Abenteuer ARKTIS ...
Die nördlichen Regionen unserer Erde - vom ewigen Eis des Nordpols, dem Russischen Fernen Osten und den Europäischen "Anteilen" Grönland und Spitzbergen, bis in den Kanadischen Norden ist der Teil der Welt, den wir gemeinhin als "die Arktis" bezeichnen.
Der erste Teil dieses Berichtes führt in den "Hohen Norden" Amerikas - die Kanadische Arktis. Diese erstreckt sich vom Yukon über die Northwest-Territorys und Manitoba bis zum neu geschaffenem Inuit-Territorium Nunavut.
Jeder Reise in die Arktis muss sorgfältige Planung vorausgehen sowie die Beantwortung der wichtigsten Frage: "Was erwarte ich von einem Besuch der Arktis?" Tundra, Schnee, Eis, Eisberge, wilde Tiere wie Eisbären, Walrösser, Wale und vieles mehr; die Artenvielfalt ist gewaltig. Jedoch: Es handelt sich um eine raue Gegend mit wenig Spielraum für aus Unkenntnis geborener Romantik.
Kaum Infrastruktur, Wetterumstürze auch im Sommer, eingeschränkte Versorgung mit notwendigen Gütern, und der nächste Arzt ist meist mehrere Flugstunden entfernt. Die Antwort auf diese Fragen ist: mit einem zuverlässigen Veranstalter ("Outfitter") zusammenarbeiten, der mit den örtlichen Gegebenheiten bestens vertraut ist und jede Situation im Griff hat, und dazu bereits im Vorfeld alle Auskünfte in Bezug auf die Ausrüstung geben kann. Wichtig ist die Wahl der richtigen Reisezeit, da nicht alle Ereignisse (Wanderung der Eisbären z.B.) oder Tierarten das ganze Jahr über anzutreffen sind. Auch hier ist eine fachmännische Beratung unerlässlich.
Unsere kleine Gruppe betritt am Flughafen von Iqaluit - der Hauptstadt des Nunavut Territory - erstmals arktischen Boden. Iqaluit verbindet Nunavut mit der "Zivilisation". Hier verteilen sich die Besucher auf kleine Propellermaschinen, die in vielen Flugstunden auch die entlegendste "Community" erreichen.
Unser Flug führt mit einigen Zwischenstopps nach Pond Inlet, an der Nordküste von Baffin Island gelegen. Es ist Anfang Juni, das Eis beginnt zu schmelzen, aber man kann sich noch mit Schlitten fortbewegen.
Die erfahrenen Inuit-Fahrer beherrschen die Schneemobile virtuos und ziehen die schweren Lastenschlitten mit Ausrüstung und Besuchern bis zur Eiskante. Hier am "Floe-Edge" - bereits weit im offenen Meer - endet die Eisdecke und beginnt das offene Wasser. Die Zelte werden in respektablem Abstand zur Kante errichtet. Sie werden fast täglich zurück versetzt, da der beginnende Sommer und damit 24 Stunden Sonneneinstrahlung ihren Tribut fordern.
Es ist die Zeit und der Ort, um Beluga- und Narwale zu sehen: Die Meeressäuger nutzen das aufbrechende Eis, um die nahrungsreichen Küstengewässer zu erreichen. Viele Stunden verbringen wir an der Eiskante und beobachten und fotografieren vorbeiziehende Wale: Beluga- und Narwale sind "Stammgäste". Höhepunkte sind das Erscheinen von Orcas ("Killerwale") oder des "Königs der Arktis", dem Eisbären ...
Öfter als einmal haben "unsere" Inuit Freunde neugierige Bären durch Starten der Schneemobile oder Abfeuern von Warnschüssen in die Luft verscheucht. Da es im Juni 24 Stunden hell ist, schlafen wir nur dann, wenn wir müde sind und die Aktivitäten es zulassen. Gewohnt wird in geräumigen Zelten; dicke Schlafsäcke werden zur Verfügung gestellt. Mahlzeiten werden in einem größeren Gemeinschaftszelt eingenommen, ein Loch im Eis mit einem Wind- und Sichtschutz drum herum dient als Toilette. Ein Aufenthalt an der Eiskante ist jede Strapaze wert, und nach der Rückkehr nach Pond Inlet wartet das Hotel mit bequemen Betten und heißer Dusche …
Es ist Juli, wieder ist eine kleine Gruppe von Arktis-Enthusiasten unterwegs: Das Ziel ist Igloolik, eine kleine Eskimosiedlung auf einer Insel im Foxe Basin gelegen. Es gibt zwei Hotels im Ort. Wir verlassen jedoch die Siedlung und fahren in das auf einer Landzunge - nahe am Treibeis gelegene - Camp.
Einfachste Holzhütten sind die Behausung für die nächsten Tage: Es gibt keine Duschmöglichkeit, dafür eine gemütliche Mannschaftshütte, wo es warm ist und wo auch gegessen wird.
Mit kleinen Motorbooten wird an der Eiskante und zwischen dem Treibeis patrouilliert. Wir sehen viele Walrösser, die sich oft in kleinen Familienverbänden auf den Eisschollen zusammen drängen.
Grönlandwale ziehen gemächlich an den Booten vorbei, und mit etwas Glück sichtet man Eisbären, die von Scholle zu Scholle springen oder schwimmen, immer auf der Suche nach einem Leckerbissen.
Wir bewegen uns direkt an einer der Wanderrouten der großen Wale und die an sich seltenen Tiere sind hier häufig anzutreffen. Auf der weit im Foxe Basin gelegenen Insel Manning gehen die Eisbären häufig auf die Jagd nach Walrössern.
Bei unserem Besuch haben wir leider kein Glück. Ein seit zwei Wochen auf der Insel hausender Dokumentarfilmer erzählt jedoch von unglaublichen Erlebnissen: Es ist eben auch die Arktis kein Zoo, und wilde Tiere richten sich selten nach den Wünschen von uns Besuchern. Der Erlebniswert und die Artenvielfalt sind enorm. Auch im Juli ist es ständig hell und Natur und Tiere geben die Aktivitäten vor ...
Unser nächster "Arktischer Besuch" findet Ende Oktober statt: Von Winnipeg aus erreichen wir den an der Hudson Bay gelegenen Ort Churchill. Churchill nennt sich selbst die "Welthauptstadt der Eisbären", und so ist es auch. Im Oktober und November versammeln sich Hunderte Eisbären am Cape Churchill, um auf das Zufrieren der Hudson Bay zu warten. Dann hat das Hungern für die Bären ein Ende und sie können wieder Seehunde jagen, ihre Lieblingsmahlzeit.
Davor aber streunen die Raubtiere in und um Churchill herum: Die Einwohner verbarrikadieren die Häuser und die "Polarbear-Patrol" hat alle Hände voll zu tun. Vorwitzige Bären werden betäubt und mit dem Helikopter weit weg gebracht. In Churchill gibt es eine Menge Motels und Infrastruktur. Man kann tägliche Ausfahrten mit "Tundra Buggys" machen, um die Bären und viele andere Tiere zu beobachten.
Wir haben beschlossen, den Ort zu verlassen und die mobile, am Cape Churchill gelegene "Lodge" zu besuchen. Die Lodge ist praktisch wie ein Eisenbahnzug: Sie wird vor der Saison zu den günstigsten Stellen gezogen und nach der Saison wieder weggebracht. Die Wagons sind alle miteinander "bärensicher" verbunden. Es gibt einen Speisewagon, Schlafwagons mit Dusche und Toilette und überall Aussichtsplattformen.
Wegen der leckeren Küchengerüche treiben sich besonders viele Bären direkt bei der Lodge herum. Man kann sich jeden Tag entscheiden, ob man in der Lodge bleibt oder sein Glück mit dem Herumstreifen in einem Buggy versucht. Man kann das Eintreffen der Bären mehr oder weniger auf eine Woche genau festlegen und am Spitzentag haben wir 60 verschiedene Bären gesehen.
Um diese Zeit kann man in manchen Nächten bereits das Nordlicht (Aurora Borealis) sehen. Zu den Höhepunkten gehört es, wenn jugendliche Eisbären (so genannte Bachelors) gegenseitig ihre Kräfte messen und sich vor den Augen der Lodge-Bewohner Boxkämpfe liefern. Wer das Cape Churchill und das Bärenspektakel aus der Vogelperspektive erleben will, kann auch einen Helikopterflug unternehmen:. Es gibt in Churchill ein Helikopter-Unternehmen, das Flüge in verschiedener Länge anbietet. Wir machen einen halbtägigen Flug mit mehreren Landungen. Diese Stunden zählen mit zu den unvergesslichen Erlebnissen im kanadischen Norden ...
Informationen:
Churchill
Erste Menschen siedelten 1700 v. Chr. Schon damals verbrachte man den Sommer in der Gegend um Churchill und den Winter beim Jagen auf dem Eis: Spuren deuten darauf hin, dass sich ab 600 v. Chr. ein kulturelles Leben mit Schamanen entwickelte. Die Menschen, Dorset genannt, nutzten Kajaks als Transportmittel und jagten Robben, Wale und Walrösser mit Harpunen.
Ab 1000 n.Chr. wurde dieser Stamm von den Thule verdrängt, welche die Vorfahren der modernen Inuit sind. Es entwickelten sich verschiedene Gruppen, die Inuit im Norden, die Dene im Westen und die Cree im Süden. Ca. 50% der heutigen Bewohner Churchills sind Angehörige dieser "First Nations".
Erst um 1600 kamen Europäer ins Land, um am Pelzhandel teilzuhaben und die Nord-West-Passage zu suchen. Es entstand eine neue Bevölkerungsgruppe, die Metis, Nachfahren der Einheimischen und Europäer.
Heute tragen alle Bevölkerungsgruppen zur Entwicklung Churchills bei.
Iqaluit
Hauptstadt des Nunavut Territoriums, das 1999 nach langen Verhandlungen zwischen der kanadischen Regierung und den Inuit das jüngste Territorium Kanadas ist.
Iqualuit, ehemals Frobisher Bay genannt, nach Martin Frobisher, der 1576 in diese Bucht auf seiner Suche nach der Nordwest Passage kam. Erst 1861 fand Charles Francis Hall heraus, dass die Frobisher "Straits" nur eine Bucht und nicht die Nordwest Passage war.
Um 1800 begann der kommerzielle Walfang und brachte Menschen, Schiffe und Handel nach Frobisher Bay. Um 1900 bricht die Walfang Industrie zusammen und der Pelzhandel tritt in den Vordergrund. Die katholische und anglikanische Kirche missionieren.
1914 eröffnet die Hudson´s Bay Company einen Handelsposten ca. 40 Meilen vom heutigen Standort Iqaluits entfernt und expandiert schnell. Der Pelzhandel bricht 1930 zusammen. Handel und Industrie erholen sich nur langsam über die Jahre. Im zweiten Weltkrieg eröffnet die Amerikanische Air Force einen Stützpunkt, der bis 1963 existiert. Erst ab 1960, als die kanadische Regierung Ärzte, Lehrer und Verwaltungsangestellte in die Gegend bringt, siedeln sich Inuit in Frobisher Bay permanent an, 1987 wird Frobisher Bay offiziell zu Iqaluit.
Igloolik ("Ort mit Häusern")
Der auf einer kleinen Insel im Foxe Basin gelegene Ort Igoolik gilt als Nunavuts kulturelles Zentrum: Hier gibt es archäologische Ausgrabungsstätten, die 4000 Jahre zurückgehen und Beispiele der Dorset- und Thule-Kulturen umfassen.
Reiche Bestände an Walrössern, Robben, Walen, Eisbären, Karibus, Fischen und Wasservögeln bildeten die Grundlage für eine traditionelle Jagdgemeinde.
Nach der Dunkelheit des Winters folgt das "Return of the Sun Festival", das jedes Jahr Mitte Januar von der Ältestengruppe der Inullariit Society veranstaltet wird, um die Rückkehr des Sonnenlichts zu feiern. Das Fest ist reich an Inuit-Symbolik, traditionellen Spielen und Trachtenkleidung.
Touristische Attraktionen:
Die arktische Küste und die Inseln von Nunavut mit ihren zerklüfteten Fjorden, kargen Tundra-Landstrichen und Gletscherbergen macht die Region zu einem einzigartigen Naturerlebnis. Vom Auyuittuq-Nationalpark aus gelangt man zur Insel Baffin, wo die schroffe Landschaft in ihrer schönsten Form zu bewundern ist.
Für Touren in das raue und teilweise sehr unwirtliche Land stellt man am besten einen Outfitter an (bietet Wanderführer und notwendige Ausrüstung) oder bucht eine Pauschalreise. Von Iqaluit aus können Hundeschlitten-Touren mit Inuit-Führer und Übernachtung in einem Iglu gebucht werden. Pond Inlet oder Arctic Bay sind besonders beliebte Exkursionsziele, wo an der Packeisgrenze arktische Säuger beobachtet werden können. Bei einem Besuch der Cambridge Bay auf der Insel Victoria kann man Moschusochsen und Tundraschwäne in ihrer natürlichen Umgebung sehen oder an einer arktischen Kreuzfahrt in die Northwest Passage teilnehmen. In Sila Lodge befindet sich ein Sommerunterschlupf der Eisbären und in der Nähe von Arctic Watch kann man Belugawale sichten.
Anm. der Red.: Ein weiterer Beitrag von Fred Vnoucek führt uns in die Gegenrichtung:
- Namibia: Wunderland im südlichen Afrika ...
© Text 2005 Fred Vnoucek / e-reisewelt, Fotos: Fred Vnoucek, Brad Parker. Karte: Explorer Magazin