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FSB Verhör

Wir geraten wir an eine lang dauernde Grenzkontrolle hinter der alten ukrainisch - russischen Grenze zur Krim: Zweieinhalb Stunden werden wir vom russischen Geheimdienst verhört, erkennungsdienstlich behandelt, Fingerabdrücke und Fotos von vorn sowie von der Seite werden genommen. Allerdings konnte ich auch mit Humor kontern, als biographische Fragen kamen: Ich meinte, dann sollten wir ein paar Drinks nehmen, das würde eine lange Geschichte, als ich auch nach Ausbildung und Militärdienst befragt wurde. Schließlich fragte man mich, was ich denn in Neu-Russland wolle, ich hätte ja auch über die Krimbrücke fahren können. Ich antwortete ganz ehrlich, ich wollte mal mit meinen Augen und Ohren, neben aller Propaganda, die Situation in Neu-Russland verstehen ...

Vorher war noch das Auto detailliert durchsucht worden, später hatte ich außerdem mein Telefon zeigen und zur Untersuchung abgeben müssen. Nun, ich hatte ja die kleine Handygurke dabei, da gab's nichts zu sehen, das Tablet haben sie nicht gepeilt. Mein "Interviewer" kam aus Saratow, wir haben noch über Wolgadeutsche geplaudert, und wie oft ich in Russland war … Und natürlich kam auch die Frage ob mir Russland gefällt, natürlich, meinte ich, sonst wäre ich ja nicht schon so oft zu euch gefahren! Nur Martin wurde nicht überprüft, da er einen russischen Pass hatte ...

Danach haben wir an der Hauptstraße eine kleine Ferienwohnung für 2.000 Rubel gemietet und im Grenzhotel zu Abend gegessen, zu dritt für insgesamt ca. 20 Euro ...

Ehemaliger Grenzübergang Ukraine - Russland Abendessen im Grenzhotel Neue Krim-Straßen ...

10. Okt.: Wir passierten immer weitere Militärtransporte, mitunter kam auch ein defekter Panzer auf Tieflader zurück. Ein großer Hubschrauberlandeplatz und eine  Militäranlage bei Dschankoj folgten. Die Kanäle waren teils gut gefüllt mit Wasser, aber die Landschaft sah bis auf ein paar Weinplantagen braun und staubtrocken, eher wie eine Wüste aus.

Auch auf der Krim gab es zu 90 % hervorragende neue Straßen, eine Autobahn wurde ebenfalls neu gebaut ...

Der Asow-Wall

Vom Norden der Krim bis zum Haff erstreckt sich ein strategisch-militärisches Sperrgebiet. Am Haff Kamjanske war kein Weiterkommen mehr möglich, wo ich 2011 noch zwanzig Kilometer ins Niemandsland fahren konnte. Dort gab es schon 1943 eine deutsche Heerstraße übers Haff, wie ich mal auf einer alten Karte festgestellt hatte. Also mussten wir nun weiter in die andere Richtung nach Kertsch: Dort durften wir weiterfahren, aber vermutlich nur, weil wir die Feldwege an der Küste entlang genommen hatten und uns niemand bemerkte. Denn dort wurde ebenfalls gebaut, Plattformen für Raketenwerfer errichtet, Gräben ausgehoben usw., daneben teils immer noch die Reste der alten Wehrmachtsgräben ...  Ob sich Russland der besetzten Gebiete doch nicht so sicher ist, wenn sie gegenüber der besetzten Küstenlinie Mariupol - Melitopol noch  einmal groß angelegte Abwehrmaßnahmen aufbauen?

Weiter ging es entlang der Küste bis nach Schtscholkine, vorher hatten wir noch einen kleinen Fischerhafen gefunden und daneben die Nacht verbracht ...

Haff Kamjanske Gräben ... ... neben alten Wehrmachtsgräben ...

11. Okt.: An diesem Morgen haben wir kurz den Ort besucht, gefrühstückt im einzig geöffneten Restaurant an der Seepromenade und uns anschließend auf den Weg in Richtung Kertsch gemacht.

Kertsch und die Brücke

Wir konnten die Brücke bereits aus der Ferne beobachten, auf der reger Verkehr unterwegs war. Auch das GPS zeigte uns das, da eine lange Schlange vor der Brücke auf Durchlass wartete, weil es auch dort umfangreiche Durchsuchungen gab. Dies gab uns den Anlass zu überlegen, den Rückweg später wieder über Mariopol nach Donezk und Luhansk anzutreten.

Kertsch-Brücke aus der Ferne beobachten? Kertsch: Zentrum Kertsch: Kirche Kertsch: Türkische Festung Jenikale

In unserem Hotel in Kertsch konnten wir uns mit einer Administratorin namens Vika auf Englisch unterhalten: Ihre Mutter war Russin, Vater "Krimtschak", also Krimjude. Sie meinte, bis zum Einmarsch der Russen in die Ukraine wäre alles okay gewesen, aber danach mit dem Krieg sei es sehr schlecht geworden und das wäre ein großer Fehler der Russen.

Moschee in BatalyneNach dem Einmarsch 2022 würde der gesamte Tourismus immens leiden, auch diesen Sommer kamen nur wenige Menschen auf die Krim, da sie nach dem Anschlag auf die Brücke Angst hätten. Sie kann verstehen, dass in der Ukraine die Russen mehr diskriminiert würden als umgekehrt die Ukrainer in Russland, da Russland in der Ukraine wesentlich mehr Schaden angerichtet hätten als umgekehrt.

Moslems, wo? Unterwegs zurück auf der Autobahn entschieden wir uns,  in einem Dorf Batalyne rauszufahren und Rast zu machen. Dort gab es auch eine Moschee und wir fragten, wie viele Moslems denn noch im Ort leben würden, der erste Befragte hatte keine Ahnung. Auch noch jemand anderes wurde gefragt, aber das Desinteresse war deutlich zu spüren. Auf eine dritte Nachfrage hin meinte schließlich jemand, etwa 10%  bis 15% der Einwohner. Die Moschee war tadellos hergerichtet, aber kein Mensch ließ sich blicken, obwohl es eigentlich Gebetszeit war ...

Südliche Krimküste bis Sewastopol

Es hieß weiter Richtung Feodossija, abends haben wir dort eine Pension gefunden und am nächsten Morgen die Stadt besichtigt. Der Hafen wirkte sehr traurig und von der Festung aus konnte man zahlreiche kleine, halbversunkene Schiffe sehen.

Feodossija Feodossija (ohne Regen) ... Im Alexander Grin Museum ...
Gedenktafel für Gefallene im Ukrainekrieg ... Blick aus der Genueser Festung ... Blick in die Ferne am Hafen von Feodossija Hafen von Feodossija nicht nur traurig ...

Eine Besichtigung der Genueser Festung stand natürlich an, die Italiener besetzten einst zahlreiche Häfen und Gebiete auf der Krim für ihren Handel, in Konkurrenz zu Venedig eroberten die Genueser im Jahr1261 Teile der Krim und konnten diese auch bis etwa 1475 halten.

OrdschonikidseIn der Stadt suchten wir schließlich noch das Alexander Grin Museum auf, benannt nach einem bekannten russischen Schriftsteller, der das Meer liebte und dessen Werke auch in vielen anderen Ländern verbreitet wurden. Im Park konnte man noch eine große Tafel zu Gefallenen im Ukrainekrieg sehen (Bild oben links), dasselbe kann man genauso in der Ukraine finden ...

12. Okt.: Weiter an der Küste entlang: In Ordschonikidse konnten wir zum ersten Mal baden gehen, es gab glasklares Wasser und ganz wenig Leute, aber das Wasser hatte höchstens noch 17°-18°C. Schöner Ausklang: Wir konnten ein wenig Fisch essen aus der Region ...

Wieder mal traf ich bei einem Weinladen eine Englischlehrerin, sie war aus dem Inneren Russlands (Kasan) dorthin gezogen und gab über Homeoffice Unterricht in Englisch. Ihr ging es gut, sie mochte die warme Region und wenn Frieden wäre, könnten auch wieder mehr Touristen auf die Krim kommen, meinte sie.

Weiterfahrt nach Sudak: Langsam beginnt hier das Bergland und die Landschaft wandelt sich etwas von der braunen Wüste ins Grüne. Dort konnten wir abends in einem relativ noblen Hotel für 25 Euro übernachten. Die Doppelverglasung dieses Hotels stammte aus deutscher Produktion und trug die ins Metall gestanzte Aufschrift: "Jährlich ölen" ...

Hotel Sudak Jährlich ölen ..?

Google Maps hat den Stand von 2014, was die annektierten Gebiete betrifft: Viele Hotels und andere öffentliche Gebäude sind nicht verzeichnet. Der Weg führte uns später noch in eine teure Bar, wo ein Bier 2,50 Euro kostete. Ich konnte mich mich mit einem Barkeeper längere Zeit auf Englisch unterhalten, er erwies sich als ziemlich pro-russisch, obwohl er in der Ukrainezeit aufgewachsen war. Er meinte, die Ukraine hätte nichts für die Leute gemacht, keine sozialen Einrichtungen, keine Infrastruktur und deshalb sei es auch zu dieser Situation jetzt gekommen. Er wünschte sich zwar auch Frieden, meinte andererseits aber, dass die Russen am besten auch noch die Verbindung an der Küste bis nach Transnistrien herstellen sollten. Der Amerikanismus, den man immer noch auf den Werbetafeln der Läden, im Kulturkonsum sowie bei kleinen Fastfood Ketten und anderen sähe, würde bald verschwinden und man würde sich wieder auf die russische, eigene Tradition besinnen ...

Kino Sudak Blick von der Genueser Festung ... ... auch innen beeindruckend ...
Imposantes Bauwerk ... ... und mächtige Verteidigungsanlagen ...

13. Okt.: Diesmal stand die Besichtigung der Genueser Festung von Sudak auf dem Programm. Anschließend machten wir uns auf die Weiterfahrt Richtung Jalta, am Abend fanden wir eine kleine Pension mit Doppelzimmer für 15 Euro.

Man kommt bei dieser Reise oft ins Grübeln: Man denkt an den ganzen Hass und die Konflikte, die immer nur zur Seite oder ganz aufgeschoben werden, aber nie zu Kompromissen wurden, die für beide Seiten längerfristig akzeptabel waren. Nun spricht man vom Urverbrechen, vom absolut Bösen der jeweiligen Seite, man steigert sich hinein in die Konflikte und bewegt sich heraus aus Kompromissen. Es kommt zum Schlagabtausch mit ungewissem Ausgang, das Experiment Patriotismus droht zu kollabieren ...

Richtung Jalta wird es immer grüner, aber wie auch in Georgien häufen sich die phantastischen, nie vollendeten Betonkomplexe des pekuniären Tourismuswahns ...

14. Okt.: Am Morgen sind wir noch in die Berge zu einem Wasserfall gefahren. Um dahin zu kommen, musste man allerdings rund fünf Kilometer bergauf zu Fuß gehen. Danach starteten wir aber weiter Richtung Jalta. Bei einem Halt unterwegs in einem kleinen Geschäft fiel uns ein Mann beim Einkaufen ins Auge: Bekleidet mit einem ukrainischen Trainingsanzug in gelb-blauer Farbe und großer Aufschrift "Ukraine" auf dem Rücken sowie der ukrainischen Flagge auf der Vorderseite ...

Vor Jalta war ein gewaltiger Straßenbau im Gange, Jalta selbst zeigte sich ziemlich bevölkert, das Intourist Hotel hatte nebenan einen Zoo mit zahlreichen kreischenden Affen. Das Hotel war ein riesiger Bau mit Swimmingpools und ziemlich teuer, eine Übernachtung sollte 75 Euro kosten. Darauf verzichtete ich aber lieber und fand schließlich in der Stadt noch ein kleineres Hotel, das aber ein ordentliches großes Zimmer mit Schreibtisch, Klimaanlage, Kühlschrank, Herd usw. für 35 Euro die Nacht anbot. Tavrida Hotel hieß es interessanterweise, wie einst die krimtartarische Bezeichnung einer Verwaltungseinheit im südlichen Russischen Reich. Eigentlich hatte ich dort über booking.com für 43 Euro die Nacht nur ein einfaches Zimmer gebucht, allerdings dann gönnerhaft von der Hotelleiterin das besagte Luxuszimmer für 35 Euro bekommen ..!

Tavrida Hotel, Eingangshalle Luxuxzimmer zum Sonderpreis ... ... und zum Ambiente passendes Frühstück ...
Jalta: Tourismus (1) Jalta: Tourismus (2) Jalta: Tourismus (3) Jalta: Tourismus (4)
Viel Betrieb ... ... und wenig Betrieb ... Jalta: Markt Schafskäse nicht so gut wie in Odessa?
Jalta: Markenboutique Jalta: Schwebebahnstation Jalta: Schwebebahn Jalta: Sturm zieht auf ...

In Jalta zeigte sich noch ziemlich stark der Tourismus, die Russen gaben sich dort ganz unbefangen in den Luxusläden und den edlen Restaurants, allerdings wirkte es in den Randbereichen mitunter dann doch auch ziemlich still ...

15. Okt.: Etwas außerhalb liegt in der Stadt der Markt mit vielen Produkten, aber es gab keinen so guten Schafskäse wie in Odessa. Dafür aber einen Weinverkäufer, der auch den georgischen Chacha-Schnaps hatte, ein Liter davon kostete nach langem Verhandeln 10 Euro und anderthalb Liter Wein 3 Euro, ursprünglich wollte er 17 Euro für alles haben.

Den Liwadija-Palast, die Sommerresidenz des letzten russischen Zaren, besichtigten wir auch noch - den Ort, wo 1945 die bekannte Konferenz von Jalta stattfand.

Nach langem Zögern nur konnten sich Roosevelt und Churchill seinerzeit durchringen, nach Jalta zu reisen. Besonders Roosevelt war stark geschwächt, kurz vor seinem Tode hatte er trotzdem noch diese Reise unternommen. Er versuchte mit Stalin ein ehrliches Verhältnis zu schaffen, musste aber kurz vor seinem Tode einsehen, dass er von Stalin faktisch betrogen wurde. Roosevelt war wohl einer der ehrlichsten und sozial engagiertesten amerikanischen Präsidenten, er hatte eine Vision sozialer Gerechtigkeit, die wir heute wieder zunehmend verlieren. Ein Zitat von ihm aus dem Jahr 1938:

"Unternehmen, deren Existenz lediglich davon abhängt, ihren Beschäftigten weniger als einen zum Leben ausreichenden Lohn zu zahlen, sollen in diesem Land kein Recht mehr haben, weiter ihre Geschäfte zu betreiben. […] Mit einem zum Leben ausreichenden Lohn meine ich mehr als das bloße Existenzminimum – ich meine Löhne, die ein anständiges Leben ermöglichen." und später: "Wir stellen nun fest, wie wir es nie zuvor festgestellt haben, dass wir voneinander abhängen – dass wir nicht nur nehmen können, sondern auch geben müssen ... dass wir nicht alleine in Frieden leben können; dass unser eigenes Wohlergehen vom Wohlergehen anderer Nationen abhängt – weit entfernten Nationen. Wir haben gelernt, Bürger der Welt zu sein, Mitglieder der menschlichen Gemeinschaft."

Liwadija-Palast Zar Alexander III, 1894 verstorben im Liwadija-Palast Kunst am Palast

Heute hat man vor dem Palast ein großes Denkmal für Russland und besonders für Alexander den Dritten aufgestellt. Putin hat es 2017 eingeweiht, und diesen als Friedensstifter dargestellt, da in seiner Amtszeit keine großen Kriege geführt wurden. Den Palast hat man umfangreich renoviert, die Kirche wiederhergestellt und im Palast hängen jetzt nicht wie zu Stalins Zeiten kommunistische Bilder, sondern wieder das Bild von Zar Nikolaus dem Zweiten und seiner Gattin. Und immer wieder die Erinnerungen an den Großen Vaterländischen Krieg. Wundert es, wenn an dieser Stelle der Gedanke aufkommt, dass es ein zynischer Gag der Geschichte wäre, wenn kommende Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland ausgerechnet hier in Jalta stattfinden würden - an einem Ort, der jedenfalls gut vorbereitet wäre für so etwas ..?

16. Okt.: Unser Auto musste zur Werkstatt gebracht werden wegen starkem Kühlwasserverlust. Der hiesige Boschdienst kam im Gegensatz zu deutschen Werkstätten sehr schnell an die Sache, nach 20 Minuten wurde der Wasserverlust analysiert und eine korrodierte Kühlwasserleitung gefunden, die zu ersetzen war. Die Reparatur sollte in zwei Tagen möglich sein, da das benötigte Teil erst bestellt und geliefert werden musste.

Exkursion zum "Schwalbennest"Aus Interesse habe ich einen Schuhladen besucht und dabei ganz brauchbare hübsche Schuhe gefunden, die nicht aus Plastik gefertigt waren, sondern aus Leder. Sie kosteten umgerechnet etwa 25 Euro und wurden in Rostow am Don produziert. Im Supermarkt dagegen waren jede Menge Westprodukte zu finden, Milkyway, Snickers, Heinz, Alette, Wrighleys, …

Später haben wir eine kleine Schiffsfahrt unternommen, eine Exkursion zum "Schwalbennest", einem phantasiereichen Schlösschen, erbaut von dem Baltendeutschen Baron von Steingel. Der Patriotismus und die Erinnerung an den Krieg soll aber auch in dieser Stadt nicht völlig vergessen werden, wie man  deutlich erkennen kann.

17. Okt.: Wegen der Fahrzeugreparatur musste der heutige Ausflug nach Sewastopol mit einem Bus von Jalta aus gemacht werden, auch die Busstationen werden überwacht und mitunter das Gepäck durchsucht (Bild unten links). Auf einem Fernbusplan war zu erkennen, dass "Neu-Russland" verkehrstechnisch noch nicht eingebunden ist.

In dem ehemaligen Militärstützpunkt Russlands waren nur wenige Schiffe zu sehen, die Hafeneinfahrt allerdings stark bewacht. Bei den kleinen Nahverkehrsbooten bzw. öffentlichen Schiffchen, die von einem Ufer zum anderen für etwa 30 Cent verkehren, wurden die Ein- und Ausgänge bewacht und untersucht, Fotografieren verboten.

Auch Busstationen werden überwacht ... Nahverkehrsboote Markt in Sewastopol

Während der ganzen Zeit überflogen Migs und Hubschrauber die Stadt, die Stimmung wirkte dagegen sehr still und gedrückt. Der Markt war sehr leer, Cafés und Restaurants ebenfalls, und auch an den kleinen Anlegestellen der Boote zeigte sich kaum Leben. Daneben aber, wie damals auch in Odessa, viele sturzbetrunkene Männer, die irgendwo auf der Straße rumlagen oder in den Ecken. Eine ältere Frau auf dem Markt freute sich, dass mal Ausländer vorbeikommen und ließ uns alle möglichen Produkte probieren: Pfirsiche, Nüsse,  Datteln - ein wenig davon kauften wir auch. Sie versuchte, über den Krieg zu reden und meinte im Prinzip, dass alles im Wesentlichen Schuld der Amerikaner sei, weil die sich in die inneren Fragen der Russen eingemischt hätten ...

Besonders in Sewastopol ist auffällig, wie die Erinnerung an den Großen Vaterländischen Krieg wieder neu belebt wird, siehe dazu auch mein Video. Überall finden sich Denkmäler, Monumente, Tafeln, neu getüncht und mit alten Geschichten. Daneben sind auch zahlreiche sozialistische Symbole zu sehen, Hammer und Sichel, Leninstraße, Marxstraße, all das ist ebenso frisch aufgemacht.

Sewastopol: Monumente, Tafeln, Symbole (1) Sewastopol: Monumente, Tafeln, Symbole (2) Sewastopol: Monumente, Tafeln, Symbole (3)
Sewastopol: Monumente, Tafeln, Symbole (4) Sewastopol: Monumente, Tafeln, Symbole (5) Sewastopol: Monumente, Tafeln, Symbole (6)
Frauen, die ihre Männer im Ukraine-Krieg verloren haben ... Sewastopol: Museum (1) Sewastopol: Museum (2) Sewastopol: Museum (3)
Sewastopol: Museum (4) Sewastopol: Museum (5) Sewastopol: Museum (6) Sewastopol: Museum (7)

Aber ebenso wird auch schon dem Beschuss der Ukraine auf Sewastopol gedacht: Ein riesiges Museum in der alten Festung von 1845, mit der Erinnerung an den Krimkrieg, der für die Russen nicht gerade gut ausgegangen ist, erweitert um die späteren Kriege betreffend die Krim, mit der besonderen Betonung der Rückeroberung durch die Rote Armee im Jahr 1944, siehe hierzu auch mein Video.

Autoreparatur: "Jalta Bosch" ...Am Ende dann eine Galerie von Frauen in Uniform, bei der ich zuerst dachte, es ginge um die neue Frauenarmee, aber es waren alles Frauen, die ihre Soldaten im jetztigen Krieg verloren haben. Doch ein wenig defätistisch, ähnlich wie in der Ukraine, wo in vielen Städten mit Plakaten und Tafeln an die toten Soldaten erinnert wird ...

An einer Tankstelle neben dem Busbahnhof in Sewastopol war die Beschilderung der Toilette und des Außenbereiches viersprachig: Russisch, Ukrainisch, Englisch und Chinesisch.

Ein Ort wie Sewastopol macht besonders nachdenklich: Wenn man es sich genau überlegt, dann hat die Menschheit seit Anbeginn den Hauptteil ihrer Energie, ihrer Kraft und ihres Wissens darauf konzentriert, sich gegenseitig zu vernichten - wie primitiv und armselig! Dass trotzdem die Weltbevölkerung mittlerweile auf über 8 Milliarden angestiegen ist, erscheint nicht als Zeichen einer gestiegenen zivilisatorischen Vernunft, sondern einfach nur einer biologischen Gier, die noch stärker zu sein scheint als alle entwickelten und angewendeten Vernichtungswaffen. Und parallel dazu noch die Gier einzelner Individuen, sich materiell unbeschränkten Reichtum zu verschaffen auf Kosten der Gesamtheit ...

Was den Bauwahn der Russen auf der Krim und im besetzten Küstengebiet betrifft, hat man manchmal den Eindruck, es ist wie in dem Deutschland der 40er Jahre: Man versucht, etwas groß aufzubauen, und weil es zu groß wird, befürchtet man, dass es irgendwann wieder zusammenbrechen könnte. Hybris nennt man das mitunter auch ...

18. Okt.: Die Reparatur des Autos erfolgte schnell und zuverlässig, rund 100 Euro und ein umständliches Originalteil, das innerhalb von zwei Tagen verfügbar war ...


© 2023 Michael Gallmeister