Dienstag, 09.09.08: Westlichster Punkt der Reise - Ankunft in Lanildut

Wir wollen weiter: Für heute ist lediglich eine Verlegung von nur gut 30 km nach Nordwesten geplant, allerdings wird uns die Fahrt dann zugleich auch zu unserem westlichsten Punkt der Reise führen - weiter als hier bis zum Atlantik geht´s für uns an dieser Stelle des europäischen Festlandes nicht mehr ...

Die westlichste und letzte Etappe ...Das Wetter in Brest ist heute Morgen genau so, wie "Fuzzi" es vorhergesagt hat: Es regnet wieder ziemlich heftig, als wir unser Lager abbauen.

Eine vorher zurechtgelegte Strategie, wie wir vom OZtent bis zum letzten sonstigen Teil, das wir dort zwischengelagert haben, alles optimal einräumen können, ohne uns und alles zu lange dem Dauerregen auszusetzen, funktioniert überraschend gut: Die eigentlich auf "Explorer Suntours" gebuchte und wenig regenerfahrene Besatzung enttäuscht heute Morgen zum Glück nicht ...

Wir wollen nun weiter nach Lanildut, das als der wesentlichste Hafen Europas in Sachen Seetangfischerei gilt.

Bereits Jahrhunderte lang dient der so genannte Blasentang in der Landwirtschaft als Futter- und Düngemittel, da er bei Ebbe leicht zugänglich ist und in großen Mengen zur Verfügung steht. Die Algenbauern der Bretagne nennen sich noch heute Goémonier und unter Goémon wird im Wesentlichen der Blasentang verstanden.

Wir nehmen nicht den direkten Weg, den unsere mittlerweile fast perfekt französisch () sprechende "Steffi" uns empfiehlt, sondern wir wollen vorsichtshalber vorher doch wieder einmal einen der perfekten Super-U-Märkte aufsuchen, um uns endgültig versorgungsmäßig unabhängig zu machen für die nächsten Tage. Eine große Werbetafel lädt ein, den Super-U in Plouarzel zu besuchen, was wir auch machen - immer wieder schön, so ein Abstecher und außerdem gibt es hier sogar die Süddeutsche Zeitung vom Vortag ..!

Die letzten Kilometer von hier nach Lanildut sind kein Problem für Steffi und schon bald erreichen wir den abgelegenen Ort an der Einmündung L´Aber-lidut an der Atlantikküste. Schon bei der Einfahrt über die Dorfhauptstraße schauen wir uns gebannt um, irgendwie rollen wir hier durch eine Ortschaft, die wie eine Mischung aus Idylle und Verwunschenheit wirkt. In langsamer Fahrt geht es die Hauptstraße entlang, die direkt an der Küste verläuft und sehen sofort ein Restaurant, eine Bar, eine Crêperie und auch Leute auf der Straße - hier sollten wir heute Abend endlich fündig werden ..!

Vereinsamtes Camp ... Ein sturmgeschütztes Plätzchen für uns ..?

Leider führt uns die Straße wieder heraus aus der Ortschaft, als wir weiter zum Camping du Tromeur fahren, das wir zufällig im Internet gefunden hatten. Über recht einsame Nebenwege, vorbei an Hecken und alten Steinhäusern dauert es noch eine ganze Weile, bis wir am verlassen wirkenden Camp ankommen. Kurz nachdem wir allerdings am Eingang geparkt haben, kommt von irgendwo her der Campbetreiber - niemand von uns hat gesehen, von wo her er kommt, als er plötzlich vor uns auftaucht ...

Wir wollen hier in dieser Landschaft unbedingt wieder einen Ruhetag einlegen und so buchen wir direkt zwei Nächte. Wir bezahlen und der Mann verschwindet wieder genauso spurlos, wie er gekommen ist. Wir sind allein auf dem einsamen Areal, das unter den auch heute wieder tief hängenden Wolken eine irgendwie eigenartige Stimmung ausstrahlt.

Ja, das Wetter: "Fuzzi" sagt wieder Ungutes voraus, es soll Schauern geben und auch schon wieder stärkeren Wind - noch ahnen wir zum Glück nicht, dass er für morgen bald wieder unser "Lieblingssymbol" anzeigen wird: Beim Wind nämlich 4 Balken und einen Windsack ...

Wieder mal bauen wir unser OZtent neben dem Explorer auf, soviel Luxusareal auf einem leeren Campingplatz am Atlantik muss sein. Wie nun schon so oft ist das ganze Teil in wenigen Minuten mitsamt seinen Seitenwänden aufgebaut und wir stehen zusammen mit unserem Fahrzeug im Schutz einer Hecke, wie sie auf hiesigen Campingplätzen aus gutem Grund üblich sind. Kurz kommt tatsächlich die Sonne durch, der wir auf dieser Fahrt ausnahmsweise mal überhaupt nicht abgeneigt sind () und taucht unser Palazzo-Areal in angenehmes Licht, wobei wir nasse Sachen trocknen können - was will man mehr ..!

Verlassenes Zelt ...

Unheimliches Ambiente ... ... was mag hier passiert sein ..? Der Aufbruch muss fluchtartig gewesen sein ...

Wir schauen uns auf dem Platz um und kommen an eine Stelle, die die merkwürdige Stimmung, die über dem Areal liegt, nur verstärkt: Ein einsames, verlassenes und vom Sturm zerzaustes Kuppelzelt steht auf einem der Stellplätze. Im Inneren wirkt es erstaunlicherweise so, als wären chaotische "Zeltnomaden" erst vor wenigen Minuten fluchtartig verschwunden: Eine gerade geöffnete Konserve liegt inmitten des Durcheinanders, das die Zeltinsassen zurück gelassen haben - was mag hier passiert sein ..?

Über verwunschene Pfade vorbei an einem leeren Minigolfplatz verlassen wir das Camp auf der Rückseite in Richtung Ort: Der Lanildut-Prospekt von der Rezeption verweist zu Recht auf die engen Pfade und Wege, die an alten Wohnsitzen vorbeiführen und Lanildut einen rustikalen Charme geben und zusammen mit der wilden Küste diesem Landstrich seinen so eigenen Reiz verleihen.

Einsamer Minigolfplatz ...

Beeindruckende Wege ... ... durch Heckenlandschaft ... ... und vorbei an Häusern, wo niemand zu sehen ist ...

Wir erreichen die Ortsmitte und beschließen, in der örtlichen Bar, zu der auch ein Restaurant gehört, auf einen Drink einzukehren und dabei gleich alles klar zu machen für unser Essen heute Abend oder morgen. Das Restaurant und selbst der Tresen ist gut besetzt, also nichts wie rein!

Es ist gut, dass man sich an seinem Glas festhalten kann, als wir von der Dame hinter dem Tresen eine Antwort erhalten auf unsere Frage nach einer Reservierung für den heutigen oder morgigen Abend. Leider sei das nicht möglich, wird uns beschieden. Hier gäbe es nur mittags Essen, außer am Samstag, an diesem Tag gäbe es auch Abendessen. Da es heute erst Dienstag ist, sehen wir unsere Felle davon schwimmen, schließlich wollen wir erst abends essen und nicht jetzt schon.

Sie teilt uns mit, dass die Crêperie gegenüber bis 21:00 Uhr geöffnet hätte, aber da wollen wir eigentlich nicht hin, worin uns das dürftige Angebot bestärkt, was dort aushängt. Sollte nun endgültig Verzweiflung angesagt sein? Nein! Wir trösten uns damit, dass man vermutlich mit größter Sicherheit auch in der Crêperie einen Grund zu bieten gehabt hätte, warum es dort gerade heute kein Abendessen für uns gibt ..!

Historische Waschküche ... Das geeignete Verkehrsmittel ..? ;-)))

Wir verlassen die Bar und machen uns auf den Rückweg zum Camp. Eigentlich wäre unser Frust nun ein Grund, auf den "Sauf Bus" zu warten, der an der Straße ausgeschildert ist, aber für den gilt anscheinend eine Einbahnstraßenregelung und sicherlich würde auch dieser mit Sicherheit gerade heute nicht fahren ..!

Vorbei an einer alten "Waschküche" (Bild oben links), an der die Frauen von Lanildut vor langer Zeit noch ihre Wäsche waschen mussten, gelangen wir wieder auf den verschlungenen Pfad zu unserem verlassenen Camp, über dem sich nun schon wieder die Wolken zusammen gezogen haben.

"Die Welt ist voller Stöcksken" ist der Spruch des heutigen Abends, denn überall finden wir immer und überall ausreichend kleine Stöckchen, mit denen wir unseren Hobo-Ofen füttern können, der selbstverständlich auch heute wieder das Camp erleuchtet - eine echte atmosphärische Bereicherung des hervorragenden Abendessens, das - wieder einmal - selbst gekocht wird ...


© 2009 J. de Haas