Von Hartbooten, Schlauchbooten, Faltbooten, von Kajaks und Kandiern ...
Hartboot vs. Schlauchboot
Was sollte man als Anfänger generell über den Unterschied zwischen Hart- und Schlauchbooten wissen? Nun, diesen kann man bereits aus einem guten Beratungskatalog entnehmen, wie z.B. ein Auszug aus einem früheren Lauche & Maas Katalog zeigt. Wie bei diesem Anbieter üblich, werden viele Informationen zu Produkten geliefert und der potentielle Kunde erhält im Vorfeld seines Besuchs bereits einen guten Überblick - so sollte es sein!
© Lauche & Maas, Auszug Beratungskatalog ´98 zu Booten:
"Warum ein Hart-Boot? Ein Hart-Boot hat den Vorteil, im ruhigen Wasser schneller und richtungsstabiler zu sein. Es ist weniger Paddelarbeit nötig, es vorwärts zu bewegen. Wer es allein fährt, merkt diesen Unterschied am deutlichsten. Das Hartboot ist unempfindlicher bei "Bodenkontakt" und spitzen Ästen von Ufergehölzen, Taschenmessern, und so weiter.
Das Hartboot erfordert im Lauf der Zeit weniger Pflege als ein Schlauchboot, je nach Material und Gebrauch hält es im Schnitt auch länger. Andererseits sollte ein gutmütiges Anfängerkanu breit und lang sein: das heißt, gute 5 m Länge und rund 1 m Breite am Stück wollen transportiert und gelagert sein. Nicht jeder hat dazu die Möglichkeit. Hier hat das Schlauchboot Vorteile.
Warum ein Schlauchboot? Schlauchboote sind (relativ) klein verstaubar! Im Wohnmobil liegen sie im Staufach, und wenn sich eine Gelegenheit bietet, oder wenn plötzlich die Lust nach Kanufahren aufkommt, werden sie schnell aufgepumpt und los gehts. Keine Dachlast, kein Luftwiderstand, keine Höhenprobleme.
Daheim lassen sie sich auch in der Wohnung, unterm Bett oder sonstwo verstauen. Im wild bewegten Fluß sind sie einfacher zu fahren als Hartkanus. Schlauchboote sind im Schnitt leichter, allerdings auf rauhen Gewässern mit mehr Kraft zu fahren und empfindlicher in Behandlung und Pflege. Wir empfehlen Schlauchboote allen, die spontan mal zu Wasser wollen, oder die oben beschriebene Wander-Boot-Kombination machen wollen, oder die einfach nicht wissen, wo sie ihr Hartboot in der Mietwohnung unterbringen sollen."
Faltboote: Kajak oder Kanadier?
Doch was sollte man wissen, wenn man etwas tiefer in die Materie eindringen will?
Leser Carsten Strauß stellte eine Frage zu Faltbooten, die unser Autor Bernd van Ooy, bekannt durch viele Tourberichte wie z.B. von seiner Kanutour auf dem Rogen, Auf dem schwarzen Fluss, Auf dem "Nittälven" oder Frostige Nächte am Stora Gla beantwortet - Bernd sollte es wissen ..!
" ...was haltet ihr von den Klepper Faltbooten? Bin durch Zufall darauf gestoßen und finde das ganze sehr interessant. Gut, sie sind etwas teuer, aber dafür ja leicht zu verstauen und schnell aufgebaut. Wie sieht es mit Praxisberichten aus? Bekommt man so was auch gebraucht oder ist davon abzuraten? ..."
Nachdem Faltboote etliche Jahre etwas im Dornröschenschlaf lagen, sind sie in den letzten Jahren wieder sehr im Aufwind. Wenn man bislang noch nicht gepaddelt hast, sollte man aber zuerst feststellen, welcher Bootstyp einem mehr zusagt: Ein Kajak oder ein Kanadier.
Ein Kajak bedeutet, dass nur eine Sitzhaltung möglich ist, flach auf dem Bootsboden mit ausgestreckten bzw. leicht angewinkelten Beinen. Dazu besteht in der Regel eine geringere Staumöglichkeit für Gepäck und auch nur die Möglichkeit, alles in Beuteln oder Säcken zu verstauen. Packtonnen, sehr praktisch für Lebensmittel und etwas bruchgefährdete Sachen sowie gleichzeitig Sitzgelegenheit und Tischersatz, passen nicht hinein - zumindest nicht, wenn man zu zweit unterwegs ist.
Dieser Bootstyp ist generell leichter zu paddeln und zu steuern, weil die meisten Boote mit einer Steueranlage ausgerüstet sind bzw. werden können. Außerdem können diese Boote mit Zubehörteilen zu einem kleinen Segelboot aufgerüstet werden. Bei Langstreckenfahrten kann das sehr praktisch sein. Die Wanderzweier sind sehr sichere und seetüchtige Boote und können bei gestiegenem Können auch durchaus in leichtem bis mittlerem Wildwasser gefahren werden. Im Klepper Faltboot wurde sogar schon der Atlantik überquert.
Die bekanntesten Marken sind Klepper, dann noch die in den neuen Bundesländern beheimatete Firma Pouch. Letztere preiswerter, aber in der Qualität doch deutlich hinter den anderen Marken angesiedelt. Weniger bekannt sind der französische Hersteller Nautiraid und die amerikanische Firma Feathercraft. Beides sehr teure und geradezu Hightech-Boote aus modernsten Materialien. Bis auf die Boote von Pouch handelt es sich bei allen um sehr hochwertige Boote und in den neuesten Versionen sind die Gestänge nicht mehr aus Holz, sondern aus Aluminium. Allen gemeinsam ist der sehr hohe Preis!
Die Boote, speziell diejenigen mit Holzgestell, sind aber keine Leichtgewichte: 30 kg und mehr ist normal. Zwar sind sie zum Transport zerlegbar, machen aber wenig Freude bei längeren Landtransporten. Auf- und Abbau dauert schon einige Zeit. Auch darf man nicht vergessen, dass die Boote bei der Lagerung zu Hause nicht verpackt sein dürfen. Die Haut sollte immer trocken und ausgelegt gelagert werden, sonst gibt es mit der Zeit Probleme an den Knickstellen.
Diese Boote gebraucht zu kaufen birgt ein gewisses Risiko, es kann vorkommen, dass ein für den Laien gut aussehendes Boot beim ersten Zusammenbau fast in Stücke zerfällt: Die Bootshaut ist da das Problem. Also sollte jemand beim Kauf dabei sein, der etwas von der Sache versteht. Unter folgendem Link findet man ein Forum für Faltbootfahrer, in dem man sich auch gut durchfragen kann: http://www.faltboot.de.
Aber auch hier nicht alles bedingungslos glauben, was so erzählt wird: Diese Leute sind teilweise rechte Freaks und lassen kein anderes Boot gelten als das, was sie gerade paddeln.
Wie immer muss man viel vergleichen und auch zwischen den Zeilen lesen ...
Nun zum Kanadier, ich muss zugeben, dass ich ein unverbesserlicher "Einharmiger", sprich Kanadier Paddler bin. Ich habe aber trotzdem versucht, die Kajaks objektiv zu beurteilen. Was viele, insbesondere Anfänger in der Paddelwelt, nicht wissen: Es gibt auch Faltkanadier.
Dieser Bootstyp wird im Gegensatz zum Kajak nicht mit einem Doppelpaddel voran getrieben, sondern mit einem sogenannten Stechpaddel. Dies bedeutet, dass der/die Vordermann(frau) auf der einen, der/die Hintermann(frau) auf der anderen Seite des Bootes paddelt. Es gibt keinen Wechsel der Paddelseite. Ein Kanadier besitzt auch keine Steueranlage und ist somit für den Anfänger erst einmal etwas schwerer zu beherrschen und zu steuern.
Es handelt sich aber um keine Hexerei, und wenn man möchte, kann man es auch in annehmbarer Zeit lernen. Der große Vorteil dieses Bootstyps ist unter anderem die Möglichkeit, die Sitzposition auch während der Fahrt leicht zu verändern. Man kann sitzen mit ausgestreckten Beinen, angewinkelten Beinen, auf beiden Knien auf dem Boden auf einem Polster knien und dabei das Hinterteil auf einem leicht schrägen Sitz abstützen oder mit nur einem Knie knien und einem ausgestrecktem Bein sitzen. Viele Möglichkeiten, die garantieren, dass man nicht so schnell ermüdet oder einem die "Gräten" einschlafen. Sogar aufstehen, um eine bessere Übersicht zu haben, ist für den Profi möglich. Die Boote bieten darüber hinaus sehr viel und leicht zugänglichen Stauraum. Auch das Anlegen bzw. Einsteigen geht bei einem Kanadier leichter.
Sowohl Kajak als auch Kanadier können mit einer Persenning ausgestattet werden, die vor Regen und bei leichtem Wildwasser vor überkommendem Wasser schützt. Die bekanntesten Marken sind der Ally Faltkanadier der norwegischen Firma Bergans und der Kanadier des amerikanischen Herstellers Pakboat. Außerdem baut auch Klepper inzwischen einen Faltkanadier, der aber preislich so etwas wie der Phaeton bei VW ist.
Ally und Pakboat besitzen eine Haut aus glasfaserverstärktem PVC mit einem Gerippe aus Aluminium. Die Haut ist unglaublich robust und im Falle eines Falles sehr leicht zu flicken. Pakboat verstärkt zusätzlich noch mit einem umlaufenden Luftschlauch, der das Boot unsinkbar macht. Beim Ally erledigt dies eine dicke Bodenmatte aus geschlossen zelligem Schaum. Der leichteste Ally, der Tramp 15 DR, wiegt bei einer Länge von 4,60 m und einer Breite von 90 cm gerade mal 17 kg. Das kann man auch alleine durch die Botanik tragen!
Einen Bericht über dieses Boot findest du bei den Tourbeschreibungen 1997 "Die Rogentour". Diese Boote sind, da es nur Kunststoffhaut gibt und nicht mit zunehmendem Alter mürber werdenden Stoff, leichter gebraucht zu kaufen. Die Haut altert nicht und der Grad der Abnutzung wird durch die sichtbaren Flicken dokumentiert. Auch diese Boote sind deutlich teurer als vergleichbare Festboote. Der Aufbau dauert mit ein wenig Übung unter 30 Minuten. Auch diese Bootshäute sollten über längere Zeiten möglichst nicht in gefaltetem Zustand gelagert werden.
Also wie am Anfang schon gesagt: Erst einmal z.B. bei einem Testwochenende eines Kanuhändlers ausprobieren, welcher Bootstyp einem liegt. Ein Fehlkauf ist ziemlich teuer! Nicht auf Händler hören, die erzählen, dass ein Kajak das Nonplusultra und sooo bequem wäre. Das gilt auch für den Kanadier. Ich persönlich habe nach einer Stunde im Kajak höllische Kreuzschmerzen durch die einseitige Haltung und Bewegung. Im Kanadier kann ich dagegen 6 Stunden paddeln ohne Probleme. Da ist halt jeder anders gestrickt - also ausprobieren!
Und eins noch zum Schluss: Sollte man auf die Luftboote stoßen oder ein Händler will so etwas verkaufen ...vergiss es. Metzeler Indio oder XR-Trecking oder Grappner Outside, diese Boote sind einzig im bewegten Wasser zuhause. Auf einem ruhigen Fluss oder See sind die die reinste Hölle: sehr träge und windempfindlich und auch nur mit wenig Stauraum im Gegensatz zu einem Falt- oder Festkanadier. Und leicht sind diese Boote auch ganz und gar nicht! Eben auch nur gut verstaubar. Im Wildwasser aber sind diese Boote in ihrem Element!
© 2005 Fotos C-B-R München: J. de Haas