und Wildtierrettung   

Europäisches Reh (Bild: nathalieburblis (CCO-Lizenz) / pixabay.com)

Jedes Jahr bringt die Heumahd in Deutschland eine tödliche Gefahr für viele Rehkitze und andere Wildtiere mit sich: Statistiken zufolge fallen jährlich mehr als 100.000 Kitze und Jungtiere den Mähmaschinen der Landwirtschaft zum Opfer. Anstatt vor den Maschinen zu flüchten, verharren die Rehkitze aufgrund des sogenannten Drückreflexes reglos auf dem Boden. Das macht sie für Landwirte nahezu unsichtbar.

Eine Möglichkeit, das Problem der verletzten Rehkitze bei der Heumahd anzugehen, sind Wärmebilddrohnen. Sie ermöglichen es, Wiesen schnell und zuverlässig abzusuchen, noch bevor die Mähmaschinen eingesetzt werden. Dafür stehen seit Kurzem sogar finanzielle Förderungen zur Verfügung. Wie Drohnen bei der Rehkitz- und Wildtierrettung helfen können, erläutern wir in diesem Beitrag - ein wichtiges Thema nicht nur für überzeugte Tierschützer!

Gefahren und Konsequenzen unvorhergesehener Mähunfälle

Alex mit M30T Drohne: Die Suche beginnt ... Etwa fünf Millionen Hektar Fläche werden in Deutschland als Grünland für landwirtschaftliche Zwecke genutzt. Diese Flächen sind nicht nur wirtschaftlich für die Landwirte von Bedeutung, sondern erfüllen auch eine entscheidende ökologische Funktion, indem sie wichtigen Lebensraum für die heimische Tierwelt bereitstellen. Insbesondere für Rehkitze, die in den ersten Wochen nach ihrer Geburt von ihren Müttern an optisch geschützten Orten abgelegt werden, spielen diese Grünflächen eine wichtige Rolle. Denn die Ricken wählen oft hohe Wiesen aus, um ihre Tierkinder vor natürlichen Feinden zu schützen.

Nähert sich Gefahr, reagieren die Rehkitze – anders als ihre erwachsenen Artgenossen – mit dem sogenannten Drückinstinkt. Anstatt zu fliehen, verharren sie regungslos im hohen Gras, um keine Aufmerksamkeit zu erwecken. Zur gleichen Zeit fällt die Heumahd an, weil der Landwirt Futter für seine Tiere benötigt. Grundsätzlich stehen Landwirte zwar laut Tierschutzgesetz in der Verantwortung, die Wiesen vor der Mahd nach Tieren abzusuchen – allerdings stellt diese Aufgabe aufgrund der hohen Flächenleistung eine echte Herausforderung dar. Hinzu kommt, dass die Wildtiere im hohen Gras so gut wie unsichtbar sind.

Nähert sich nun eine Mähmaschine, haben die jungen Tiere meist keine Chance – und werden im hohen Gras unbemerkt erfasst. Die Folgen eines solchen Mähunfalls sind nicht nur für die betroffenen Rehkitze verheerend, sondern stellen auch eine Gefahr für andere Tiere dar, wenn die Überreste der Tiere unbemerkt im Gras verbleiben. Denn durch die Verwesung können sich gefährliche Giftstoffe bilden, die tödliche Krankheiten wie Botulismus verursachen können, wenn sie in das Futter gelangen, das von Nutztieren konsumiert wird. Sobald das Bakterium einmal ins Futter gelangt ist, verbreitet es sich sehr schnell, so dass in der Regel sehr viel Futter entsorgt werden muss. Ein weiteres Problem stellt die Kontamination von landwirtschaftlichen Maschinen dar, wenn Überreste verwester Tiere in deren Mechanismen gelangen. Das betrifft vor allem Maschinen zur Futterverarbeitung und -verteilung. Um die Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern, müssen die Maschinen sorgfältig gereinigt und desinfiziert werden – eine zeit- und kostenintensive Aufgabe. Die Kontamination kann sogar zu Schäden an der Maschine führen.

Moderne Drohnen als Revolution in der Rehkitzrettung

Alex hat "Beute" gemacht! Die Lösung: Wärmebilddrohnen, durch die sich die Anzahl der Mähunfälle deutlich reduzieren lässt. Im Vergleich zu anderen Suchmethoden wie dem Aufstellen von Blinklichtern oder Scheuchen, die keinen echten Schutz bieten, liegt der Erfolg bei der Rehkitzrettung mit Drohnen um ein Vielfaches höher. Der Grund: Mit Hilfe von Drohnen lassen sich pro Stunde große Flächen von bis zu 40 Hektar überfliegen, um Rehkitze im hohen Gras zu lokalisieren und sie aus den Wiesen zu bergen. Drohnen revolutionieren aber nicht nur die Rehkitzrettung – sie können auch andere landwirtschaftliche Prozesse, so zum Beispiel die Ausbringung von Dünger oder Saatgut, erleichtern.

Durch den Einsatz von Drohnen können die Felder bewirtschaftet werden, ohne den Boden zu verdichten. Multispektraldrohnen ermöglichen es zudem, Daten über den Nährstoffgehalt der Böden zu erfassen, die dann in moderne Maschinen übertragen werden können, um die Ausbringung von Spritz- und Streumitteln zu optimieren. Dadurch wird eine deutlich effektivere Bewirtschaftung der Felder ermöglicht.

Rechtliche Anforderungen für den Drohneneinsatz

Erfolgreiches Flugerät: Drohne M30T-17 am StartIm Grunde genommen ist es jedem Landwirt erlaubt, eine Agrardrohne zu erwerben und für landwirtschaftliche Zwecke zu nutzen. Allerdings sind bei der Nutzung bestimmte Voraussetzungen zu beachten, die je nach Region variieren können. Nicht selten ist eine Genehmigung von den nationalen Luftfahrtbehörden erforderlich, um Drohnen gewerblich einzusetzen. Die geltenden Vorschriften betreffen zum Beispiel Flughöhen und Flugverbotszonen. Darüber hinaus ist ein Drohnenführerschein Pflicht, der theoretische und praktische Prüfungen rund um die Themen Luftrecht, Meteorologie und Flugplanung beinhaltet.

Zusätzlich ist für jede Drohne eine Haftpflichtversicherung erforderlich, die Schäden gegenüber Dritten abdeckt. In bestimmten Bereichen wie beispielsweise Flughäfen, militärischen Einrichtungen oder Naturschutzgebieten müssen darüber hinaus entsprechende Genehmigungen eingeholt werden.

Weitere Einsatzmöglichkeiten von Drohnen in der Landwirtschaft

Neben der Rehkitzrettung sind Drohnen in der Landwirtschaft vielfältig einsetzbar: So gibt es zum Beispiel Sprühdrohnen, die hauptsächlich zur Ausbringung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln verwendet werden. Streudrohnen sind ideal für die Verteilung von Saatgut und Granulatdüngern. Darüber hinaus gibt es Multispektraldrohnen, die mit Kameras ausgestattet sind, um Bilder in verschiedenen Wellenlängenbereichen aufzunehmen.

Diese Bilder ermöglichen eine detaillierte Analyse der Pflanzenvitalität und des Gesundheitszustands der Kulturen, um frühzeitig Nährstoffmängel oder Schädlingsbefall zu erkennen. Drohnen zur Kartierung erstellen hochauflösende Luftbilder und dreidimensionale Modelle von landwirtschaftlichen Flächen. In der Wildschadensvermessung wiederum können Drohnen dabei helfen, die von Tieren zerstörten Flächen zu finden und zu dokumentieren.

Drohne war erfolgreich: Kitze lebt!Autonome Systeme sind ebenfalls auf dem Vormarsch. Alle Drohnen, die aktuell in der Landwirtschaft eingesetzt werden, fliegen bereits autonom. Die Flugrouten können im Voraus geplant und danach automatisiert abgeflogen werden.

Die Kosten für derart ausgereifte Agrardrohnen bewegen sich im höheren fünfstelligen Bereich. Wärmebilddrohnen zur Rehkitzrettung sind bereits für 6.500 bis 7.000 Euro zu haben. Zudem gibt es in beiden Fällen Fördermittel, die den Kauf von landwirtschaftlich genutzten Drohnen unterstützen.

Fazit

Die Landwirtschaft befindet sich im Wandel – mit der Folge, dass immer mehr Landwirte die zahlreichen Vorteile der Automatisierung erkennen und auf digitale Innovationen wie Drohnen setzen. Die Effektivität dieser Technologien in spezifischen Anwendungsbereichen ist bereits jetzt deutlich erkennbar – sei es nun bei der Rehkitzrettung oder bei anderen Aufgaben, die die Landwirtschaft betreffen. Auf lange Sicht wird der Einsatz von Drohnen für landwirtschaftliche Zwecke nicht nur dazu beitragen, Landwirte deutlich zu entlasten – er wird auch die Effizienz landwirtschaftlicher Prozesse steigern und den Schutz heimischer Tierarten verbessern.

Über den Autor:

Alexander Mohr ist Geschäftsführer der Copterpro GmbH. Mit seinem Team bietet er einen umfassenden Service rund um den Drohneneinsatz an – von der Beratung über den Kauf bis hin zur Wartung und Reparatur. Interessierte haben außerdem die Möglichkeit, an der Academy der Copterpro GmbH an Schulungen teilzunehmen und per Online-Kurs den großen Drohnenführerschein zu absolvieren. Der gelernte Hubschrauberpilot kennt den Luftraum seit Langem; als passionierter Jäger setzt er sich außerdem für den Drohneneinsatz in Jagdgebieten ein.


© 2024 Alexander Mohr, Copterpro GmbH


DJI Mini 4 ProAnm. der Red.: Mehr zur Geschichte der Drohne

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