Österreich ´98 (II)
Sport Camp Huber Landeck/Tirol
Anfang September, der Urlaub liegt hinter uns, da greifen wir dankbar die Idee von Walter (TROLL01, für CB-Funker!) auf: ein Kurztrip ins Sport Camp Huber nach Landeck in Tirol.
Am gleichen Tag ist der Explorer wieder gepackt und ab geht es über Garmisch, Fernpaß, Imst bis nach Landeck. Ein Autobahn-Pickerl brauchen wir nicht, denn die paar Kilometer sind auf der Landstraße schnell gefahren, zumal man sowieso ein Stück Autobahn ohne Gebühr (wegen Bauarbeiten nach Murenabgang!) befahren muß.
In Landeck läßt man den ersten Campingplatz im wahrsten Sinne des Wortes links (bzw. rechts) liegen, wühlt sich durch zwei Kreisverkehre in Richtung Arlberg bis zum Ortsende durch. Hier erwartet uns eine Campingwiese mit Apfelbäumen, jeder Menge Wildwasserkajaks und muffelndem Neopren auf den Wäscheleinen. Da kommen Erinnerungen hoch - an die Zeit, als ich noch aktiv als Vorderfrau im Wildwasserkanadier fuhr und eine gewisse Wehmut macht sich breit. Wir suchen uns einen Platz an der Sanna, die - begradigt - am Campingplatz vorbeirauscht. Wie ein Kanadier einst so schön feststellte: Ihr seid das Land mit graden Flüssen und krummen Straßen ...
Dennoch hier ist ein El Dorado für Wildwasserfahrer! Beim Abendessen im "Platzlokal" (eher weniger zu empfehlen) studieren wir das komplette Angebot:
- Rafting auf dem Inn durch die Imster Schlucht (die Ötztaler Ache ist wegen hohem Wasserstand gesperrt)
- Schluchting - Abseilen und Wildwasserschwimmen mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden)
- Hydrospeed - halb auf einem Brett liegend durch das Wildwasser rasen
- Kajak und Kanadier fahren auf Sanna, Inn, Ötztaler Ache
Und zum anschließenden Durchtrocknen und Aufwärmen gibt es noch
- Bungee springen im Pitztal
- Montain Biken durch die umliegenden Berge.
Wir entscheiden uns für das Rafting, zumal Walter in der Nacht mit Freundin kommt, und sie hat nie etwas mit Wildwasser gemacht.
Am nächsten Morgen - gestärkt von den Semmeln und Kipferln der Bäckerei, die direkt am Campingplatz bereits in der Nacht den duftenden Backbetrieb aufnimmt, melden wir uns an und sollen uns um 13:30 Uhr zum Einkleiden in der Kleiderkammer wieder einfinden.
Als es soweit ist, ziehen wir uns Badeanzug bzw. Badehosen an, Schlappen oder Gummistiefel und drüber einen Regenumhang, da ein eiskalter Wind geht. Das muß doch reichen.
In der Kleiderkammer gibt es ja schließlich alles, was das Rafterherz begehrt: Neoprenanzüge und Jacken und Helme und Neoprenschuhe. Wir zwängen uns rein und steigen zünftig in einen der bereitstehenden Busse ein. Regenumhänge und Schuhe nehmen wir mit - komisch nur, daß außer uns kaum jemand so ausschaut!
Nach 20 Minuten Fahrt sind wir an der Einstiegsstelle. Unser Busfahrer verwandelt sich in Charlie (unseren Raftingguide) und sofort geht es zur Sache: Schlauchboot aufpumpen, Paddel-Kommados auf dem Trockenen üben. Sich fest mit den Füßen in den Bodenschlaufen verankern und in der Luft paddeln: rechts vorwärts, links rückwärts, alle nach rechts legen, alle nach links legen, alle ins Boot usw. Es geht drunter und drüber und Charlie schreit sich die Seele aus dem Leib. Da wird einem selbst bei den 14°C, die wir haben, warm.
In unserem Boot sind die Männer in der Minderheit und die Frauen gehören zu der eher zurückhaltenden, zögerlichen Sorte, was sich beim Tragen des Boots leider sofort bemerkbar macht. Kaum eine der "Damen" hält es für nötig, mitzuhelfen. Da kann man über seine Geschlechtsgenossinnen schon mal sauer werden ...
Am Inn springen wir (3 Leute der 10-köpfigen Besatzung) erstmal ins Wasser (7°C !), aber unsere Neoprenanzüge saugen sich voll und wärmen sich bald auf - zumindest reden wir uns das ein. Alle Mann / Frauen ins Boot und ab geht die Reise. Zuerst ein wenig paddeln, dann den ersten Schwall hinterunter kreiseln - (man dreht das Boot so schnell es geht im Kreis).
Dann will Charlie zeigen, wie Leute, die über Bord gehen, wieder ins Boot gehievt werden. Da sich kein Freiwilliger meldet, zögere ich nicht und springe als Anschauungsobjekt rein. Durch Charlies beherztes Ziehen an der Schwimmweste bin ich jedoch genauso schnell wieder drin im Boot ...
Wer gedacht hat, damit ist die Übung abgeschlossen, irrt. Alle müssen in den Inn. Und da einige meutern und sich weigern, helfen Charlie und ich nach, bis alle ins Wasser verfrachtet sind. Rechtzeitig zum nächsten Schwall sind alle wieder im Boot, naß wie die Pudel, aber irrsinnig erfrischt. Wir paddeln im Schwall, was das Zeug hält, von Gleichtakt nichts zu sehen und nichts zu spüren, und ständig haut mir die Hinterfrau ihr Paddel auf mein Paddel oder meinen Po oder was sie sonst noch so treffen kann. Auch ist nun offensichtlich, daß Charlie trotz perfekt gebrüllter Anweisungen einfach ignoriert wird. Könnte es sein, daß die Weiber nicht nur blöd und zimperlich sind, sondern auch noch schwerhörig?
Lange kann man darüber nicht nachdenken, wir fahren nun ein Kehrwasser an - es klappt so leidlich und weiter geht die Hatz. Auf den ruhigeren Passagen erzählt uns Charlie von den Gefahren hinter der nächsten Kurve - Spannung muß sein - , aber wir meistern alles gut und je mehr es tost um uns, desto größer der Spaß ...
Viel zu schnell sind wir an der Ausstiegstelle in Haiming (Anm. der Redaktion: Ein Ort, den wir übrigens 3 Jahre später beim Outdoorfest von Süd-West wieder besuchen werden). Das Anlegemanöver klappt, nur muß das Boot jetzt einen Steilhang raufgezogen und geschoben werden. Mit unserer "Crew" ein schier unmögliches Vorhaben, aber mit Fluchen, Hängen und Würgen wird es geschafft. Oben angekommen verlangt man von uns, daß wir die Neoprenanzüge ausziehen. Nur ein Bus steht da, darin lediglich unsere Gummistiefel, Schlappen und Regenumhänge. Andere Teilnehmer waren schlauer und haben ihren halben Kleiderschrank im Bus deponiert. Dieser eine Bus fährt nur die Bootsführer zu den anderen Bussen, damit die uns mit den anderen Bussen wiederum holen können.
Angekündigte Wartezeit ca. 30 Minuten, die man in der ortsansässigen Gastronomie verbringen soll. Also es hilft keine Diskussion, wir müssen raus aus dem Neopren. Es wird immer kälter und es nieselt und so stapfen wir fast nackt unter unseren Regenumhängen in das Café. Das Gefühl von eiskaltem feuchtem Nylonstoff auf nackter Haut werde ich nicht so schnell vergessen, einfach nur pervers.
Zum Glück habe ich als einzige ein paar Schilling eingesteckt, es dürfte für 4 Getränke reichen. Welch Auftritt im Café! Wir lassen notgedrungen unsere Umhänge an, unten schauen nasse haarige Beine in Badeschlappen oder Gummistiefeln raus, oben sind es die nassen verwuschelten Köpfe (wir haben weder Handtuch noch Kamm dabei). Zuerst haben wir den Eindruck, wir werden von der Bedienung ignoriert, aber als ich dann am Tresen die Getränke ordere, werden wir bedient.
Aus 30 Minuten wird schnell eine Stunde, unsere Stimmung wird immer ausgelassener, denn mit so einem Outfit muß einem nichts mehr peinlich sein. Bevor jedoch alles ausufert, kommt der Bus und bringt uns zurück zum Campingplatz.
Das Aufwärmen geht schnell - Tee und Rum tun einiges dazu. Walter
hat für uns einen Gartenpavillon aufgebaut, während seine
mitgebrachten thüringischen Bratwürste mit unseren Bratkartoffeln
um die Wette brutzeln.
Wir essen, trinken und ratschen und erzählen uns Paddellatein bis spät in die Nacht.
Am nächsten Tag fahren wir - bevor es zurück nach Hause geht - noch kurz die Sanna hoch, schauen uns eine schöne Prallwand an und beobachten einige Kajakfahrer. Da wollen wir das nächste Mal runter fahren, sicher mit Hydrospeed ...
© 1999 Sixta Zerlauth, Bilder: Walter Troll