Einsatz während, zwischen und nach den zwei Weltkriegen
Als der Erste Weltkrieg ausbrach, wurde die NOMADIC von der französischen Regierung "eingezogen".
Sie versah ihren Dienst als Hilfs-Minensucher und auch als Patrouillenboot. Ebenfalls eingesetzt wurde sie später, um amerikanische Soldaten von vor Brest ankernden Marineschiffen an Land zu bringen.
Nach dem Krieg nahm sie bis zum Jahr 1927 wieder ihren Betrieb als Zubringerschiff für die White Star Line auf, bis sie schließlich an ein französisches Unternehmen verkauft wurde. Unter dem neuen Eigentümer diente sie weiter als Zubringerschiff für Ozeandampfer, die zu groß waren, den Hafen von Cherbourg anzulaufen. Diese Aufgabe behielt sie bis zum Jahr 1934, als der Hafen vergrößert wurde.
Nach dem Verkauf an die französische Cherbourg Sauvetage et de Remorquage (SCSR) (Abschlepp- und Rettungsgesellschaft) wurde sie umbenannt in INGENIEUR MINARD. Dann - im Juni 1940 - zog sie schließlich erneut in den Krieg: Zunächst war sie beteiligt an der Evakuierung britischer Truppen aus Cherbourg (Anm. der Red.: "Operation Ariel"), die kurz nach der größeren und berühmteren Evakuierung aus Dünkirchen ("Operation Dynamo") stattfand.
Nach der wohlbehaltenen Ankunft der INGENIEUR
MINARD in Großbritannien wurde sie dort von der Royal Navy übernommen.
Während sie die nächsten fünf Jahre in Portsmouth stationiert war, wurde sie hauptsächlich als küstennaher Truppentransporter
für Soldaten zwischen Portsmouth und der Isle of Wight
eingesetzt. Nach dem Ende des
Zweiten Weltkriegs kehrte sie in französisches Eigentum
zurück.
Der Hafen von Cherbourg war während des
Krieges schwer beschädigt worden, was wieder verhinderte, dass große Ozeandampfer
dort anlegen konnten. So wurde sie noch einmal zum Zubringerschiff
und transportierte Tausende von Passagieren von und zu den vor der Küste
liegenden Ozeandampfern, darunter auch die erste QUEEN ELIZABETH. Das
kleine Zubringerschiff erfüllte diese Aufgabe bis gegen Ende des
Jahres 1968 ...
Die Pariser Zeit der NOMADIC
Nach fünf Jahren ohne Nutzung schien die Zeit gekommen zu sein, die INGENIEUR MINARD zu verschrotten. Da wurde sie jedoch von einem Privatmann erworben, der ihr auch den ursprünglichen Namen wiedergab. Die NOMADIC wurde daraufhin aufwändig restauriert, um aus ihr ein schwimmendes Restaurant zu machen.
Im Oktober 1974 wurde sie wurde nach Paris verlegt und dort an der Seine nahe dem Eiffelturm festgemacht. Im Jahr 1999 starb jedoch der Eigentümer der NOMADIC und das Geschäft geriet in finanzielle Schwierigkeiten. 2002 wurde das alte Schiff von den Pariser Behörden konfisziert und nach Le Havre geschleppt, vermutlich um dort verschrottet zu werden.
Nachdem das drohende Schicksal des Schiffes bekannt wurde, traten sowohl in Frankreich als auch in Nordirland Freunde von erhaltenswertem Kulturgut und maritimen Belangen in Aktion.
Gerettet, zurückgekehrt und restauriert
Bis zum Jahr 2006 wurden genügend Mittel gesammelt, um das Schiff kaufen zu können und es nach Belfast zu verlegen. Mitte Juli 2006 kehrte die NOMADIC an ihren Entstehungsort zurück, "huckepack" auf einem Lastkahn. Sie wurde begrüßt von einer ganzen Schar von Würdenträgern, von guten Wünschen und von Mitarbeitern der Werft, die sie einst gebaut hatte. Weitere Spendenaktionen fanden im Anschluss daran statt.
Im August 2009 verlegte man die NOMADIC schließlich dauerhaft in ein restauriertes Trockendock in Belfast, von dem vermutet wird, dass es das ist, wo das Schiff einst für seine ersten Tests auf See vorbereitet wurde. Im Jahr 2011 übernahmen ihre Bauherren von Harland und Wolff dann die Restauration des betagten Zubringerschiffs.
Enthalten in diesen Arbeiten waren die Wiederherstellung der Brücke und der Flybridge sowie auch des Schornsteins, der bereits vor Jahren entfernt worden war, um dem Schiff die Passage unter den niedrigen Seine-Brücken zu ermöglichen. Außerdem erhielt die NOMADIC wieder einen Außenanstrich in ihren Originalfarben.
Im Inneren wurde wunderschön ihr Charme des frühen 20. Jahrhunderts wiederhergestellt. In ihren Passagierlounges stellte man zusätzlich verschiedene Museumsexponate auf. Die gesamten Million-Dollar-Arbeiten wurden im Jahr 2012 abgeschlossen - und erlaubten es somit, dass das historische Schiff auch langfristig der Öffentlichkeit wieder zugänglich ist ...
© 2015-2019 Bill Lee, Deutsche Übersetzung: Explorer Magazin
Anm. der Red.: Weitere Beiträge von Bill Lee finden sich in unserer Autorenübersicht!