Noch ein Hamburger Museumsschiff:An Bord der "Cap San Diego" ...Wieder mal Neues aus dem Tagebuch der "pacifico" |
Vorbemerkung der Red.: "Herzlich willkommen an Bord" heißt es auf der Webseite der Cap San Diego, die neben der Rickmer Rickmers und anderen ein weiteres bekanntes Hamburger Museumsschiff darstellt.
"Die CAP SAN DIEGO ist das größte, fahrtüchtige Museums-Frachtschiff der Welt. Ihre elegante Silhouette gehört zum Hamburger Hafenpanorama wie die Speicherstadt und der Michel. Seit 1988 ist die CAP SAN DIEGO ein Museumsschiff, seit 2003 zudem maritimes Denkmal und schwimmendes Hotel, das heute seinen Liegeplatz an der Überseebrücke in Hamburg hat. Mehrmals im Jahr legt die CAP SAN DIEGO zu Museumsfahrten mit bis zu 500 Passagieren ab" erfahren wir zu dem berühmten Schiff, das wir bereits beim Hamburger Hafengeburtstag als Teilnehmer der Einlaufparade im Jahr 2015 (Bilder unten) erleben konnten.
Nun wollen wir uns endlich auch einmal näher mit diesem inzwischen schon historischen Schiff befassen: Wieder einmal ging Jürgen Sattler, seines Zeichens auch Kapitän der Segelyacht "pacifico" aus Weener, für uns an Bord und berichtet von seinem Besuch in Hamburg im April 2017!
Dienstag, 04.04.17, 06:10 Uhr: klar, leicht diesig, feiner Bodennebel, 1024 hPa, 3°C.
Am frühen Vormittag machen wir uns auf den Weg: Wir können uns Zeit lassen, unsere Kabine an Bord ist erst ab 15:00 Uhr bezugsfertig. Das Schiff der Cap San Diego Betriebsgesellschaft mbH ist der weltweit größte fahrtüchtige Museumsfrachter. An Bord werden ganzjährig Veranstaltungen aller Art und Hotelbetrieb geboten, das Schiff ist Tag und Nacht besetzt.
Gegen Mittag erreichen wir die Cap San Diego: Der einstige schnelle Stückgutfrachter wurde im Jahr 1961 in Hamburg Finkenwerder bei der Deutschen Werft AG gebaut. Er hatte noch 5 Schwesterschiffe, die aber alle im Schrott endeten. Das Schiff hat maximal eine Länge von 159,40 m, eine Breite von 21,40 m und einen Tiefgang von 8,44 m.
Die Besatzung der Cap San Diego umfasste im Betrieb einst 38 Personen, heute hat sie eine feste Mannschaft, deren Mitglieder aus allen Berufsbereichen kommen und die alle Tätigkeiten an Bord abdecken.
Das Schiff konnte über 10.000 Tonnen Ladung befördern. Das entspricht etwas mehr als dreihundert 40-Tonner LKW. Sein Ladegeschirr ist sehr vielseitig: Dadurch konnte das Schiff mit eigenen Mitteln be- und entladen werden und war für fast alle Ladungen im Einsatzgebiet Südamerika bestens ausgerüstet. Nun liegt die Cap San Diego mitten in Hamburg an der Innenseite der Überseebrücke. Die ist so groß, dass auch Fahrzeuge das Schiff für Lieferungen aller Art erreichen können.
Das Wetter ist inzwischen hervorragend. Unseren Wagen haben wir in einer Tiefgarage ganz in der Nähe abgestellt. Einige wenige Parkplätze sind direkt beim Schiff vorhanden, allerdings sind diese nicht für Besucher. Einen regen Fahrzeugverkehr gibt es deshalb hier nicht, dafür aber finden sich viele Einzelbesucher ein sowie auch Besuchergruppen.
Der Zugang zum Schiff ist breit, sicher und sehr rutschfest. Auf dem etwas tiefer gelegenen Achterdeck betreten wir schließlich die Diego: Die Ladeluke des Achterdecks ist geöffnet. Hier haben die Betreiber des Schiffs eine Tischlerei für die vielen Holzarbeiten innen wie außen an Bord eingerichtet. Solche Arbeiten finden immer statt, besonders in der Winterzeit werden viele der hölzernen Handläufe an Deck abgebaut und renoviert. Auch Arbeiten zur Erhaltung des Stahls an Bord fallen ständig an.
Da uns noch eine Menge Zeit zur Verfügung steht, unternehmen wir schon einen ersten Rundgang an Deck. Unser Gepäck können wir an einer kleinen Rezeption, eingerichtet in einem ehemaligen Deckshaus, bei den immer freundlichen Leuten an Bord hinterlegen.
Vom ehemaligen Passagierdeck, dem heutigen Hoteldeck, geht es nach draußen in den Sonnenschein: Hier, am hinteren Abschluss des Aufbaus, befindet sich der Pool. Leider sind hier noch Restaurationsarbeiten im Gange. Die Deckstühle für die vielen Gäste im Jahr liegen noch zusammengeklappt am Aufbau ...
Dieses Deck ist auch das Bootsdeck, hier werden bei Bedarf die Rettungsboote bestiegen. Weiter geht es ein Deck höher zur Kommandobrücke: Oben angekommen, zeigt der Blick zurück das Backbord-Rettungsboot (auf der linken Schiffsseite) von oben.
Der Weg führt nun zurück zum Backbord-Zugang der Kommandobrücke: Der Pfosten dort ist der Träger der "Tochteranzeige" vom Magnetkompass der Kommandobrücke. Die Holzbank gehörte ursprünglich nicht zur Ausstattung, denn sie ist ohne jede Befestigung. Zur Fahrenszeit des Schiffes auf dem Atlantik musste alles fest angebaut sein. Den Besuch der Kommandobrücke verschieben wir auf morgen.
Unsere Bilder zeigen die damals noch übliche Verwendung vieler Hölzer. Daher ist die Tischlerei an Bord gut ausgelastet. Wir stehen jetzt auf der Backbordseite des Schiffes in der sogenannten Backbord-Nock, der Erweiterung der Kommandobrücke nach draußen.
Hier wurde auf See "Ausguck gegangen", das heißt, ein weiteres Besatzungsmitglied hat den wachhabenden Offizier unterstützt. In den warmen Nächten sicherlich oft bei einem einmaligen Sternenhimmel. Ohne störende Lichter einer Stadt ist das ein sehr beeindruckendes Erlebnis, denn JEDER Stern scheint in so einer Nacht sichtbar zu sein ...
Wir nehmen noch einen Blick nach vorn auf das Hauptdeck: Das werden wir allerdings erst morgen besuchen. Nun steht zunächst der Besuch eines anderen Museumsschiffes an, das ehemalige britische Feuerschiff LV 13 ganz in der Nähe ist unser Ziel.
Doch zuvor erst einmal zurück nach unten zum hinteren Hauptdeck: Wir holen unser Gepäck und begeben uns ins Innere des Schiffes. Der Weg zu unserer Kabine führt nach oben über eine Art Freitreppe zum ehemaligen Passagierbereich. Dort, im Backbord-Seitengang, befindet sich die Tür zu unserer Kabine. Ein Blick entlang des Gangs zeigt den achtern liegenden Ausgang an Deck ...
Die ehemalige Passagierkabine lässt keine Wünsche offen: Es ist alles vorhanden in der funktionierenden Technik der damaligen Zeit. Natürlich gibt es aber auch aktuelle Technik: Etwa einen Kühlschrank, modernes TV und WLan. Die Heizung wird, wie immer auf solchen Schiffen, über die Belüftung geregelt und funktioniert einwandfrei. Ein Bad mit Wanne und Duscheinrichtung im originalen Design rundet die Kabine ab.
Die gesamte Einrichtung ist sauber und kann ohne Probleme benutzt werden. Ein Gefühl der Seefahrt dieser Zeit überkommt einen, wenn man die Fenster öffnet und den Hamburger Hafen mit allen Sinnen aufnimmt: So muss es einst gewesen sein, bevor das Schiff mit seinen gerade eingezogenen Passagieren schließlich Hamburg verließ, um nach Südamerika aufzubrechen ...
Mittwoch, 05.04.17
Der Tag beginnt wieder neblig trüb und kalt: Keine Spur mehr vom sonnigen gestrigen Tag. Wir hatten uns bereits gestern für das Bordfrühstück angemeldet und werden uns erst einmal ausgiebig im Frühstücksraum umsehen. Dieser Raum ist der kleinen Kabinenanzahl angepasst, trotzdem ist alles da, was für ein gutes Frühstück notwendig ist. Eine Anmeldung am Vortag ist aber unbedingt erforderlich.
Im Anschluss daran setzen wir unseren Schiffsrundgang fort: Wir sehen uns das Achterschiff an, auf dem auch die kleine Rezeption im Deckshaus liegt. Überall sind Spuren ständiger Instandhaltung zu sehen. Ganz hinten an Deck auf der Steuerbordseite finden wir den Reservepropeller des Schiffes, angebracht am letzten Deckshaus.
Auf dem Achterdeck ist auch der Zugang zu einer Ausstellung unter Deck: Hier finden sich Informationen über das Schiff in seiner Einsatzzeit. Viele Bereiche sind original erhalten. Man kann Stauräume und Ladetanks besichtigen. Informationen auf Infotafeln oder auf einem Bildschirm zur Arbeit des Schiffes findet man an vielen Stellen: Zum Beispiel auch eine Hinweistafel für Mädchen, die einst auswanderten. Sie waren damals sehr vom Mädchenhandel gefährdet. Damals ..!?
Wir gehen zurück an Deck: Inzwischen kommt viel Feuchtes von oben. Ein letzter Blick auf das Achterdeck und es geht etwas schneller nach vorn zum Bug auf das Backdeck. Das Schiff ist in einem guten Zustand!
Ein Besuch des großen Ankergeschirrs lohnt sich ebenfalls: Der Blick auf die Kette lässt ahnen, welches Gewicht die Ankerwinde nach dem Ankern wieder vom Meeresgrund nach oben holen muss. Wir gehen zurück zum Aufbau des Schiffs, dort besuchen wir nun endlich die Kommandobrücke. Das Wetter will dabei nicht besser werden ...
Die Kommandobrücke der Cap San Diego ist original erhalten, auch die alten Navigationsgeräte sind noch da. Natürlich fährt das Schiff heutzutage mit moderner Navigation, diese ist aber gekonnt unauffällig installiert.
Beim Blick aus den Brückenfenstern kann man seiner Fantasie wieder freien Lauf lassen: Damals durfte man sich aber dabei nicht vom wachhabenden Offizier erwischen lassen! Während unserer letzten Minuten an Bord treffen wir noch ein freundliches Besatzungsmitglied, das uns einen Blick in die Salonbereiche des Passagierdecks und in eine (bewohnte) Mannschaftskabine werfen lässt. Die Salonbereiche können auch für eigene Veranstaltungen gemietet werden.
Nun wird es Zeit für uns: Wir holen unser Gepäck, das wir wieder in der kleinen Rezeption während unseres Rundganges lagern konnten. Dann geht es zurück nach Weener - an Bord unserer "pacifico" ...
© 2017 Jürgen Sattler, Bilder Hamburg Einlaufparade 2015: Explorer Magazin
Anm. der Red.: Weitere Beiträge von Jürgen Sattler finden sich in unserer Autorenübersicht!
Nachtrag, August ´19: Und noch einmal!
Zwei Jahre später sind die Sattlers wieder an Bord! Diesmal allerdings fuhr das Schiff:
- Wieder zum Hamburger Museumsschiff: Unterwegs auf der "Cap San Diego" ...