6 Jahre danach: Erneuter Besuch am Stausee ...
Wie schon vor Jahren führt die Fahrt nach Vestmanna: Die schmale Straße durch den kleinen Ort ist noch so vertraut, als wär´s erst gestern gewesen - der Weg bis zum örtlichen Supermarkt, in dem wir zuletzt 1997 eingekauft hatten, fährt sich wie von selbst. Auch der Parkplatz einige Meter entfernt scheint der selbe zu sein wie noch vor Jahren - hier hat sich offenkundig so gut wie nichts geändert.
Dieser Eindruck wechselt, nachdem wir den Laden betreten haben: Das Angebot ist, wie schon im letzten Supermarkt, erheblicher besser und umfangreicher als damals, wir erinnern uns noch allzu gut an den seinerzeit notgedrungen eingekauften Trockenfisch ...
Interessant hier: Es gibt nirgendwo Mineralwasser, offenbar ein Produkt, das hier niemand braucht und kauft, dafür aber jede Menge süßer Limos, auf die wir gut verzichten können.
Nach dem Einkauf und der obligatorischen Fahrt runter zum Hafen, von wo aus wir einen Blick in die Gegenrichtung auf den entfernten und vorher besuchten Fähranleger werfen können, wollen wir los: Unsere GPS-Koordinaten von 1997 weisen uns auf den Weg zum Stausee, an dem wir diesmal unser Camp aufschlagen wollen (Karte/6).
Der wichtige Abzweig in Vestmanna bei N62.1527° E007.144933° ist schnell gefunden und weiter geht es auf der Strecke, die ehemals eine Piste war und nun weitgehend geteert ist, in Richtung zu unserem alten "wilden" Camp: Die Hütte, hinter der wir einst eingeparkt hatten, weil wir wegen Nebel nicht mehr weiter wollten, ist noch da und wirkt renovierter denn je.
Wir halten nur kurz dort an, bevor wir uns unverzüglich weiter auf den Weg machen: Der Stausee ist schnell erreicht und bietet diesmal zu unserer Verblüffung ein anderes Bild als damals: Drei große Windräder wurden in der Zwischenzeit auf der Berghöhe montiert und der Zufall will es, dass sie ausgerechnet am heutigen Abend von dem dänischen Team, das dort noch vor Ort arbeitet, erstmalig in Betrieb genommen werden. Die Leute fahren erst spät am Abend weg und staunen nicht schlecht über die Besucher, die immer noch am See stehen: Nun sind wir endlich wieder allein hier oben!
Es gibt noch ein Foto-Shooting vor dem selben wolkenverhangenen Hügel wie vor 6 Jahren und dann verziehen wir uns in den Windschatten der Staumauer: Offenbar wurden die Windräder hier oben nicht ganz ohne Grund installiert, über den Stausee weht ein scharfer Wind, der immer wieder Nebelfetzen herein treibt.
Rund 360m hoch liegt unser "wilder" Campingplatz (N62.164699° W007.079539°) hinter der Staumauer, Nebel und Nieselregen umhüllt uns ab und zu, fast komplett getarnt steht der Explorer mit geöffnetem Dach in der Senke - so schnell wird aus dem "Schattenparker" ein "Windschattenparker"!
Sind am früheren Abend noch (reale) Lkws unterwegs gewesen, so sollte dies in der kommenden Nacht eigentlich nicht der Fall sein - Erinnerungen an 1997 werden wach. Um so größer ist der Schrecken, als genau 5 Minuten vor Mitternacht ein Fahrzeug hinter uns hörbar wird, oder über uns? Fluchend sitzt man im Bett, als ein Fernscheinwerfer seitlich auf den Balg strahlt - dann rollt das Fahrzeug weiter: Es fährt langsam oben auf der Staumauer entlang, wendet am Ende, bleibt dort eine Weile mit laufendem Motor stehen und fährt wieder zurück. Es ist mittlerweile exakt Mitternacht - wer zum Henker fährt heute Nacht ausgerechnet hier oben lang? Aus dem Fahrzeug heraus muss man uns als wilde Camper zweifellos gesehen haben, zu deutlich wurden wir ausgeleuchtet, und das trotz unserer "perfekten"(?) Tarnung! Das Fahrzeug verschwindet wieder irgendwo, vermutlich über die Piste vor der Staumauer in Richtung Vestmanna ...
Mi 27.08.03: Rückfahrt ...
Es wird noch gefrühstückt am nächsten Morgen, als sich das Schauspiel der letzten Nacht wiederholt, diesmal allerdings können wir die Umgebung besser beobachten: Oben auf der Staumauer erscheint exakt um 9:00 Uhr erneut ein Fahrzeug. Es ist ein Pickup der Stromgesellschaft, die auch für die 3 neuen Windräder zuständig ist. Wieder wendet er am Ende der Staumauer und rollt zurück, diesmal bleibt das Fahrzeug über uns stehen. Man weiß nicht, wer wen in diesem Moment besser sieht: Der Fahrer oben uns oder wir ihn aus der geöffneten Heckklappe des Explorers. Offenbar sind hier Kontrollfahrten um 0:00 Uhr und 9:00 Uhr üblich, scheinbar ist der Stausee doch nicht ganz so abgelegen wie man glaubt. Doch scheint man sich an den Campern hier unten aber nicht zu stören oder daran, dass dies offiziell verboten ist: Das Fahrzeug verschwindet erneut, diesmal endgültig ...
Nach dem Frühstück gilt es langsam aber sicher, sich von dieser Idylle zu verabschieden: Es wird sicher lange dauern, bis wir hierhin noch einmal zurückkehren - falls überhaupt.
Der Weg auf der "Piste" zurück ist schnell geschafft: Schon kurz nach unserem Aufbruch erreichen wir den Abzweig in Vestmanna und machen uns daran, die steile Straße 40 auf die Höhen vor dem Ort im 2. Gang zu erklimmen, von wo aus man schließlich noch eine wunderbare Sicht auf die Ansiedlung genießen kann - beim heutigen Wetter wieder mal ein echtes Vergnügen!
Wenig später erreicht man von hier aus Kvivik, erneut ein Parkplatz an der Straße über der Ortschaft, wo es sich anzuhalten lohnt: Der Blick, den man über den Vestmannasund in Richtung Süden hat, rechtfertigt jeden Halt. Von hier aus sehen wir zum zweiten Mal nun Koltur, die südöstlich vorgelagerte Insel, deren Anblick wir schon auf Vágar und unserem Autohof-Campingplatz schätzen lernen konnten.
Wir verabschieden uns von diesem fast schon vertrauten Teil Streymoys: Von nun an geht´s zurück - und weiter!
© 2004 Text/Bilder J. de Haas