Ernüchterung in der Unterkunft
Das Apartment war kompakt, aber es bot dennoch alles, was man für einen kurz- bis mittelfristigen Aufenthalt benötigt. Neben einer kleinen Küchenzeile gab es auch eine Waschmaschine und einen Mini-Balkon. Vom elften Stock aus hatte man einen guten Blick auf das Umfeld von Tiflis.
Ernüchterung machte sich allerdings breit, als wir uns das Bett ansahen: Für 14 Euro die Nacht kann man nicht viel erwarten, aber ein halbwegs vernünftiges Bett wäre schon gut gewesen. Schließlich sind das auf den Monat gerechnet (30 × 14 Euro) 420 Euro - viel Geld für Georgien!
Schnell fand ich heraus, warum das Bett so wackelte und instabil war: Anstelle eines gewöhnlichen Beins für den Lattenrost hatte jemand improvisiert, ich möchte nicht sagen, gepfuscht: Ich staunte nicht schlecht, als ich einen Stapel Bücher zur Unterstützung des Lattenrostes sah. Kein Wunder, dass sich das Bett bei jeder Bewegung aufschaukelte.
Wir hatten das Airbnb eigentlich für 14 Tage gebucht, aber ein vernünftiges Bett muss schon sein. Schließlich ist es das Wichtigste in jedem Hotelzimmer, Apartment oder Guesthouse oder kapieren das die Georgier nicht?
Es war mittlerweile spät und wir wollten die Vermieterin erst am nächsten Tag über die Situation informieren. Also beschlossen wir, die Weinflasche zu leeren und am nächsten Tag darüber zu sprechen.
Kontakt mit der Vermieterin und kein Wasser mehr
Natürlich wusste die Vermieterin von nichts, als wir sie am nächsten Tag über die Airbnb App kontaktierten: Keiner der Gäste hätte sich jemals beschwert und ihre Reinigungskraft hätte es ebenfalls nicht bemerkt ... HA HA HA! Das sollte wohl ein Witz sein oder eher eine offensichtliche Lüge, dachte ich.
Ich hatte keine Lust auf Streit und so beschwerten wir uns direkt bei Airbnb: Nach zahlreichen Gesprächen und Abbrüchen der Verbindung mit indischen Servicemitarbeitern erhielten wir schließlich die Zusage der Vermietungs-Plattform, die Vermieterin zu kontaktieren.
Zu diesem Zeitpunkt lief übrigens auch kein Wasser mehr aus dem Hahn: Wir waren nun wirklich sauer und riefen erneut die Vermieterin an. Mit Textnachrichten nimmt uns keiner ernst, dachte ich. Sie entschuldigte sich für das Wasserproblem, angeblich würde man Arbeiten durchführen und das Wasser wäre spätestens um 18:00 Uhr zurück. Nun auch noch das!
Natürlich lief das Wasser nicht wie versprochen am Abend wieder, auch nicht am nächsten Morgen. Wir hatten inzwischen die Schnauze voll und wollten einfach nur noch raus aus der Bude.
Kein Wasser bedeutet auch keine Toilettenspülung, kein Händewaschen, nichts. Ich kapierte nun auch, warum so viele 8 Liter Wasserbehälter unter der Spüle standen. Auch in Facebook-Gruppen informierte ich mich: Angeblich wären Wasserprobleme in vielen Stadtteilen von Tiflis sehr geläufig. Die Leitungen wären alt und es müssten häufig Wartungsarbeiten durchgeführt werden, las ich.
Wenigstens hatte die Vermieterin nachgegeben und wollte uns stornieren lassen. Nach langem Hin und Her mit Airbnb und der Vermieterin sowie verlorenen Nerven konnten wir die Bude endlich stornieren: Allerdings zahlten wir für die zwei Nächte nun nicht 2 x 14 Euro, sondern 2 x 19 Euro, weil wir den Wochenrabatt nicht mehr bekamen. So viel zum Thema Airbnb und Mieterschutz: Mit denen nie wieder!
Erst mal eine lokale Sim-Karte kaufen ...
Das nächste Apartment haben wir über Booking.com gebucht. Allerdings mussten wir erst mal eine lokale Sim-Karte kaufen: Gesagt, getan. Über Google Maps hatten wir den nächsten MagtiCom-Store ausfindig gemacht und über die Bolt-App ein Taxi gerufen. Der alte klappernde Mercedes kam nach wenigen Minuten. Von Freundlichkeit der Georgier war bis zu diesem Zeitpunkt eher wenig zu bemerken. Dabei sollten sie doch so gastfreundlich sein?
Stattdessen kamen mir besonders die älteren Herren sehr grummelig vor, so auch auch unser Taxifahrer. Beim Vorbeifahren an jeder Kirche in Sichtweite "warf" er stets ein riesiges Kreuzzeichen über sich. Wenigstens war die 15-minütige Fahrt mit umgerechnet 1,50 Euro spottbillig. Zu dieser Zeit kostete das Benzin auch nur etwa 60 Cent pro Liter.
Im Telefonladen sprach man fließend Englisch, die Verständigung war wirklich einfach. Für die Aktivierung der Sim-Karte benötigten wir nur den Reisepass, den wir zum Glück dabei hatten. Bereits wenige Minuten später funktionierte unsere lokale Sim-Karte und waren mit dem Internet verbunden. Übrigens kostete eine Sim-Karte einschließlich unlimitiertem Datenvolumen im Mai 2021 nur etwa 5 Euro - für den ganzen Monat wohlgemerkt!
Mittlerweile (Ende 2023) kostet die Sim-Karte allein bereits 3,50 Euro plus etwa 13 Euro für das unlimitierte Monatspaket. Ein ganz schöner Aufschlag, der nicht nur der Inflation und dem Krieg, sondern auch dem stärkeren Lari-Wechselkurs zu verdanken ist ...
Endlich Sightseeing in Tiflis
Tiflis ist sehr speziell. Wer noch nie in einem östlichen Land war, wird vermutlich erst einmal geschockt sein: Alte, kaputte Gebäude, laute Autos, aggressiver Verkehr und mürrische Gesichter. Zwischendrin viele junge Georgier in ihrem Hipster-Outfit. In der modernen Türkei haben sie sich besser gekleidet, dachte ich. Na klar, Georgien war ja auch lange Zeit Teil der Sowjetunion ...
Erst im April 1991 haben sie ihre Unabhängigkeit erklärt. Seitdem sind schon über 30 Jahre vergangen. Seit einigen Jahren strebt das kaukasische Land an, in die EU aufgenommen zu werden. Bis dahin ist es vermutlich noch ein langer Weg.
Aber ich möchte hier nicht von negativen Eindrücken berichten, sondern das schöne Georgien vorstellen: Wie schon gesagt, ist Tiflis sehr speziell. Die Hauptstadt ist grob in vier Viertel eingeteilt, wovon sich jedes sehr unterscheidet.
Neben alten gibt es noch ältere Gebäude und zwischendrin das moderne Tiflis: Einen Neubau neben einem alten Sowjetblock zu sehen, ist ein Clash für die Augen, auch wenn es eigentlich interessant aussieht. Im Sololaki-Viertel kann man aber auch viele Gebäude im Jugendstil bestaunen, der erst Anfang des 20. Jahrhunderts aufkam. Diese alten Häuser mit ihren Holzbalkonen und zahlreichen verspielten Elementen gefallen mir besonders gut.
Um das Tal herum, in dem Tiflis liegt, stehen entfernt außerdem zahlreiche orthodoxe Kirchen. Für die Georgier ist Religion ein wichtiges Thema. Die alten Steinkirchen sehen toll aus, vor allem die Wandmalereien und Fresken im Inneren sind nett anzusehen. Wer allerdings eine gesehen hat, hat alle gesehen, behaupte ich mal vorsichtig. Mittlerweile war ich schon mehrmals in Georgien und die Kirchen sind wirklich ähnlich. Meist handelt es sich um eine dreischiffige Basilika mit Kuppelaufbau und roten Ziegeldächern.
Tiflis hat aber noch mehr Sehenswürdigkeiten zu bieten: Dem alten Bäderviertel, dem täglichen Antiquitäten-Flohmarkt und einem Metrosystem aus der Sowjetzeit steht das moderne Tbilisi gegenüber. Im Herzen Tiflis gelegen ist der Rike Park mit seiner ultra-modernen Brücke. Auch das Glasgebäude der öffentlichen Behörde sieht eher nach Zukunft aus. Vor allem als Erstbesucher in Georgien wird man häufig ins Staunen geraten ...
© 2023 Tom Bischoff