Nebel und stürmisches Wetter – Auf zur "Borkumer Landpartie" (Samstag, 12.09.15)

07:30 Uhr, diesig, Sicht um 200 m, Wind ESE 3-4, 1017 hPa, 12°C: Der Tag beginnt mit Nebel, hier im Hafen ist jedoch noch einigermaßen Sicht. Auf See vor der Küste ist der Nebel deutlich dichter, wir haben nun wieder Ostwind.

Unsere Nachbarn an Bord der Noah auf der anderen Seite des Pontons wollten heute eigentlich nach Helgoland. Die Noah ist ein Segler, der unter fachlicher Aufsicht einige Jugendliche mitnimmt, die an Land Problemmenschen sind und einen neuen Halt in der Gemeinschaft einer Schiffsbesatzung finden sollen. Der Ausgang ihrer Reise verspätet sich nun ebenfalls ... 

Die Arche Noah für Problemmenschen ... Vorsicht mit den Leinen ist geboten ... Besucher längsseits ...

Wir müssen einen weiteren Tag warten: Unsere Leinen werden wegen des zunehmenden Windes und dem damit verbundenen Schwell mit Lappen gegen Durchscheuern gesichert. Eine regelmäßige Überprüfung der Leinen muss aber trotzdem stattfinden, da wir keine unangenehme Überraschung erleben wollen. Die Kanten der alten Kriegsschiffpontons sind durch Verwitterung und Bruch ziemlich rau und kratzig geworden.

Wir haben netten Kontakt zur Noah aufgebaut und sind für heute Abend an Bord eingeladen. Unsere niederländischen Nachbarn auf der Exta wollen es dann doch gegen 09:30 Uhr wagen auszulaufen, um irgendwie, auch trotz Nebel, weiter nach Osten zu kommen ...

Die Borkumer Bevölkerung sorgt für ihre verhinderten Besucher: Passend zum schlechten Wetter findet heute die so genannte "Borkumer Landpartie" statt. Wir haben auch heute ein sehr gutes gemeinsames Frühstück, dann nehmen wir wieder den Bus, diesmal zur Endhaltestelle "Ostland".

Die Fahrt dauert eine gute halbe Stunde und der Bus wird so mit Menschen vollgestopft, dass am Ende wirklich niemand mehr hineinpasst. Sardinenfeeling pur! Man soll nicht glauben, welche verschiedenen Gerüche so viele Menschen auf einem so kleinen Raum abgeben können. Besonders, wenn es irgend ein Parfüm oder Duftwässerchen ist. Nur frische Luft, die kommt dann nicht mehr vor ...

Viel Trubel ... ... bei der `Borkumer Landpartie´...

Loona geht auf Jürgen´s Schoß so gut es geht in Deckung: Viel Gehoppel wegen der gepflasterten Strecken, auch die Gefahr des Erdrückens durch ganz dicht herumschwankende Hintern ist groß - findet zumindest Loona ...

Im Ostland, an der letzten Haltestelle angekommen, findet hier und heute nun diese "Borkumer Landpartie" statt - ein Inselfest mit Tierschauen, Kinderbelustigung, Essen, Trinken und handwerklichen Arbeiten wie Schmieden und Spinnen. Dazu Naturprodukte aus handwerklicher Produktion sowie auch Lebensmittel.

Loona trifft wieder viele Hunde, Simone und Zbigniew finden viele Produkte aus Sanddorn. Wir sehen uns alles an: Natürlich gibt es auch verschiedene Sorten Torten, Kaffee, Tee und Bier. Das Wetter bleibt trocken und fast alles wird probiert. Aus Sanddorn kann man ja so viel machen ...

Die Rückfahrt treten wir noch vor Ende der Veranstaltung an: Dadurch entgehen wir einer weiteren Fahrt in totaler Enge. Wir bleiben noch etwas in der Stadt Borkum und sind dann gegen 18:30 Uhr schließlich zurück an Bord.

Der Sturm aus dem Westen kommt immer näher und soll dann auch wieder einige Tage dauern. Dadurch ist an eine Weiterfahrt für uns Richtung Osten nicht mehr zu denken. Wir bleiben dort sonst womöglich hängen und kommen nicht mehr rechtzeitig zum Urlaubsende zurück. Auch der Besuch auf der Noah fällt leider aus: Das Schiff soll morgen früh ablegen und die Vorbereitungen haben zu viel Zeit in Anspruch genommen. So wird daraus am Ende nur nur ein kurzes Verabschieden ...

Und nicht genug damit: Auch wir entscheiden schließlich heute Abend, unsere Reise unverrichteter Dinge abzubrechen und morgen wieder nach Emden zurück zu segeln - schade ..!

Der einsame Stuhl – Ein Geschenk für Loona – Nach Emden (Sonntag, 13.09.15)

08:00 Uhr, Nebel, Wind S 3, 1012 hPa, zeitweise Regen, 15°C: Der Nebel stört uns erst einmal nicht. Wir können mit dem Gezeitenstrom ohnehin erst am Nachmittag los: Also erst einmal ausschlafen und anschließend in Ruhe frühstücken. Für den Bäcker ist das Aufstehen zu spät, also gibt es Brot ...

Während des Morgenspaziergangs mit Loona treffen wir dieses Mal - einen Stuhl im Grünen. Sachen gibt´s! Der Stuhl steht einsam und allein in einer nicht leicht einzusehenden Nische im Buschwerk. Da er sehr sauber und trocken ist, kann er da eigentlich noch nicht lange stehen. Doch niemand ist zu sehen. Da wir keine Lust zum Sitzen haben, gehen wir bald weiter.

Ein einsamer Stuhl ... ... und ein Riesenstock für Loona

Der Handwerker der Hafenmeisterin hat Wort gehalten: Den einzigen Ast weit und breit hat er für Loona liegen gelassen. Ein Baum befindet sich nicht in der Nähe und es ist nicht zu erkennen, woher der Ast kommt. Für Loona ist das gut: Endlich Stöcke zum jagen und zerkleinern. Auch zu Hause in Weener "hilft" Loona den Arbeitern der Stadt immer beim Zerkleinern von Holzschnitt ...

Gegen 12:00 Uhr hebt sich der Nebel dann immer weiter. Die Noah hat den Hafen bereits verlassen, der Himmel ist noch immer grau bedeckt und der Wind kommt jetzt aus südwestlicher Richtung.

Zwei Stunden vor dem Niedrigwasser Borkum legen wir ab: Wie soll es anders sein, auch diese Mal bläst der Wind genau von vorn - die Segel müssen unten bleiben ...

Außerhalb der "roten" Fahrwasserseite fahren wir emsaufwärts. Dadurch bleiben wir dem Durchgangsverkehr fern. Trotzdem müssen wir wachsam sein: Immer wieder sind hier an schnell wechselnden Stellen Messbojen zur Strömungsmessung ausgelegt - kleine Kugeln mit langer Antenne. Wenn diese bereits länger im Wasser sind, haben sie nicht mehr die helle Farbe, mit der man sie bei Tag leicht sehen kann.

Die Einfahrt zur Fischerbalje liegt bald hinter uns ... Fern vom Durchgangsverkehr ...

Regenschauer kommen immer mal wieder vorbei. Etwa ein Meter Seegang lassen die pacifico leicht schaukeln. Loona möchte dann wieder Angst haben, Jürgen geht mit ihr deshalb oft an Deck. Dort ist es zwar kalt, aber die Hündin kommt dort wenigstens etwas zur Ruhe.

Der Wind dreht gegen 20:00 Uhr wieder auf eine südöstliche Richtung und nimmt schließlich zu bis Stärke 5. Ab 20:30 Uhr ist es dunkel, grauer Himmel und kein Mondlicht. Simone verschwindet mit Loona in den Salon. Beide kuscheln sich auf dem Sofa zusammen und Loona bleibt ruhiger ...

Kurz nach 21:00 Uhr laufen wir bei der Tonne 44 ins Hauptfahrwasser ein: Zbigniew und Jürgen fahren oben, Simone hält Loona unten ruhig. Ab der Fahrwassertonne 57 kommen dann Wind und Wellen von vorn - ein Meter Seegang. Um 22:45 Uhr laufen wir schließlich in den Emder Außenhafen ein. Es regnet leicht und der große Autotransporter gleich bei der Einfahrt gibt nur ein unscharfes Bild ab ...

Autotransporter im Dunkeln: Auch unscharf kaum zu übersehen ... ;-) Loona hat wieder gekämpft. Gegen sich selbst ...

In Ruhe bereiten wir die pacifico zum Festmachen vor. Loona bleibt dieses Mal unten im Salon. Direkt am Niedergang wartend, haben sich Jürgen und Loona gut im Blick, das funktioniert ganz gut.

Die Anleger des Emder Yachtclubs sind gut besucht und liegen in fast völliger Dunkelheit. Wir entschließen uns deshalb, am Zollponton anzulegen. Wieder Wind von vorn - das geht gut und ruhig. Kaum ist der Motor aus, will Loona nach oben, also raus mit ihr.

Nachdem das Boot sicher vertäut ist, lassen wir den Tag ruhig ausklingen. Loona hat es sich auf dem Cockpitboden gemütlich gemacht - dabei sein ist alles. Sie ist von ihrer Aufregung sichtlich erschöpft. Wir legen eine Jacke auf sie drauf und sie schläft bald ein. Bei uns gibt es ein Einlaufbier: Lecker!

Bald darauf lässt der Wind tatsächlich nach und erste Sterne sind zu sehen ...

Der ruhige Rest der Reise – Loona übernimmt wieder das Kommando in Weener ...  (Montag, 14.09.15)

07:30 Uhr, grau bedeckt, leichter Regen, umlaufender Wind Stärke 2, 16°C: Es ist 10:45 Uhr als wir ablegen. Bei unserer Abfahrt ist es gerade einmal trocken.

Auf dem Zollponton ist alles still: Der Zollkreuzer Emden der Küstenwache, Jürgens normaler Arbeitsplatz, hat bereits heute morgen um 07:40 Uhr abgelegt und ist flussabwärts zur Nordsee gefahren, seinem Fahrtgebiet.

Loona ist wieder an Deck beim Ablegen. Das klappt gefahrlos und ist offensichtlich der zur Zeit beste Weg, sie hier ruhig zu halten. Leider hat sie das Futter von gestern Abend nicht drin behalten: Das sieht nach einem übernervösem Magen aus.

In ruhiger langsamer Fahrt passieren wir die Autotransporter und die Getreidesilos des Emder Außenhafens, dann fahren wir flussaufwärts Richtung Weener, unserem Heimathafen. Eine Stunde später passieren wir das Emssperrwerk. Normalerweise nutzen viele Schiffe den auflaufenden Gezeitenstrom, um die Häfen der Ems oberhalb von Emden zu erreichen. Doch wir sind nun allein unterwegs.

Auf unserer Fahrt gibt es immer wieder Schauer. Daher bleiben wir meistens im geschützten Cockpit. Loona lässt sich während der Fahrt hinlegen, zudecken und beruhigen. Sie ist von den letzten Tagen völlig geschafft. Die Augen fallen ihr im Sitzen zu, aber sie zwingt sich dazu, immer wachsam zu sein. Da werden wir mit der jungen Dame noch viel üben müssen ..!

Im Emder Außenhafen ... Das Emssperrwerk wird passiert ... Und die Weener Schleuse wartet schon ...

Bereits um 13:35 Uhr passieren wir wieder "Emsbridge", die bereits erwähnte große Straßenbrücke in der Nähe der Stadt Leer (siehe Nachtrag unten). Der Verkehr auf der Brücke hat wieder rücksichtsvoll angehalten, damit die Brücke für unsere langen Masten geöffnet werden kann. Um 14:20 Uhr wartet schon die Schleuse in Weener auf uns: Dank Hafenmeister Frank können wir wieder ohne zu warten einlaufen.

Der Weg zum Liegeplatz ist noch einmal spannend: Während unserer Abwesenheit soll der große Schlickberg unter Wasser, gleich hinter der Schleusenausfahrt, abgeflacht worden sein. Es klappt, wir können mit viel Schwung auf direktem Weg in den Alten Hafen einlaufen - allerdings ist da aber doch noch viel Schlick unter Wasser ...

Unsere Nachbarn von der Lauenburg und der albé kommen uns gleich entgegen, um uns mit den Festmacherleinen zu helfen: Da ist das Anlegen keine Mühe mehr. Um 15:00 Uhr ist unsere zweite Reise schließlich beendet. Alle sind wieder gesund angekommen und am Schiff hat alles bestens funktioniert - fein!

Und ab morgen kommt dann wieder der Alltag - ein großer Berg Wäsche wartet darauf, gewaschen zu werden ...


© 2015 Jürgen Sattler


1. Nachtrag, Dezember ´15: Mehr zu den Emsbrücken ...

Im Dezember 2015 gab es bundesweite Schlagzeilen zu der Umgebung von Weener, dem Standort unserer pacifico-Crew. Ein über 100 Meter langer Seefrachter namens Emsmoon hatte die so genannte "Friesenbrücke" bei Weener gerammt und dabei nachhaltig zerstört. Bei dieser Eisenbahnbrücke besteht die Möglichkeit, auch mit einem Zweirad oder zu Fuß über die Ems zu kommen. Bisher wurde bei Überführungen der riesigen Kreuzfahrtschiffe aus der nahen Meyer-Werft in Papenburg zur Nordsee immer mittels Schwimmkränen das Mittelteil ausgehängt.

In dieses Mittelteil ist der Frachter bei ablaufendem Wasser hinein gefahren. Nun ist das Mittelteil also zerstört und die gesamte Brücke verzogen - Totalschaden (siehe Bild unten). Die Brücke ist sehr alt und war bisher eher schon ein Fall für das Technikmuseum. Die Bahnverbindung zwischen dem niederländischen Groningen und Leer, die über die Brücke führt, war bis 1975 Teil der kürzesten Bahnverbindung von Hamburg und Amsterdam, hat aber mittlerweile keine große überregionale Bedeutung mehr. Nun muss sie komplett neu gebaut werden ... 

Volltreffer: Der Frachter hat wohl etwas übersehen ..? Emsbrücken bei Weener und Leer ...

Um keine Unklarheiten im Zusammenhang mit den Fahrten der pacifico aufkommen zu lassen: Die bei Seeschiffen "Weener Bridge" genannte Friesenbrücke (siehe Karte oben rechts) muss von der pacifico bei ihren Fahrten Richtung Nordsee nicht passiert werden, da sie südlich der Schleuse vom Weener Hafen liegt.

Dagegen muss die pacifico aber regelmäßig die nördlich bei Leer gelegene "Emsbridge" oder auch "Leer Bridge" passieren, wie sie bei Seeschiffen genannt wird. Der "normale" ostfriesische Name der Emsbridge lautet "Jan Berghaus Brücke". Sie liegt etwas südlich vom Emstunnel ist noch nicht so alt, hatte erst ein Klappteil und bekam wegen der Meyer-Schiffe ein zweites kürzeres dazu.


2. Nachtrag, Januar ´17: Und die nächste Reise kommt bestimmt

Die pacifico-Crew rund um Jürgen Sattler war auch im Folgejahr wieder unterwegs - diesmal gelang alles trotz erneutem schwachen Wind:


Anm. der Red.: Weitere Beiträge von Jürgen Sattler finden sich in unserer Autorenübersicht!