Irrfahrt bis Tuam
Irgendwann reißen wir uns los von dieser historischen Stätte voller Erinnerungen und machen uns auf den Weg zu unserem heutigen Ziel, dem Galey Bay Caravan and Camping Park. Der kleine familienbetriebene Campingpark, der sich für seine Ruhe und Beschaulichkeit rühmt, kann uns aber leider in keiner Weise überzeugen: Die niedrigen Hecken auf dem nahezu völlig leeren und tot wirkenden Platz bieten für das heutige Wetter fast überhaupt keinen ausreichenden Windschutz und weit und breit ist nichts zu erkennen, was den Aufenthalt hier wie erwartet angenehm machen könnte. Der Beschluss, von hier aus sofort wieder aufzubrechen, erfolgt einstimmig.
Doch wohin könnte es jetzt gehen? Andere Plätze zum Campen gibt es in der Nähe keine, so dass die Entscheidung fällt, zur nächsten größeren Ansiedlung nördlich von uns zu fahren: In Roscommon und Umgebung sollten wir irgendwo eine Bleibe finden.
Leider bleibt unsere Suche vergeblich, bis wir schließlich ratlos durch Roscommon und seinen Vorort kurven, einmal sogar laut fluchend nach dem Übersehen eines heftigen Schlaglochs ... In Anbetracht des bescheidenen Wetters könnten wir uns eigentlich einmal einen Stadtaufenthalt gönnen und in einer nett gelegenen Pension absteigen, vor der wir irgendwann auch halten. Die freundliche Besitzerin kann uns allerdings nur trösten, da sie weder bei sich noch sonstwo in der Umgebung etwas Geeignetes für uns vermutet: In der Stadt findet heute ein größeres Treffen irgendeiner Organisation statt und es sind wohl die meisten Betten im Ort belegt ...
Sie empfiehlt uns in Richtung einer anderen größeren Stadt aufzubrechen und macht uns einige Vorschläge, denen wir leider nicht folgen können, da wir bei einigen wieder dahin zurück fahren müsseten, wo wir gerade herkommen.
Also machen wir uns auf in Richtung Tuam, der nächsten größeren Stadt, die auch noch nicht allzu weit entfernt von unserem Weg nach Westport liegt, wo wir bald ankommen wollen. Bis wir allerdings dort sind, dauert es noch eine ganze Weile und insgesamt werden wir damit an diesem Tag rund 200 km weit gefahren sein - mehr als wir eigentlich bei geplant gemächlicher Reise vorhatten ...
Wir erreichen die Stadt, die erst kürzlich Schlagzeilen gemacht hat durch den Fund eines Massengrabs mit den Resten von hunderten Kinderleichen - auf dem Gelände eines ehemaligen Heims für ledige Mütter, so genannter "gefallenen Frauen", wie man dertige Einrichtungen noch in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhundert im streng katholischen Irland nannte ...
Das alles soll uns heute nicht stören, als wir nach einem kurzen Rundgang im Ort und einsetzendem Starkregen schließlich im Ard Ri House Hotel einchecken - soviel Luxus soll heute ausnahmsweise mal sein!
So bleibt der Explorer diesen Abend unbewohnt auf dem Parkplatz vor dem Hotel stehen und wir sitzen stattdessen in "Dick Dowling´s Bar" im Hotel bei dem einen oder anderen Pint of Smithwick´s - und was soll man sagen: Das Bier heißt nicht nicht nur noch genau so wie vor 40 Jahren, sondern schmeckt auch immer noch genau so gut!
Auf nach Cong!
Gut erholt, frisch geduscht, gefrühstückt und wieder ganz auf "Camping" eingestellt nach dieser komfortablen Hotelübernachtung wollen wir am nächsten Tag nur eine kurze Strecke auf unserem weiteren Weg zurücklegen: Es sind nur weniger als 50 km, die wir nach Cong fahren, einer ebenfalls schon früher besuchten Stadt im Westen der Insel im County Mayo - "God help us"!
Der Cong Caravan and Camping Park trägt den vielsagenden Zusatznamen "The Quiet Man Cong", was bereits etwas ankündigt, das offenbar im Dorf als eine der wichtigsten Attraktionen gilt: Es handelt sich hier um den Drehort des bei uns weitgehend unbekannten Films "The Quiet Man" von John Ford mit den Hauptdarstellern John Wayne und Maureen O´Hara aus dem Jahr 1952, der bei uns den Titel "Der Sieger" trägt.
An die Bedeutung des Films für diesen Ort ist allerdings in der Erinnerung keinerlei Platz geblieben oder war der Kult um diesen Film vielleicht damals noch nicht so groß wie heute? Wir machen uns vom Campingplatz aus zu Fuß auf den Weg in den Ort, vorbei am berühmten Ashford Castle, das bereits vor Jahrzehnten als schweineteures und exklusives Luxushotel galt, als wir einst vor dem immer noch genauso aussehenden Eingang standen, ohne allerdings - ebenfalls wie heute - dessen Schwelle zu übertreten ...
Das berühmte Cong Abbey im Dorf ist natürlich ein Muss beim Rundgang, das Augustinerkloster aus dem 12. Jahrhundert hält sich dort ebenfalls wie schon damals unverändert als mittelalterliches Fossil, das heutzutage nur noch von viel mehr Touristen durchkämmt wird als früher ...
Eine Statue mit John Wayne und Maureen O´Hara muss natürlich im Ort in der Nähe des Klosters stehen und auch ein "Quiet Man Museum & Gift Shop" ist natürlich zu finden - und da ist doch glatt noch ein weiteres kleines Keltenkreuz für die Nippes-Ecke daheim angesagt!
Ein oder zwei Smithwick´s in der "Pat Cohan Bar" sind natürlich ebenfalls fällig, denn hier ist schließlich eine Original-Location des "Quiet Man" und entsprechend berühmt fühlt sich auch die Bar, die sich mittlerweile wie viele in Irland zur "Food-Bar" verwandelt hat und aufwändige Menüs für die einströmenden Touris bereit hält ...
Der Weg führt uns durch den einsetzenden Regen wieder vorbei am Ashford Castle zum Camp zurück, wo wir den Abend geruhsam verbringen beim Essen aus der "Kochen unterwegs"-Küche mit noch dem einen oder anderen Nachttrunk dazu. Morgen soll es dann aber endlich nach Westport gehen - Roland ist berits telefonisch informiert und wird uns erwarten ..!
© 2017 J. de Haas