Zum Mellifont Abbey

Es ist wirklich saukalt inzwischen, mit klammen Fingern wird die Mavica bedient, die sich hier auch bei schwierigen Lichtverhältnissen offensichtlich bewährt - wirklich ein Gewinn für die Redaktion!

Wir rutschen weiter im Fußgängertempo mit unserem Corolla, glücklicherweise ist Mellifont Abbey nicht weit entfernt und der Verkehr ist mittlerweile völlig verschwunden (wegen uns?), d.h. weit und breit kein Fahrzeug außer uns - der immer wieder angestrebte Zustand!

Das einzige, was jetzt noch zusätzlich zu allem echte Probleme bereitet, ist die Sonne! Tiefstehend und gleißend verwandelt sie die nasse Straße in eine Fläche flüssigen Metalls, die Sonnenbrille liegt gut im Pickup zuhause, wer denkt schon an eine Sonnenbrille im Januar in Irland! Der Kurs führt immer hinein in die Sonne, der Berichterstatter erinnert sich an einen Cessna-Flug, der genauso immer in die Sonne führte - einen Ausweg gab es nicht, nur Blicke seitlich hinunter am Flugzeug in die Tiefe und die Hoffnung, daß jeder entgegenkommende einen sehen möge ...

Glücklicherweise können wir schon nach kurzer Zeit die Gemäuer des Abbeys vor uns erkennen, die Reste des ersten Zisterzienser-Klosters auf irischem Boden (N53°44.561´ W006°27.96´).

Mellifont Abbey in der Wintersonne ...

Auch zu diesem Ort weiß natürlich der Dumont-Reiseführer einiges: "Mellifont Abbey wurde 1142 ... gegründet. .. Von Mellifont gingen zahlreiche Tochtergründungen irischer Zisterzienser-Klöster aus, doch schon bald gab die laxe Moral der hiesigen Mönche Anlaß zu wiederholten päpstlichen Visitationen."

Von diesen ist hier an der menschenleeren Stätte heute wahrlich nichts mehr zu bemerken, vielmehr erscheint auch dieses Gemäuer als steingewordener Beweis für die Vergänglichkeit allen menschlichen Tuns - der kalte Wind bläst über uns als einzige Besucher einer Anlage, die im Sommer und Herbst offensichtlich strenge Öffnungszeiten hat, die um 17:00 Uhr enden - nun im Winter sind die Ruinen für jeden ohne Beschränkung zugänglich - was sollīs, die Jahrhunderte kümmert es sowieso nicht ...


© Text/Bilder 1999 J. de Haas