Entlang der Küste: Die letzten Tage in Albanien ...

14. Tag: Berat - Vlora (Fr, 06.06. / 90 km)

Malerische Kulisse in Berat ...Morgens, als wir schon aufbrechen wollen, sollen wir mit Pedro unbedingt noch seine Kirschbaumplantage besichtigen: Ein schweißtreibendes Vergnügen, bei rund 32°C den Berg hinauf zu marschieren, um ein paar Zweige Kirschen zu pflücken. Aber sie schmecken köstlich, es hat sich wirklich gelohnt. Jedes zweite Wort von Pedro ist "mir" = gut. Gegen Mittag kommen wir endlich weiter.

Bei brütender Hitze steigen wir die steilen Stufen durchs alte Berat hinauf. Wunderschöne steinerne Häuser, von Wind und Wetter gegerbte Holztüren, verwitterte Tonziegel und verwinkelte schiefe Steintreppen, enge Gassen mit Wein überwachsen. Berat ist unser Favorit unter allen albanischen Städten.

Trotz der Hitze wollen wir, mittlerweile schon sehr träge, die Burg anschauen. Hier überraschen uns die noch bewohnten Häuser inmitten der Burganlage. Leider ist wegen der Hitze nicht mehr viel mit uns anzufangen und so brechen wir die Besichtigung der tollen Burg ab. In einem Café erfrischen wir uns mit Mokka und Cola, Christoph bekommt ein Eis geschenkt.

Über Fier geht´s weiter Richtung Vlora. Ich kaufe einen Fisch am Straßenrand, der abends in die Pfanne wandern soll.

Kurz vor Vlora finden wir ein nettes älteres Ehepaar, vor deren Haus wir stehen bleiben dürfen. Der Hausherr heißt zufällig ebenfalls Thomas, wie sich herausstellt. Mit ihrer Freundin bäckt die Hausherrin eine Blätterteigpastete.

Abendessen: Fischverkäufer am Straßenrand ...Meinen Fisch brate ich, obwohl sie meint, wir sollen doch bei ihr mitessen. Die Pastete, zu der es Lammrippchen gibt, schmeckt einfach himmlisch. Wir sitzen in geselliger Runde mit allen Nachbarn im Innenhof. Eine junge Studentin übersetzt ins Englische und so werden heute eine Menge Fragen beantwortet, die sich im Laufe unserer Reise angesammelt haben ...

15. Tag: Vlora - Borsh (Sa, 07.06. / 107 km)

Gestern Abend probierte (mein) Thomas einen ausgerissenen Winkel an der Kabine wieder zu befestigen. Im Dunkeln brach der Bohrer ab. Heute morgen versucht er es noch einmal und diesmal schafft er es, dass der Winkel fest sitzt und unsere Kabine wieder sicher verankert ist.

Unser Gastgeber Thomas hat dagegen ein Problem mit seiner Wasserpumpe und so haben wir kein fließendes Wasser, alles muss aus Fässern mit Bechern genommen werden. Dieser Thomas wird nun etwas hektisch und so packen wir eilig unsere 7 Sachen zusammen und fahren ohne Dusche und Morgentoilette mit ihm in die Stadt, um ein Ersatzteil zu besorgen.

Wir bummeln über den Markt: Die Tische stehen eng zusammen und mit unserem Buggy, in dem sich Christoph heute fahren lässt, ist fast kein Durchkommen. Die Stadt ist sehr modern mit breiten Straßen, vielen Cafés und Bars. Wir besichtigen das monumentale Unabhängigkeitsdenkmal und eine Moschee.

Erneuter Abschied und weiter am Meer entlang: Am Strand ist die Hölle los, jeder Zentimeter ist belegt. Nach einigen km an der Uferstraße geht es steil in die Berge hinauf, wir kommen an eingestürzten Häusern vorbei. Ob diese bei einem Erdbeben eingestürzt sind oder ob das "Schwarzbauten" waren, die abgerissen wurden?

Ein Teil der Straße, die Serpentinen hinunter zur Küste, ist neu ausgebaut. Gleich danach ist sie wieder die Alte, einspurig und sehr eng. Es geht durch knorrige Olivenplantagen, die in Terrassen angelegt sind, winzig kleine Ortschaften, von denen jede eine Besichtigung wert wäre ...

"Romantische Straße" in Albanien ...

Romantischer geht es wirklich nicht: Das ist die schönste Strecke, die wir bisher in Albanien gefahren sind. Kommt uns ein Bus oder LKW entgegen, muss einer eine Bucht zum Ausweichen suchen, sonst geht gar nichts mehr. Und das ist eine der beiden Hauptverbindungsstrecken in Richtung Nord-Süd!

In Borsh fragen wir wieder bei einer Familie nach einer Übernachtungsmöglichkeit und dürfen bleiben, als sie verstanden haben, was wir wollen.

16. Tag: Borsh (am Strand) (So, 08.06. / 8 km)

Das Wetter ist toll und wir wollen auf jeden Fall gleich an den Strand, einen Ruhetag einlegen.

Überraschenderweise bietet uns die Familie an, noch eine Nacht bei ihnen zu bleiben und so haben wir den ganzen Tag zur Verfügung, ohne am Nachmittag schon wieder einen guten Platz für die Nacht suchen zu müssen ...

Ein Tag am Strand ...

Leider wird das Wetter schlechter und Wolken ziehen auf: Ein paar Regentropfen veranlassen uns, alles einzupacken. Wir nutzen das schlechte Wetter zum Faulenzen in der Kabine.

17. Tag: Borsh - Sarande - Butrint (Mo, 09.06. / 66 km)

Weiter geht´s Richtung Süden auf der wunderschönen Küstenstraße. Am Berghang zieht sich die Straße an der Küste entlang mit fantastischen Blicken auf´s Meer und die Steilküste mit kleinen Buchten, die zum Baden einladen ...

Auf dem Weg ins Flitterwöchnerparadies ...

Für die 35 km bis Sarande brauchen wir 1,5 Stunden. Sarande ist das Flitterwöchnerparadies Albaniens, deshalb gibt es viele Hotels. Der Strand ist klein und bei dem sonnigen Wetter gut besucht. Im Ort entstehen viele neue große Hotelanlagen. Die Preise sind hier höher als im restlichen Land. Für Albaner, die früher keine Möglichkeit hatten, ihr Dorf zu verlassen -es gab keine Privatautos-, ist das ein tolles Städtchen mit Bars und Discos ...

Wir fahren nach Butrint und sollen dort 700 Lek = 5 EUR Eintritt zahlen. Wir weigern uns, diesen horrenden Eintrittspreis zu bezahlen, da bisher in ganz Albanien Preise von 100 Lek für 1-2 Personen üblich waren.

In Sarande ...Nur wegen der vielen Touristen aus Korfu, die für einen Tagesausflug nach Albanien kommen, wollen wir uns nicht das Geld so einfach aus der Tasche ziehen lassen. Wir fragen, was Albaner bezahlen und erhalten als Antwort: 200 Lek. Der Wärter lässt nicht mit sich reden und so gehen wir wieder ...

Auf der Hinfahrt hatten wir ein Restaurant gesehen, das ein Schild mit Camping-Möglichkeit angeschlagen hatte. Wir fragen, was die Nacht kosten soll und erhalten die Antwort, es wäre umsonst.

Eine kleine Bucht gehört zum Restaurant und Christoph kann am Strand mit den anderen Kindern spielen. Wir lassen uns die Sonne auf den Pelz brennen. Abends gehen wir ins Restaurant zum Essen und sind wieder mal überrascht von der ausgezeichneten Qualität der Speisen: Meine Muscheln und Thomas Pizza und der Salat sind reichlich und lecker.

Abends kommt ein Schweizer mit seiner Verwandtschaft. Sie übernachten im Zelt und so kommen wir uns nicht ganz so einsam vor ...

18. Tag: Sarande - Gjirokaster (Di, 10.06. / 93 km)

Vormittags gehen wir noch einmal im Meer baden: Das Wasser ist schön warm.

Neben einem Bergbach mit klarem Gebirgswasser fahren wir später ein Tal entlang. Leider ist der Bach teilweise in ein Betonbett gefasst. Es geht erneut in die Berge hinein und über einen Pass. Wieder im Tal angekommen, erreichen wir die Straße, die von Griechenland Richtung Norden nach Gjirokaster führt. Die Straße ist nagelneu und riesig ausgebaut. Leider werden wohl irgend wann auch alle Straßen in Albanien so charakterlos aussehen ...

Gjirokaster wirkt in der Mittagshitze fast verlassen, wir treffen auch hier kaum Leute auf der Straße. In der Altstadt sehen wir einige kaputte und verfallene Häuser. Das hätten wir uns bei diesem "Vorzeigeort" nicht gedacht. Gjirokaster ist schließlich die Geburtsstadt Enva Hodschas, des einstigen kommunistischen Führers Albaniens.

Die Burg wäre um die Mittagszeit wohl geschlossen gewesen. Zum Glück kommt aber eine albanische Reisegruppe, die Einlass erhält und so können auch wir die Burg für 200 Lek pro Person besichtigen. Die Anlage ist recht gut erhalten und zum Teil toll renoviert.

Häuser wie Festungen: In Gjirokaster ...

Die Häuser in Gjirokaster sind sehr interessant: Zwei- bis dreigeschossige Häuser, die im Erdgeschoss vollständig geschlossen sind, ohne Fenster, oben sind hübsche Balkone und Erker angebaut. Früher war in dieser Region die Blutrache üblich, deshalb haben die Bewohner ihre Wohnhäuser fast zu kleinen Burgen ausgebaut.

Wir haben Bedenken, an der großen Straße noch einen guten Übernachtungsplatz zu finden. Eine Bauernfamilie hat aber nichts dagegen, dass wir vor ihrem Haus übernachten. Die Urgroßeltern ziehen extra ihr gutes Gewand an und ich soll Fotos von ihnen machen. Die junge Frau hat ein 10 Tage altes Baby und ich kann mir im Moment noch kaum vorstellen, dass auch wir in ein paar Monaten mit so einem kleinen Wunder unterwegs sein werden ...

Wir bekommen einen leckeren Salat und selbstgebackenes Brot und selbstgemachten Schafskäse zum Abendessen. Super lecker!

19. Tag: Gjirokaster - Igoumenitsa: AL - GR (Mi, 11.06. / 200 km)

Von der netten Familie bekommen wir noch Schafsmilch und eine Menge Eier und ein großes Stück Schafskäse mit auf den Weg. Leider haben wir kaum eine Möglichkeit, die Lebensmittel zu kühlen. Von unserem letzten Geld kaufen wir noch Getränke und dann geht´s los Richtung Grenze: Es sind nur noch ein paar Kilometer.

Christoph jedenfalls ist begeistert ...Eine kleine Autoschlange steht vor uns an der Grenze. Ich mache mir Gedanken, ob wir wegen der Eier, Käse und Milch Probleme bekommen, sollten wir kontrolliert werden. Wird es aber nicht und trotz bürokratischer Abfertigung geht es doch recht schnell. In Albanien müssen wir für das Auto 1 EUR pro Aufenthaltstag bezahlen (= 16 EUR), dann sind wir wieder in der EU ...

Um Igoumenitsa zu erreichen, müssen wir noch einmal einen Pass überqueren. In Griechenland sind viele Fahrzeuge aus Albanien unterwegs: Das sind wohl all die Gastarbeiter, die ihr Land verlassen haben ...

Gleich bei Igoumenitsa nehmen wir den ersten Campingplatz, der am Weg liegt. Der Platz ist überfüllt und einige Stellplätze sind für den nächsten Tag reserviert: Was für ein Unterschied zu den ruhigen Tagen in Albanien! Aber Christoph ist wieder vom Meer begeistert ...

20. Tag: Igoumenitsa (Campingplatz) (Do, 12.06. / 30 km)

In der Früh erledigen wir in Igoumenitsa unsere Papiere für die Fähre und checken ein. Wir erhalten unsere Tickets und so können wir uns morgen früh etwas mehr Zeit lassen.

Wir hatten bei der Herfahrt eine Töpferei entdeckt, dort müssen wir unbedingt noch Souvenirs einkaufen. Einen Brunnen für unsere Terrasse, Wandreliefs -schon als Weihnachtsgeschenke- und eine schöne Blumensäule für meine Freundin Bianca. Nachmittags baden wir wieder im Meer ...

21. Tag: Igoumenitsa - Venedig (Fähre) (Fr, 13.06. )

Im Dunkeln (Ortszeit 4 Uhr morgens) stehen wir auf und packen alles zusammen, frühstücken noch und fahren dann, sobald der Campingplatz um 6 Uhr öffnet, Richtung Hafen. Die Fähre kommt auch bald und wir können aufs Schiff fahren.

Es wartet "Camping an Bord" ...Das "Camping an Bord" ist allerdings eine Unverschämtheit: Wir stehen im normalen Parkdeck, in den Außenwänden sind einige wenige Belüftungsfenster angebracht und das war es dann auch. Der Gestank und die Hitze sind unerträglich.

Wir überlegen, doch noch eine Kabine zu nehmen. Aber dann beschließen wir, dass es für eine Nacht gehen wird und so bleiben wir dann doch da unten. Nachmittags wird der Pool eingelassen und wir gehen zum Baden. Dabei lernen wir eine nette junge Familie mit zwei kleinen Kindern und einem winzigen Wohnwagen kennen. Wir verbringen einen kurzweiligen Tag auf dem Schiff.

22. Tag: Venedig - Garmisch (Sa, 14.06. / 504 km)

Morgens verschlafen wir beinahe die Ankunft in Italien und packen in Hektik alles ein. Während die Fähre schon durch Venedig fährt, gehen wir noch schnell zum Duschen. Zügig können wir von Bord und durch Venedig auf die Autobahn fahren und starten gleich weiter nach Norden. An unserer Strecke liegt der Safari-Park bei Verona: Christoph ist von den Tigern und Löwen begeistert ...

Unterhalb von Bozen, am nicht nur Weinkennern bekannten Kalterer See, möchten wir übernachten und suchen uns dort einen schönen Campingplatz. Allerdings ist der Campingplatzwart derart ungehobelt und frech, dass wir zusammen packen und uns entschließen, nach kurzer Verschnaufpause und einem Bad im See weiter zu fahren. In Garmisch übernachten wir dann auf einem tollen 5-Sterne Campingplatz. Abends zieht ein schreckliches Gewitter auf.

23. Tag: Garmisch - Regensburg (So, 15.06. / 250 km)

Die letzten Kilometer vergehen wie im Flug und mittags erreichen wir wieder Regensburg. Wir waren insgesamt 16 Tage in Albanien unterwegs und haben 1.290 km im Land zurückgelegt.

Unser Fazit: Wir haben Albanien als wunderschönes und sicheres Reiseland kennen gelernt. Alle die wir getroffen haben, waren unheimlich freundlich und hilfsbereit und wir haben Dank der gastfreundlichen Menschen immer einen sicheren Übernachtungsplatz gefunden und nette Kontakte knüpfen können. Wir hoffen, dass durch mehr Besucher und Tourismus Albanien seinen "Schrecken" verliert. Leider gibt es in der Infrastruktur und der öffentlichen Ordnung (Müllabfuhr, ...) noch viel zu tun. Wir hoffen aber für alle Albaner, dass bald ein Umdenken einsetzt und sich das Land positiv weiterentwickelt, damit die wunderschöne Natur erhalten bleibt ...


© Text/Bilder 2004 ASR


1. Nachtrag, März ´06: Albanien im Film ...

Wieder war das Filmteam von Offroadvideos unterwegs: Diesmal sind Horst Fischer und Karin Drews in Richtung Balkan aufgebrochen - und treffen auch dort auf geschichtsträchtige Straßen, kaum befahrene Pisten und kleine Dörfer mit "wilden" Menschen. Offroadvideos-Filmabenteuer (2): 


2. Nachtrag, November ´12: Ein weiterer Reisebericht

Acht Jahre nach der obigen Reise machte sich auch unser Autor Reinhard Temmel auf nach Albanien. Er besuchte dabei nicht nur etliche Orte, die auch unsere Reisenden des Jahres 2003 aufgesucht hatten, sondern benutzte für die Reise gemeinsam mit seiner Frau ebenfalls einen Pickup mit Parallel-Hubdach: