Tag 13, Donnerstag, 22. Juli 2010: Vom Christina Lake über Republic und Okanagan nach Winthrop, USA

(ca. 290 km)

Wir hatten uns entschlossen, schon heute in die Staaten zurückzukehren, um uns auf kleinen Straßen durch State Washington nach Seattle durchzuschlagen. Am Golfclub vorbei erreichen wir bereits nach wenigen Kilometern die Grenze: Ohne längere Fragen dürfen wir in die Staaten einreisen. Auf guten Straßen gelangen wir über Orient bis nach Kettle Falls am Rosevelt Lake. Hier biegen wir auf die 20er ein und fahren nach Westen in Richtung Republic. Kurz hinter dem Sherman Pass haben wir am White Mountain Fire Overlook eine gute Aussicht über vor nicht zu langer Zeit abgebrannte Wälder ...

Der Ort Republic erinnert uns an die alten Bilder des wilden Westens, nur ohne Pferde. Bis zum Mittag fahren wir noch durch dicht bewaldete Berge und weites Grasland, am Straßenrand begegnen uns einige wenige Radfahrer - ach, haben wir es doch so schön einfach!

In Tonasket kehren wir im Restaurant Shannon's Cafe & Deli zum Mittagessen ein. Danach heißt es wieder weiter: Auf der 20er (State Frontage Road 97) vorbei an Omak bis Okanagan, wo es zwar einen sehr schönen See gibt, die Hotels aber entweder belegt oder unerschwinglich teuer sind.

Das hat aber auch etwas sehr Gutes in unserer Situation: Schon bald sitzen wir wieder auf unseren Harley's und fahren weiter auf der 20 in Richtung Westen. Die Landschaft hat sich seit Tonasket geändert: Die graubraune Erde ist nur noch von wenig Grasland, Bäumen oder Obstplantagen durchsetzt ...

Rast am White Mountain Fire Overlook ... Auf der Main Street von Republic ...

Der nicht mehr ganz neue Belag dieser kurvigen Straße bringt uns aber einen gewaltigen Fahrspaß: Nach der Ankunft in Winthrop ist Roland richtig begeistert von dem letzten Stück unserer Strecke - ich glaube, dass sein Auspuff oder aber der Seitenständer einige Kratzer abbekommen haben ...

Wir beziehen unsere Zimmer im Americas Best Value Cascade Inn - ein sauberes Motel mit Pool und normalem Preis. Nur 200 m entfernt gehen wir im East 20 Pizza zum Abendessen: Die Pizzen sind gut und das Bier ist frisch, im Motel sitzen wir später noch lange im Garten bis es dunkel wird.

Wieder mal ein rundherum gelungener Tag: Alle sind begeistert über die heutige, nach den hohen und endlosen Bergen Kanadas stark veränderte Landschaft. Auch die beiden folgenden Tage schließen sich reibungslos an das bisher erlebte an ...

Tag 14, Freitag, 23. Juli: Von Winthrop durch den North Cascades NP nach Oak Harbor auf Whidbey Island

(ca. 350 km)

Wilder Westen, wären da nicht die Autos: Hier wäre Linksabbiegen richtig gewesen ...Nach einem einfachen Frühstück führt uns der Weg in den historischen Teil von Winthrop - leider verpassen wir jedoch die Abzweigung nach Westen, die alten Häuser faszinieren uns zu stark.

Wo geht es hier Nachhause ..???Also passiert erstmalig etwas, das es bisher so auf unserer Reise noch nicht gab: Wir verfahren uns und landen schließlich im Nirwana. Nachdem die Straße unbefestigt wird und wir schon einige Kilometer durch ein Tal mit verkohlten Baumstümpfen fahren, erreichen wir einen sandigen Platz.

Ab hier ist kein fahrbarer Weg mehr erkennbar: Also heißt es umkehren und die geschätzten 40 km zurück nach Winthrop. Unterwegs treffen wir auf einen weiblichen Ranger des Nationalparks: Sie erzählt, dass sich doch ab und zu Leute verfahren und dann hier oben stranden, nicht weit von der kanadischen Grenze entfernt ...

Also passen wir nun besser auf und fahren auf breiten Straßen hinauf zum für mich "schönsten Pass" der Reise - dem Washington Pass. Die gesamte Strecke innerhalb des North Cascades Nationalparks kann ich nur als unbeschreibbar schön bezeichnen - diese Straße darf auf keinen Fall fehlen bei einer Motorradreise im Westen von Kanada und den USA!

Auch die folgende Strecke hinab zum Ross und Diablo Lake ist vom feinsten: Das türkisblaue Wasser des Diablo Lake zu sehen ist eine Wucht - wir sind fasziniert!

Nachdem wir diese grandiose Bergwelt verlassen haben und uns die Ebene wieder hat, gehen wir in Marblemount im "Marblemount Diner" Mittagessen: Es gibt sehr feinen Salmon und frische Salate.

Ab jetzt ist es vorbei mit Bergen und endlosen Wäldern, auf breiten Straßen geht es weiter nach Burlington, bevor wir in Richtung Anacortes abbiegen. Wir überqueren eine Brücke und halten uns weiter südlich, der No. 20 Richtung Whidbey Island folgend. Ab hier führt unsere Route durch saftiges Grasland und einzelne Waldstücke ...

Washington Pass: Sollte bei keiner Reise in diese Gegend fehlen ... Aussicht am Diablo Lake ...

In Oak Harbor ist es wieder mal Zeit, nach Übernachtungsmöglichkeiten zu suchen: Hubert und ich finden im Best Western Harbor Plaza noch ein Nichtraucherzimmer, die anderen vier bekommen im Coachman Inn zwei Zimmer - leider nur noch Raucherzimmer. Nach einer kurzen Ruhepause gehen wir gemeinsam in das ca. 1 km entfernte Flyers Restaurant und Brewery: Eine zwar urige, aber sehr laute Brauereikneipe mit nur durchschnittlichem Essen. Es gibt sicher besseres in Oak Harbor!

Insgesamt sind wir aber durchaus angetan von dieser Insel: Mit Ausnahme der Hauptstraßen ist es ruhig. Somit ist diese Insel ein Paradies für Wochenendhäuser, kleine Farmen und Rentnersiedlungen. Auch die Küste ist nicht weit.

Nach der langen Fahrt schlafe ich tief und fest: Morgen werden wir die letzte Tagesetappe antreten, zurück nach Seattle ...

Tag 15, Samstag, 24. Juli: Von Oak Harbor / Whidbey Island nach Seattle

(ca. 260 km)

Noch ein Foto vor dem Hotel bevor wir den letzten Reisetag beginnen, die 20 bringt uns nach Süden zum Fähranleger in Keystone Harbour. Hier folgt das Malheur: Diesmal erwischt es Hubert und mich. In Sichtweite der Fähre fühlt sich das Motorrad sehr schwammig an - Diagnose: Plattfuß hinten. Da Roland das beste Englisch spricht, übernimmt er die vielen nun folgenden Telefongespräche. Um es kurz zu machen, nachdem uns die Vermietstation nicht wirklich helfen kann, findet Roland eine Harley-Werkstatt in Silverdale.

Sie wollen die Maschine in Port Townsend auf einen Hänger laden, um den Platten in der Werkstatt zu reparieren. Glücklich über dieses Angebot kaufen wir Tickets für die Fähre nach Port Townsend: Wir müssen uns beeilen, da die Fähre schon anlegt. Im Zielort angekommen wartet dort bereits das Fahrzeug mit dem Hänger. Nach dem die defekte Maschine verladen ist, fahren Hubert und ich im Pickup mit. Die anderen folgen auf ihren Bikes ...

Großes Lob: Gregg Shaffer von Legend Harley... Sonnenschein, Musik und Barbecue helfen ...

In der Harley Werkstatt in Silverdale ist Tag der offenen Tür mit Musik und Barbecue: Sonnenschein und willkommene Abwechslung helfen uns über die Zwangspause hinweg. In der Werkstatt bezahlen wir schließlich den neuen Reifen, das Abholen wird nicht berechnet: Das ist richtig guter Service!

Wir bedankten uns vielmals bei Gregg Shaffer und machen uns auf den Weg: Die Straße No. 16 führt uns zunächst in Richtung Tacoma, von hier aus geht es auf dem Hwy 5 nach Norden, Richtung Seattle.

Sharp's RoastHouse, eine gute Adresse ...Im Gateway Hotel haben wir wieder Zimmer reserviert: Gleich neben dem Hotel, im Sharp's RoastHouse, hatten wir schon am Anreisetag gut gegessen. Also machen wir uns frisch und genießen das letzte Abendessen einer fantastischen Reise ...

Sonntag, 25. Juli: Rückflug von Seattle nach Frankfurt

Wir haben viel Zeit bis unsere Maschine um 16:30 Uhr vom Seattle - Tacoma International Airport abhebt - am nächsten Tag, Montag, den 26. Juli 2010, landet die Maschine gegen 13:00 Uhr in Frankfurt - eine zweiwöchige traumhafte Reise ist zu Ende!

Nachwort

Ich habe ganze sechs Monate gebraucht um mich an diesen Bericht zu wagen. Nun bin ich froh, wenigstens einige meiner vielen Eindrücke aufzuschreiben.

Und: Wenn Ihr könnt, macht es uns nach! Ihr werdet die einkehrende Ruhe fühlen, schnell werdet Ihr die von Geschwindigkeit, Verkehr und Lärm gekennzeichnete europäische Fahrweise ablegen und nur noch genießen - ein einmaliges Erlebnis!


Tagesetappen und Stationen unserer Fahrt (Gesamtstrecke ca. 4.120 km)

Reisetag Datum Strecke
1Samstag, 10.07.10Flug über Reykjavik nach Seattle
2Sonntag, 11.07.10Nach Norden, Richtung Vancouver, 270 km
3Montag, 12.07.10Über Vancouver nach Whistler, 190 km
4Dienstag, 13.07.10Von Whistler nach Lillooet und 70 Mile House zur Free Rein Ranch, 350 km
5Mittwoch, 14.07.10Über Clearwater und Valemount zur Mt. Robson Lodge, 340 km
6Donnerstag, 15.07.10 Über Jasper zum Maligne Lake und zurück zur Mt. Robson Lodge, 300 km
7Freitag, 16.07.10Von der Mt. Robson Lodge nach Jasper und über den Icefields Parkway nach Lake Louise, 320 km
8Samstag, 17.07.10Von Lake Louise nach Banff, wieder zurück und weiter nach Westen bis Golden, 300 km
9Sonntag, 18.07.10Von Golden über Revelstoke nach Salmon Arm, 270 km
10Montag, 19.07.10Vom White Lake über Vernon nach Nakusp, 360 km
11Dienstag, 20.07.10Vom Nakusp über Kaslo, Belfour nach Creston, 240 km
12Mittwoch, 21.07.10Von Creston über Nelson nach Christina Lake, 280 km
13Donnerstag, 22.07.10Vom Christina Lake über Republik und Okanagan nach Winthrop, in den USA, 290 km
14Freitag, 23.07.10Von Winthrop durch den North Cascades NP nach Oak Harbor auf Whidbey Island, 350 km
15Samstag, 24.07.10Von Oak Harbor / Whidbey Island nach Seattle, 260 km
16Sonntag, 25.07.10Rückflug von Seattle nach Frankfurt

© 2011 Bernd Scholz