Unser Kraftprotz: Der 6m Dan Leigh Delta
Schon lange suche ich einen Kraftprotz für ein besonderes Vorhaben, über das wir demnächst berichten werden. Es soll ein gutmütiger Drachenkerl sein, viel aushalten, wenig Aufwand beim Aufbau machen - falls Nachtflug angesagt ist, mit wenig Wind auskommen, denn die Münchner Region kennt überwiegend nur Flaute oder Böen ...
Auch diesmal stöbere ich im Internet und es lohnt sich erneut: Ein Bauplan für den Dan Leigh 6 m reizt mich sehr.
Schwarz soll er werden: Ein stolzer schwarzer Ritter mit Zacken aus Glitzerfolie, die in der Nacht angestrahlt werden können. 11m Spinnaker und jede Menge Stangen werden besorgt, dazu noch 2m Glitzerfolie - teuer aber schön. Ich lasse mich noch beraten wegen der Glitzerfolie, da sie mir schon mal von einer Windturbine runter gefetzt ist. Der Fachmann im Drachenladen sagt mir: "Sie hält viel aus, man muss sie nur mit Zickzackstich applizieren".
Ran ans Werk! Ich habe einen kleinen Raum als Werkstatt, wo meine Nähmaschine steht. Das Zuschneiden ist noch relativ einfach. 7 Teile (6 Teile für die Fläche, 1 Teil für den Kiel) sind schnell zugeschnitten. Aber das Nähen! Die erste Naht geht ja noch, aber je mehr Delta zusammengenäht ist, desto mehr Spinnaker bauscht sich vor und hinter der Nähmaschine auf. Am Schluss sind das 9 qm Spinnaker, die da bewältigt werden wollen. Kraftsport an der Nähmaschine!
Aus der Glitzerfolie werden 20 Dreiecke zugeschnitten, die Kanten mit doppelseitigem Klebeband versehen und auf den Drachen und Kiel appliziert. Mein Arbeitstisch hat zwar immerhin 3 qm, aber es ist ein echter Kampf, bis man alle Dreiecke an den richtigen Stellen aufgeklebt und festgezackelt hat. Von dem Klebeband verspreche ich mir zusätzlichen Halt für die Dreiecke aus der Glitzerfolie.
Nach einigen Stunden Näharbeit kommt das gute Stück ins Wohnzimmer (mein größter Raum), aber auch da kann ich ihn nicht richtig ausbreiten, denn er ist 3m hoch und 6m breit, da hilft nur eins: alle Möbel zusammenrücken und teilweise sogar raus tragen.
Alle Stangen bis auf die Spreize können nun eingepasst werden und die Längenangaben stimmen mit dem Bauplan überein. Bei der Spreize gibt es jedoch Unstimmigkeiten mit dem Bauplan, die sich dann im Freien bewahrheiten. Im Bauplan stehen ca. 2,70 m für die Spreize, ich messe jedoch nur 2,40 m! Fehler beim Nähen? Alles wird nochmal durchgemessen und alle anderen Maße stimmen exakt mit dem Bauplan überein. Nun hilft nur nur noch rechnen - Pythagoras läßt grüßen! Das Rechenergebnis zeigt: die Spreize muss 2,40 m haben, es sei denn, die Angaben zur Spreizenhöhe sind fehlerhaft. Ich entscheide mich für die kurze Spreize, die relativ hoch eingesetzt wird. Das Ergebnis stimmt optisch mit dem Bauplan überein.
Vorsichtig wird der Delta nun zusammengepackt, denn er darf auf Fuerteventura seinen Jungfernflug machen.
Nach einigen Tagen Schirocco ist der richtige Wind da! Der Zusammenbau ist problemlos, der Start ebenfalls, auch wenn man beim ersten Mal vor der schieren Größe die Luft anhält. Nach 5 Minuten wird jedoch eines klar: die Glitzerfolie hält gar nichts aus! An der Flatterkante hängen gleich die Fetzen, und zwar ist die Folie nicht am Rand gerissen, sondern mittendrin regelrecht abgeplatzt.
Eigentlich auch klar, denn das Spinnaker flattert schneller als die
vergleichsweise starre Folie und so kommt es zu den Rissen. Schon wird
er in Mad Max umgetauft, denn die glitzernden Fetzen geben ihm was von
Endzeitstimmung ...
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Nun muss er zeigen, was er kann, wir geben ihm ein paar 2m Turbinen - kein Auftrag! Und so hängen wir mehr und mehr dran. Bei 20 Windturbinen ist erstmal Schluss. Später zieht er dann noch unsere 2 Knüpferschlangen.
Er ist der Kraftprotz, den wir uns wünschten! Nach 3 Tagen reißen dann allmählich alle Glitzerdreiecke und in dem Seewind werden sie zusätzlich auch noch matt. Eine echte Fehlinvestition und viel vergebliche Arbeit! Wahrscheinlich hätte ich sie komplett mit aufkleben müssen, die Ränder reichen nicht.
Zwischenzeitlich habe ich alle Dreiecke wieder abgetrennt, die Klebstoffreste mühsam abgewaschen und nun überlege mir was Neues als Verzierung, denn die hat er verdient: Unser Kraftie ...
Eine Mitteilung von Harald Prinzler, von dem der obige Bauplan stammt, erreichte uns postwendend zu diesem Bericht:
Ich habe mir den Artikel angesehen und bin überascht. Eure Erwartungen zum Tragen von entsprechenden Lasten scheinen erfüllt zu sein. Eigentlich ist ein Delta ein ausgesprochener schlechter trägerdrachen, weil er sehr flach auf dem Wind liegt. Entsprechend muß er als Trägerdrachen eine entsprechende Größe haben. Beim Einsatz auf Fuerteventura zeigte er ein deutliches 'Anlegen der Ohren'. Tja, er ist ja auch für Leichtwind gedacht.
Empfehlendswert ist noch eine Verbindung zwischen Oberseite des Segels zur Querspreize durch ein Band. Mit dem soll vermieden werden, daß die Querspreize sich entgegengesetzt durchbiegt und aus der Halterung rutscht. Bei der Querspreize war ich recht faul. Ich habe einfach die beiden 1.5m Stangen so gelassen und dadurch einen weiten Überstand über die Leitkanten. Ich nehme an, dass ich den entsprechenden Abstand der zwei Befestigungen nur geschätzt habe.
Schmunzeln musste ich bei Eurer Bewältigung der Stoffmenge. Wegen der Flowforms bin ich andere Mengen gewohnt mit gleichen Erfahrungen. Die FF04 habe ich erst auf der Wiese das erste Mal richtig gesehen ;-) Beim Nähen hatte ich irgendwas zwischen 50 und 70 Quadratmeter zu bewältigen.
Soweit mal wieder.
Bis die tage
Harald.
© Text/Bilder 2000 Sixta Zerlauth