Bayern 2018/2019: Auch ein lahmer Hals wird wieder fit!
Über Glück und Leiden in Bad Aibling ...
Eingewöhnung muss sein ...
Warum soll man eigentlich immer nur über Reisen in Hotels, über Campingreisen oder über Kreuzfahrten berichten, wenn es auch anders geht?
So kann man zum Beispiel doch einfach mal den Besuch einer Rehaklinik, der ja unter anderem auch zur Entspannung dienen soll, zum Anlass nehmen für einen Besuchsbericht der etwas anderen Art - eben einen ganz speziellen "Gesundheitsbesuch" im schönen Voralpenland ..!
Nachdem eine Operation an der Lendenwirbelsäule vor fünf Jahren zu einem ganz neuen Lebensgefühl führte, war vor einigen Wochen nun die Runderneuerung der Halswirbelsäule fällig. Deshalb ist diesmal eine anschließende stationäre Reha zwingend erforderlich, denn das Tragen der sogenannten Cervicalorthese über sechs Wochen hinweg ließ die Muskeln am Hals schrumpfen und die verbliebenen Reste waren auf Grund der Operation rund ein Zentimeter gedehnt - immerhin ein Schwanenhals, zwar nicht so schön und weiß, aber fast so dünn und ziemlich lahm. Eine weitere Folge der Schwächung: Auch ganz ohne Alkoholmissbrauch hat man ständig einen irrsinnig schweren Kopf ...
Die Reha startet am 26.12.2018 im nahegelegenen Bad Aibling in der Wendelstein Klinik: Was für ein Zufall, haben wir doch aus dem Redaktionsbüro freien Blick auf diesen Berg und den im Vorjahr endlich auch besucht! In der Klinik selbst ist er allerdings nur von der Dachterrasse aus zu erblicken ...
Die Begrüßung an der Rezeption ist sehr freundlich und sofort erklärt sich die zierliche Dame vom Empfang bereit, auch das Gepäck auszuladen, da ich noch nicht mehr als 1 kg (! ) tragen darf. Daher bin ich froh, alles in zwei kleine Koffer verstaut zu haben, anstatt in einen großen schweren, ansonsten würde die Dame vom Empfang wohl bald vielleicht selbst hier als Patientin landen ...
Ein großes Zimmer erwartet mich: Ich habe ein "Rollstuhlfahrerzimmer" erhalten, das fast doppelt so groß ist wie ein normales und auch zweckmäßig gestaltet. Direkt gegenüber liegt die Teeküche - gut, dass ich die Checkliste der Klinik abgearbeitet und eine Thermoskanne eingepackt habe! Für das kostenlose Sprudelwasser gibt es Spender, aber man darf sie nur mit Flaschen benutzen, die man im Kiosk kaufen muss.
Es ist der 26.12. mittags, zweiter Weihnachtsfeiertag, der Kiosk ist natürlich geschlossen. Aber im "lauscheligen" Internetcafé, wo man das Internet nur kostenpflichtig nutzen kann (allerdings bloß wie?), stehen zwei riesige Getränkeautomaten. Jedoch gibt es nur Bier in allen Varianten und ein wenig Limo ...
Das Rätsel um das Internetcafé klärt sich schnell: Es wurde nur wenige Tage zuvor mangels Nutzung aufgelöst. Es stehen deshalb nur noch die Möbel herum!
Danach steht die Klärung vom WLAN auf dem Plan: Ab zur Rezeption, dort befindet sich eine Info-Tafel. 5,- Euro pro Tag (!), aber für 3 Wochen nur 25,- Euro. Es braucht schon ein paar Momente. um den Preis zu verdauen. Dann noch eine kurze Frage: Ist das WLAN verschlüsselt? Antwort: Selbstverständlich! Ich glaube der Auskunft und zahle also den Preis von 25,- Euro.
Bis alles im Zimmer eingerichtet ist, gibt es bereits Abendessen: Am Eingang vom Speisesaal hängt die Speisekarte aus, aber nur für das Mittagessen. Wurde die Karte für das Abendessen vielleicht vergessen? Oh nein, denn es gibt jeden Abend im Prinzip das Gleiche! Etwas grüner Blattsalat erwartet mich, einige Fertigsalate - für meinen Geschmack ziemlich übersäuert, hauchdünne geschmacklose Käsescheiben, einfachster Aufschnitt und recht trockenes Brot, das beim Abbeißen verkrümelt. Manche Patienten bringen deshalb offensichtlich ihr eigenes Brot mit.
Kein Obst, kein Joghurt oder Quark, keine Eier, keine süßsauren Gurken oder sonstige Nettigkeiten: Ich frage nach Sprudelwasser. Wieder wird nur auf die Flasche verwiesen und ich solle doch Leitungswasser oder Tee trinken. Nun, Tee hatte ich schon den ganzen Tag und Leitungswasser führt bei mir leider schnell zu Völlegefühl mit Brechreiz. Mittlerweile würde ich richtig viel Geld für einen Schluck Wasser "mit Sprudel" zahlen.
Also ab zur Rezeption - Beschwerde, ich will Sprudelwasser. Die Dame weiß Rat: Ich solle doch ein Bierglas aus dem Internetcafé nehmen, damit dürfe ich am Sprudler Wasser zapfen. Der Abend ist zunächst gerettet!
Jetzt nur noch schnell das Internet einrichten. Auf der Startmaske liest man noch: "Netzwerktechnik zum Knallerpreis", aber oh Schreck, Windows warnt, das Netz sei nicht verschlüsselt. Also wieder zur Rezeption: "Ja hallo, ich schon wieder, ich bin nicht bereit, 25,- Euro für ein unverschlüsseltes WLAN zu zahlen!"
Ich werde an einen "fachkundigen" Herrn verwiesen, der da meint: "Ja was meinen Sie, wie wir in Teufels Küche kämen, wenn das WLAN nicht verschlüsselt wäre". Auf Nachfrage, wie denn bitte verschlüsselt wird, heißt es: "Mit Ihrem Passwort". Ich glaube hier aber eher der Windows-Warnung und nicht dem "Experten", er verwechselt wohl Verschlüsselung mit Authentifizierung. Ich fordere mein Geld zurück, was ich anstandslos bekomme. Da stocke ich bei Bedarf doch lieber mein Datenvolumen im Mobilfunkvertrag auf, das ist zwar nicht so schnell, aber deutlich günstiger (Deutschland, du digitales Entwicklungsland, aber mit großer digitaler Zukunft! )
Das Programm für den nächsten Morgen macht klar, das ist Reha und kein Wellnessurlaub: 06:50 Uhr Blutabnahme, Wiegen (ein Tag nach Weihnachten - ein Moment der Ernüchterung! ), Führung durch das Haus, Frühstück, Arztbesuch. Am Morgen danach 06:30 Uhr Urinabgabe. Hier regieren die "Lerchen", "Nachtigallen" und "Eulen" haben wohl eher das Nachsehen ...
Etwas hungrig nach dem kargen Abendmahl widme ich mich der Hausordnung, die im Zimmer liegt: Gleich der dritte Punkt lautet "Alkohol". Der ist hier selbstverständlich strikt verboten außer in der Cafeteria neben dem "Internetcafé", nun machen auch die Getränkeautomaten Sinn.
Die Raucher sind weit nach draußen verbannt in einen Raucherpavillon, da sind sie wenigstens gezwungen, auf dem Hin- und Rückweg noch gesunde Bergluft zu atmen und die Rauchschwaden bleiben so der Klinik fern. Dieser Raucherpavillon ist "Lillys" Reich: Die Räderkatze haust hier und wird liebevoll versorgt. Die Patienten beschaffen sogar Futter und damit sie nicht überfüttert wird, gibt es tatsächlich auch einen Futterplan, in den jeder einträgt, wann und was er Lilly gegeben hat ...
© 2019 Sixta Zerlauth